AndyGreene

NHL.com/de beleuchtet jeden Dienstag der regulären Saison 2019/20 aktuelle Trends in der Liga und Storylines. In dieser Ausgabe geht es um Spieler-Transfers kurz vor der Trade Deadline.

Am 24. Februar ist in der NHL die Trade-Deadline. Spieler dürfen zwar auch noch nach diesem Stichtag transferiert werden, doch sind diese dann nicht mehr spielberechtigt, was einen Wechsel unnötig macht. Entsprechend werden die Deals vor der Deadline eingefädelt. Während Playoff-Anwärter als Käufer auf dem Markt auftreten, um die Chancen auf den Stanley Cup zu erhöhen, agieren abgeschlagene Teams als Verkäufer, um sich mit Talenten oder Draft Picks für die Zukunft aufzustellen. Die ersten Transfers gingen bereits in den letzten Tagen über die Bühne.
Die ersten Trades werden eingefädelt
Das erste Ausrufezeichnen in der heißen Phase vor der Trade-Deadline setzten 2020 die New Jersey Devils: Neun Tage vor Transferschluss tauschten sie erst ihren Kapitän Andy Greene zu den New York Islanders (für Talent David Quenneville und ein Zweitunden-Draft-Pick) und vier Stunden später dann auch noch ihren Publikumsliebling Blake Coleman zu den Tampa Bay Lightning (für Talent Nolan Foote und ein Erstrunden-Pick).
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Tags darauf tüteten auch die Los Angeles Kings einen Wechsel ein und schickten Stürmer Tyler Toffoli für Angreifer Tim Schaller, die Rechte an Tyler Madden sowie einem Zweitrunden-Pick zu den Vancouver Canucks.
Greene, Coleman und Toffoli sind erste Beispiele dafür, dass General Manager nicht bis zum letzten Moment warten, um Geschäfte abzuschließen. Der Hauptgrund dafür ist die längere Eingewöhnungszeit der Spieler an der neuen Wirkungsstätte. "Als Spieler hätte ich mir auch gewünscht, ein paar Tage früher getradet worden zu sein. Dann hätte ich mich besser akklimatisieren können", erklärte etwa Tom Fitzgerald, der Interims-GM der Devils. Fitzgerald ließ auch durchblicken, dass dies nicht der letzte Wechsel gewesen sein könnte: "Ich schätze, dass nach diesen Trades mein Telefon weiter klingeln wird."
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Ähnlich äußerte sich auch Kings-GM Rob Blake: "Wir haben viel Arbeit zu tun und hören uns alle Angebote an. Du musst telefonieren und den Markt beurteilen. Wir waren schon im Vorjahr in einer ähnlichen Situation mit Jake Muzzin (Trade zu den Toronto Maple Leafs, d. Red.). Du musst dir die potenziellen Deals anschauen und abwägen, was du als Ausgleich dafür erhältst. Ich habe das Gefühl, dass wenn man einmal einen abgeschlossen hat, dann geht es weiter."
Käufer oder Verkäufer?
Dass New Jersey und Los Angeles zu diesem Zeitpunkt überhaupt schon bereit waren, wichtige Spieler abzugeben, liegt an ihrer Tabellensituation: Die Devils (22-26-10) sind mit 54 Punkten Drittletzter in der Eastern Conference und haben satte 17 Punkte Rückstand auf einen Wildcard-Rang. Die Kings (21-33-5) sind mit nur 47 Punkten das Tabellenschlusslicht in der Western Conference und haben gar 21 Zähler Rückstand. An beiden Standorten gehen die Chancen einer Playoff-Qualifikation gen null. Entsprechend treten New Jersey und L.A. als Verkäufer auf dem Markt auf. Dieses Schicksal trifft auch auf die Detroit Red Wings (14-43-4) und Ottawa Senators (20-28-11) im Osten sowie die Anaheim Ducks (24-28-7) und San Jose Sharks (26-29-4) im Westen zu. Alle diese Teams dürften wohl schon in den Tagen vor der Trade-Deadline aktiv werden.
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Noch nicht ganz sicher sein, dürften sich Klubs wie die Montreal Canadiens (27-26-8), Buffalo Sabres (27-24-8), New York Rangers (30-24-4), Chicago Blackhawks (26-25-8), Minnesota Wild (27-24-7), Winnipeg Jets (30-25-5) und Nashville Predators (29-22-7), die die Tage bis zum 24. Februar noch abwarten werden, ob sich sportlich noch einmal ein Aufschwung ergibt.
Als Käufer gelten nahezu alle Mannschaften auf einem Playoff-Platz - vor allem aber diese, die ganz oben stehen und entsprechend mutig auf dem Markt agieren, um das letzte Puzzlestück für den Gewinn des Stanley Cups zu akquirieren. Das gilt derzeit insbesondere für die Washington Capitals (37-17-5), Pittsburgh Penguins (36-15-6), Boston Bruins (37-11-12) und Tampa Bay Lightning (40-15-5). In der eng gestaffelten Western Conference trifft diese Rolle am ehesten noch für die St. Louis Blues (32-17-10), Dallas Stars (34-19-6) und Colorado Avalanche (33-18-7) zu. Die Arizona Coyotes (30-24-8) beispielsweise werden wohl keine großen Sprünge mehr wagen: Sie landeten bereits mit der Akquise von Taylor Hall am 16. Dezember 2018 einen Blockbuster-Trade - damals lag die Deadline noch in weiter Ferne.
Sinn oder Unsinn?
Prinzipiell lässt sich natürlich darüber streiten, ob ein Last-Minute-Transfer überhaupt Sinn macht oder nicht. Immerhin haben aufnehmende Teams in der Regel bereits eine gefestigte Teamstruktur, die dadurch zumindest in der Anfangszeit gestört werden könnte.
Für eine tiefergehende Anaylse lohnt sich der Blick auf die Vorsaison 2018/19. Der spätere Champion St. Louis Blues verzichtete fast komplett auf Nachkäufe vor der Trade-Deadline und holte lediglich Michael Del Zotto als Ergänzungsspieler dazu. Der Verteidiger machte später allerdings kein einziges Playoff-Spiel. Vize-Meister Boston Bruins bewies dagegen ein gutes Händchen bei der Personalpolitik: Lokalmatador Charlie Coyle, der in seiner Jugend an der Boston University spielte, wurde von den Minnesota Wild losgeeist und spielte als Drittreihen-Center genauso eine wichtige Rolle wie Neuzugang Marcus Johansson, der von den New Jersey Devils kam. Coyle machte 24 Playoff-Partien (9-7-16), Johansson deren 22 (4-7-11). Die Conference-Finalisten San Jose Sharks und Carolina Hurricanes wählten in Sachen Trades eine unterschiedliche Herangehensweise für ihren langen Playoff-Run: Die Sharks holten mit Gustav Nyquist (Detroit Red Wings) einen Flügelstürmer dazu, der immerhin elf Punkte in den Playoffs beisteuerte (1-10-11). Auch der für die Tiefe und Physis akquirierte Micheal Haley (Florida Panthers) sollte aufgrund der vielen Verletzen immerhin noch elfmal in der Endrunde zum Einsatz kommen (keine Scorerpunkte). Die Hurricanes vertrauten dagegen auf ihren eingespielten Kader. Zu diesem zählte allerdings seit Januar auch schon der Schweizer Niederreiter - sozusagen ein weit vorgezogener Transfer (von den Wild, 1-3-4 in den Playoffs mit Carolina).

