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Der Lebenslauf von Mark McNeill liest sich beeindruckend. Der Stürmer wurde beim NHL Draft 2011 von den Chicago Blackhawks in der ersten Runde an Gesamtposition 18 ausgewählt. Zu seinen Arbeitgebern gehörten später mit den Dallas Stars und den Boston Bruins zwei weitere Klubs, die ein Stanley Cup Banner bei sich unter dem Hallendach hängen haben. Dass ein Mann mit dieser Vita zu Saisonbeginn in die DEL2 zu den Selber Wölfen wechselte, sorgte in der Branche für ein gewisses Aufsehen. Es gibt aber noch ein weiteres bemerkenswertes Kapitel in der Biografie des Angreifers. Vor zehn Jahren war er Kapitän der Prince Albert Raiders in der WHL und spielte dort mit einem hochtalentierten Deutschen in einer Reihe. Sein Name: Leon Draisaitl.

Der Kölner war 2012/13 gerade frisch ins Abenteuer Nordamerika aufgebrochen. Bereits damals zeichnete sich ab, dass er eine glanzvolle Karriere vor sich haben würde. "Schon bevor er zum Training Camp zu uns kam, hatten wir viele positive Dinge von ihm gehört. Seine Statistiken im Jugendbereich in Deutschland waren überragend. Das Erste, was mir auffiel, als ich ihn sah, war seine ausgeprägte Physis. Gleich beim ersten Testspiel hat er dann drei Tore geschossen. Danach haben wir uns alle im Team angeschaut und gewusst, dass es sich bei Leon um ein außergewöhnliches Talent handelt", schilderte McNeill seine Anfangsbegegnungen mit Draisaitl. "Es war eine große Freude für mich, ein Jahr sein Team- und Reihenkollege bei den Raiders gewesen zu sein. Er ist nicht nur ein tadelloser Sportsmann, sondern auch eine angenehme Person", fügte er hinzu.

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McNeill beendete die WHL-Saison 2012/13 mit 67 Punkten (25 Tore, 42 Assists) aus 65 Einsätzen als Topscorer der Raiders. Draisaitl war ihm in der teaminternen Scorerwertung auf den Fersen. Am Ende belegte er mit 58 Punkten (21 Tore, 37 Assists) aus 64 Spielen den zweiten Platz.
Danach trennten sich die Wege der beiden. Während Draisaitl seine Laufbahn zunächst in bei Prince Albert fortsetzte, wechselte McNeill zum AHL-Farmteam der Blackhawks, den Rockford IceHogs. Obwohl er in der Offensive zu überzeugen wusste und sogar zum Assistenz-Kapitän aufstieg, blieb ihm der Griff nach Höherem verwehrt. Lediglich einmal dufte er für die Blackhawks in der NHL ran.
Dennoch sieht der heute 29 Jahre alte Angreifer diese Phase als wertvolle Zeit. "Es war eine tolle Erfahrung für mich, dass ich von den Blackhawks gedrafted wurde und dass ich für sie mein erstes NHL-Spiel absolvieren konnte. Die Mannschaft besaß in jenen Jahren eine unglaubliche Siegermentalität. Davon habe ich enorm profitiert", sagte McNeill. "Außerdem habe ich gelernt, was es heißt, in der NHL auf dem Eis zu stehen und immer sein Bestes geben zu müssen. Allen voran die Stars, wie Jonathan Toews, Patrick Kane, Duncan Keith oder Brent Seabrook haben das tagtäglich vorgelebt. Sie haben zusammen gekämpft und zusammen gewonnen. Als junger Spieler konnte ich mir im Training viel von ihnen abschauen. Zumal sich die Teamleader sehr um uns Nachwuchsleute gekümmert haben. Sie waren in jeder Beziehung gute Lehrmeister."

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2017 wurde McNeill von den Blackhawks zu den Dallas Stars getradet. Auch dort kam er fast ausschließlich in der AHL bei den Texas Stars zum Zug. Einmal erhielt er die Gelegenheit, sich im NHL-Team zu beweisen. Im Februar 2018 war er Bestandteil eines Trades zwischen den Stars und den Nashville Predators, bei denen er die Saison in der AHL-Filiale Milwaukee Admirals beendete. Im Juli 2018 wechselte der Center als Free Agent zu den Boston Bruins, die ihn die komplette folgende Spielzeit bei den Providence Bruins in der AHL einsetzten.
Im Anschluss entschied sich McNeill, einen Neustart zu wagen und seine Karriere in Europa fortzusetzen. Die Black Wings Linz in der ersten Liga Österreichs, der HC Vita Hästen in der zweiten schwedischen Spielklasse, die Fredrikshavn White Stars in Dänemarks Topdivision lauteten seine weiteren Stationen, bevor er sich im Sommer dieses Jahres den Selber Wölfen aus der DEL2 anschloss.
"Einmal in Deutschland zu spielen, war schon mein Wunsch, als ich nach Europa aufgebrochen bin. Von daher habe ich mich gefreut, als sich die Möglichkeit bei den Wölfen aufgetan hat", so McNeill. "Das Niveau der Liga ist gut. Es gibt eine Menge talentierter Spieler. In Selb geht alles sehr professionell zu. Mir gefällt es hier."
Die NHL betrachtet McNeill derzeit nach eigener Aussage mehr oder weniger mit den Augen eines Fans, was wiederum - und da schließt sich der Kreis - unmittelbar mit Draisaitl und den Edmonton Oilers zu tun hat. "Es ist das Team aus meiner Heimatstadt. Deshalb ist es schön, meinen Freund Leon jetzt bei den Oilers spielen zu sehen und mitzuerleben, was er alles leistet. Er ist ein Idol in Edmonton. Viele Kids schauen zu ihm auf und wollen so sein wie er. Trotz seines großen Erfolges ist der gleiche bescheidene Typ von früher geblieben", würdigte er den Stürmerstar aus Edmonton.
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Nach Ansicht von McNeill hat sich das deutsche Eishockey in den vergangenen Jahren generell sehr positiv entwickelt. "Man hat das zuletzt bei den Weltmeisterschaften im Senioren- und Juniorenbereich ganz deutlich gesehen", meinte der Kanadier. Der Aufwärtstrend sei eng mit Draisaitl verbunden. "Er ist das Aushängeschild für das Eishockey in Deutschland. Ihm eifern viele junge Spieler nach, die im Laufe der Zeit immer besser werden. Das ist eine großartige Entwicklung."
Während Draisaitl mit den Oilers den Stanley Cup gewinnen möchte, verfolgt McNeill ein deutlich kleineres, aber nicht minder ehrgeiziges Ziel. Er will alles dafür geben, dass die Selber Wölfe in der DEL2 in dieser Saison eine gute Rolle spielen und sich möglichst für die Playoffs qualifizieren.