Stamkos_Ovechkin

Der Duden definiert einen Kapitän als "Mitglied einer Mannschaft, das die Mannschaft vertritt, repräsentiert". Diese kurze Erklärung reicht jedoch nicht aus, um den Wert eines Captains innerhalb einer Mannschaft ausreichend zu beschreiben. Der Kapitän als solches ist das Sprachrohr der Mannschaft, gilt in der Kabine und auf dem Eis als Vorbild und sticht aus dem Gefüge des Teams klar heraus. Nach den Trainern nimmt der Captain eine Schlüsselrolle innerhalb der Spieler ein und fungiert als Führungsperson. Anführer sind davon abhängig, dass ihnen die Gruppe, der sie vorstehen folgt. Dies erfordert gewisse Eigenschaften, die nicht nur im Sport notwendig sind.

Führungsstärke zeichnet sich durch diverse Charakterzüge aus und ist wissenschaftlich tiefgreifend erforscht. Die Fähigkeiten eine unvorbelastete Sicht auf Dinge zu haben und aus dieser Position heraus auch schwierige Entscheidungen zu treffen ist sicher ebenso wichtig, wie Einfühlungsvermögen, Selbstbewusstsein, Optimismus und ein klarer Fokus auf die Ziele. Ein Anführer der es dann noch schafft, seine Mannschaft zu motivieren und sich für Erfolge und Misserfolge verantwortlich zeigt, ist der geborene Kapitän.
Rein theoretisch ist jetzt alles klar, aber wie stellt sich dies in der Realität dar? Wie werden Captains von NHL-Teams ausgewählt, welche Eigenschaften haben diese? Sind Kapitäne immer Topscorer oder Veteranen und hat dies Auswirkungen auf den Erfolg eines Teams?
Betrachten wir die Top-5 und die Flop-5 Teams der Saison genauer, lassen sich Faktoren erkennen, die Auswirkungen auf die Performance eines Teams haben.
Während bei den fünf Top-Teams vier einen klaren Kapitän haben, setzen lediglich die Las Vegas Golden Knights auf ein Führungsteam aus fünf Spielern. Die Kapitäne der Tampa Bay Lightning (Steven Stamkos), der Washington Capitals (Alex Ovechkin), der Los Angeles Kings (Anze Kopitar) und der Winnipeg Jets (Blake Wheeler) sind alle erst- oder zweitbester Scorer des Teams und haben bereits mehrere Jahre ihre Qualität in der Liga unter Beweis stellen können. Zusätzlich können Ovechkin, Stamkos und Kopitar mindestens sieben Jahre Erfahrung als Teil des Kapitänsteams vorweisen.
Las Vegas als neues Team kann nicht auf Veteranen der Güte anderer Top-Mannschaften setzen und kompensiert dies durch ein ausgewogenes Team an Kapitänen. Sechs Spieler (Deryk Engelland, Jason Garrison, Luca Sbisa, James Neal, David Perron und Reilly Smith) teilen sich das Amt des Mannschaftsführers. Durch die sehr heterogene Struktur gelingt es dem Team aus Nevada die fehlende, herausragende Führungsperson zu ersetzen. Die Kapitäne sind im Alter von 26 bis 35 und stellen vom Top-Scorer bis zum Spieler der zeitweise in die AHL geschickt wird alle Facetten der Mannschaft dar. Einzig Neal hat vorher Erfahrungen mit dem "A" auf der Brust gesammelt. Die 'Glückspielstädter' machen aus der Not eine Tugend und ersetzen den typischen Führungsspieler, der sein Team sowohl durch Erfahrung, als auch durch Punkte trägt, durch eine ausgewogene Mischung. Es ist ersichtlich, dass es hauptsächlich auf die Akzeptanz in der Mannschaft ankommt. Ist diese gegeben, folgen die anderem dem Kapitän oder den Kapitänen, welche mit gutem Beispiel vorangehen.

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Schaut man auf den unteren Teil der Tabelle, wird gerade bei den beiden letztplatzierten Teams, den Buffalo Sabres und den Arizona Coyotes, eine gravierende Gemeinsamkeit erkenntlich. Beide Teams verloren nach der letzten Spielzeit absolute Führungspersonen. Während Arizona mit Shane Doan den Kapitän der letzten 13 Jahre in den Ruhestand verabschiedete, muss Buffalo auf Brian Gionta verzichten. Gionta war in den letzten drei Jahren Captain der Sabres und zuvor vier Jahre bei den Montreal Canadiens. Beide Teams versuchen das Führungsvakuum, wie Las Vegas, durch mehrere Spieler aufzufangen. Jeweils vier Spieler wurden in das Führungsteam berufen, wobei keiner zuvor Erfahrung als Captain gesammelt hat. Die Yotes wollen mit Derek Stepan, dem Neuzugang von den New York Rangers, und drei weiteren Spielern das Loch füllen - bislang ohne Erfolg. Die Sabres setzen ihre langfristige Hoffnung in Jake Eichel, den 21-jährigen hochtalentierten Angreifer. Eichel wird sicher zukünftig ein großartiger Kapitän, der ein Team alleine tragen kann, er muss jedoch erst in diese Rolle hineinwachsen.

Ein Blick auf die weiteren Schlusslichter der Tabelle macht deutlich, dass Montreal ebenfalls unter dem Abgang von Gionta leidet. Dessen Wegzug liegt bereits vier Jahre zurück, doch konnte Max Pacioretty die Lücke bisher nicht füllen, weder als Teil eines Teams von Kapitänen in der ersten Saison nach Gionta, noch alleine in der darauffolgenden Zeit. Schaut man auf die Ottawa Senators, so musste Erik Karlsson mit einem Jahr Verspätung in die großen Fußstapfen von Daniel Alfredsson treten, keine leichte Aufgabe.
Einzig bei den Vancouver Canucks ist keine Führungsleere zu erkennen, dass durch Abgänge verursacht ist. Henrik Sedin ist seit 2010 Captain der Nucks und hat seine Führungsstärke bereits nachgewiesen. Ein Faktor der gegen Sedin spricht, könnte das Alter von 37 Jahren sein. In einer sonst eher jungen Mannschaft bahnt sich hier eventuell bereits ein Machtwechsel an. Wie an den anderen Teams zu erkennen ist es wichtig das Fehlen von Anführern zu vermeiden und möglichst frühzeitig die Weichen für neue Kapitäne zu stellen.

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