BOS@NYR: Coyle stiehlt Puck und trifft in Unterzahl

Dass ein später Wechsel auch in die Hose gehen kann, zeigt der Blick auf die in der ersten Playoff-Runde ausgeschiedenen Division-Sieger: Die Nashville Predators schlugen gleich dreimal zu. Allerdings erwies sich lediglich Mikael Granlund (Wild) als guter Griff (1-1-2 in den Playoffs). Von Brian Boyle (Devils, 0-2-2) und Wayne Simmonds (0-0-0) erhofften sich die Predators mehr Physis, doch passten die beiden irgendwie nie ins Spielsystem in Music City, wirkten eher wie ein Fremdkörper und mussten Nashville nach Saisonende wieder verlassen. Die Calgary Flames wiederum holten mit Oscar Fantenberg noch einen Verteidiger ins Team (L.A.), doch blieb der Zugang in nur drei Playoff-Partien ohne Scorerpunkt. Auch die favorisierten Lightning und Washington Capitals verabschiedeten sich schon in der ersten Runde. Tampa Bay aber verzichtete komplett auf Nachkäufe. Washington holte mit Stürmer Carl Hagelin (Penguins, 0-1-1) und Verteidiger Nick Jensen (Red Wings, 0-0-0) zwei neue Spieler ins Boot. Diese rissen in der Rest-Saison zwar keine Bäume aus, zählen aber immerhin bis heute zum Stammpersonal bei den Capitals.