Bruins 1920

Die Feststellung, dass es sich bei der NHL um ein Produkt intensiver Hinterzimmer-Diplomatie handelt, ist alles andere als eine despektierliche Diagnose. Am 24. November 1917 hatten sich fünf honorige Herren im nicht minder ehrwürdigen Windsor Hotel in Montreal einquartiert und diskutierten über Maßnahmen zur dauerhaften Aufrechterhaltung des Eishockey-Spiels, wie das Protokoll vermerkt. Nach drei Tagen intensiven Austauschs beschlossen sie am 26. November die Gründung einer National Hockey League. Selbst in ihren kühnsten Träumen dürften die Männer damals nicht damit gerechnet haben, welche Popularität ihre Schöpfung genau 100 Jahre später genießt.

Das Quintett der Gründerväter bestand aus den Direktoren der National Hockey Association (NHA) George Kendall (besser bekannt als George Kennedy) von den Montreal Canadiens, Sam Lichtenhein von den Montreal Wanderers, Tom Gorman aus Ottawa, MJ Quinn aus Quebec sowie NHA-Schatzmeister Frank Calder. In der Abschlussvereinbarung hieß es: "Die Canadiens, die Wanderers sowie die Klubs aus Ottawa und Quebec schließen sich zusammen, um die National Hockey League zu bilden."
Das Medieninteresse an dem Treffen hielt sich ebenso in überschaubaren Grenzen, wie die Mitteilungsfreudigkeit der Protagonisten selbst. Der einzige Journalist, der von der Versammlung berichten wollte, war Elmer Ferguson, Sportredakteur des Montreal Herald. Auf die Frage, was hinter den verschlossenen Türen genau vereinbart worden war, antwortete Calder lakonisch: "Nicht viel, Fergie." Der schmallippige Funktionär übernahm im Anschluss den Posten des Liga-Präsidenten und des Schatzmeisters in Personalunion. Sein Jahresgehalt betrug 800 Dollar.
Am 19. Dezember 1917 nahm die NHL ihren Spielbetrieb mit vier Teams auf. Es handelte sich um die Canadiens, die Wanderers, die Ottawa Senators und die Toronto Arenas. Nach 24 Begegnungen, inklusive der beiden Finalspiele standen die Arenas als erster NHL-Champion in der Geschichte fest.
Im Vergleich zu heute muten die Begebenheiten rund um die Ligagründung und die erste Spielzeit absolut anachronistisch an. Allein die jüngste Erweiterung der NHL um die Vegas Golden Knights auf jetzt 31 Mannschaften sorgte für ein weltweites Medienecho. Um die Teilnahme an den Stanley Cup Playoffs wird in der Hauptrunde 2017/18 in sage und schreibe 1271 Partien gerungen. Längst ist die Liga zu einem internationalen Premiumprodukt geworden, was zuletzt die NHL China Games 2017 oder die NHL Global Series 2017 in Stockholm eindrucksvoll manifestierten.

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Das Gehaltsgefüge hat ebenfalls extraterrestrische Dimensionen erreicht. Jeder Mannschaft stehen aktuell maximal 75 Millionen US-Dollar für Spielergehälter zur Verfügung. Rekordverdiener ist künftig Connor McDavid von den Edmonton Oilers. Das Franchise zahlt seinem Kapitän in den kommenden acht Spielzeiten jeweils 12,5 Millionen US-Dollar. Selbst sparsamen NHL-Managern sind heutzutage Grenzen gesetzt. Denn jeder Verein muss laut dem gültigen Reglement mindestens 55,4 Millionen US-Dollar an die spielende Belegschaft auszahlen.
Weiterhin groß ist das Interesse der Fans. Der Zuschauerschnitt in den NHL-Arenen ist in den vergangenen drei Jahren kontinuierlich gestiegen. 2016/17 besuchten durchschnittlich 18.117 Zuschauer die Spiele vor Ort. Hinzu kamen zig Millionen an den Bildschirmen.
Ihr Kernanliegen haben die Gründerväter der NHL auf jeden Fall erreicht. Die Zukunft des Eishockey-Spiels ist gesichert. Auf die Geburtsstunde der Liga vor exakt 100 Jahren würden sie heute vermutlich stolz das Glas erheben und ausrufen: "Happy Birthday, NHL."