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Am 1. Januar 2017 eröffnete die National Hockey League mit dem Eröffnungsbully zum Scotiabank NHL Centennial Classic die Feierlichkeiten zur Jahrhundertsaison. Seit ihrer Gründung im Jahr 1917 sah die Liga zahlreiche Kultpersönlichkeiten.
Während der Saison 2017 wird euch NHL.com/de mit zahlreichen Stories über die vergangenen 100 Jahre versorgen.

In dieser Ausgabe präsentieren wir euch Schlüsselfiguren der Ligageschichte. Von Gründern und Wegbereitern des Sports bis zu Pionieren der Neuzeit. Macht euch mit den Legenden vertraut, die unwiderrufliches für diesen großartigen Sport geleistet haben. Heute: Viacheslav Fetisov
Heutzutage ist es kaum vorstellbar, dass jemand bevor er zum ersten Mal NHL-Eis betritt, schon eine lange, mit Superlativen gespickte Karriere vorzuweisen hat; doch bis vor nun fast 30 Jahren waren die Zeiten noch andere.
Damals reiften während des Kalten Krieges hinter dem Eisernen Vorhang Spitzensportler heran. Abgeschottet von der westlichen Welt wurden Eishockeypieler in sowjetischen Militärsportvereinen zu Höchstleistungen gedrillt.
Jahrzentelang durfte das begeisterte Eishockeypublikum der restlichen Welt bei der jährlich stattfindenden Eishockeyweltmeisterschaft bestaunen, wie die sowjetische Übermannschaft die internationale Konkurrenz nach Belieben dominierte. Jahr für Jahr wurde die Erfolgsliste der Sbornaja länger und länger.

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Eines der Aushängeschilder des sowjetischen Teams war Viacheslav Alexandrovich "Slava" Fetisov. Als Teil des legendären ersten Blocks der Sowjetischen Nationalmannschaft trug Fetisov maßgeblich zu den internationalen Erfolgen seines Landes bei.
Schon früh machte sich das Talent des 1958 als Sohn eines Flugzeugfabrikarbeiters in der Hauptstadt Moskau geborenen Fetisov bemerkbar. Mit 16 debütierte er bei seinem langjährigen Club, dem ZSKA Moskau, mit 17 gewann er die Juniorenweltmeisterschaft 1975 -- sein erster großer Titel.
Vor Wladislaw Tretjak, neben Alexei Kassatanow und hinter der KLM-Reihe um Wladimir Krutow, Igor Larionow und Sergej Makarow prägte er das sowjetische Eishockey fast 20 Jahre lang. Von der Mitte der 70er Jahre bis zum Fall des Eisernen Vorhangs versetzte dieses Team die Eishockeyfachwelt ins Staunen und revolutionierte den Sport.
Auch auf der anderen Seite des großen Teiches waren diese Leistungen nicht unbemerkt geblieben. In der stärksten Liga der Welt war man seinerzeit noch unter sich. Kanadier und US-Amerikaner waren in der NHL in eindeutigen Mehrzahl. Europäische Spieler, wie zum waren Exoten, Sowjets nicht vorhanden.
Dies sollte sich jedoch mit Fetisov schlagartig ändern. Jahrzehntelang war es sowjetischen Eishockeyspielern von der Parteiführung aus nicht gestattet, in Übersee ihr Geld zu verdienen; doch als die Sowjetunion das bröckeln begann, gab es kein Halten mehr.

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Im Jahr 1989 hatte Fetisov die kasernenartigen Bedingungen bei seinem Heimatclub, dem ZSKA Moskau endgültig satt. Er indoktrinierte an höchster Stelle, um einen Wechsel nach Nordamerika möglich zu machen. Seine Anfrage um eine Spielerlaubnis in der NHL beim für den Sport zuständigen sowjetischen Verteidigungsministerium sorgte für einen regelrechten Eklat.
"Der sowjetische Verteidigungsminister wollte mir Angst einjagen. Er verlangte von mir, dass ich mich für die Frage, gehen zu wollen, entschuldige", erzählte Fetisov später. "Er stellte mir ein Ultimatum -- 'Entweder entschuldige ich mich oder ich werde nach Sibirien geschickt, wo man mir das Leben sehr schwer macht.' Ich sah mich sehr vielen Bedrohungen ausgesetzt, doch letztendlich habe ich den Kampf gewonnen. Ich war der erste Sowjet, der einen direkten Vertrag mit der NHL unterzeichnete und ich bin Stolz darauf, sagen zu können, dass mir nicht nur Eishockeyspieler gefolgt sind. Die Tür war nun für alle Leute geöffnet."
Im Zarten Alter von 31 Jahren und nach zwei NHL Drafts (1978 Montreal Canadiens, 1983 New Jersey Devils) war es endlich soweit und Fetisov wechselte zur Saison 1989-90 nach Nordamerika.
Nicht weniger als zwölf Sowjetmeisterschaften, sechs Weltmeisterschaftstitel und zwei olympische Goldmedaillen (1984, 1988) hatte er zu diesem Zeitpunkt bereits in seinem Gepäck.

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Und dieses wurde in neun NHL-Saisons noch schwerer. Nach sechs Jahren im Diensten der New Jersey Devils wechselte Verteidiger Fetisov zur Lockoutsaison 1994-95 zu den Detroit Red Wings, mit denen er zur Krönung seiner Karriere zwei Stanley Cups (1997, 1998) gewinnen konnte.
Doch ungeachtet seiner zahlreichen Erfolge, ist Fetisovs größte Leistung wahrlich sein Beitrag zur Öffnung des russischen Sports für die westliche Welt. Noch im selben Jahr folgten ihm mit Helmut Balderis, Vladimir Krutov, Igor Larionov, Sergei Malakhov, Sergei Mylnikov, Sergei Priakin und Sergei Starikov sieben weitere Sowjetspieler in die NHL.
Mit seinem Mut legte er den Grundstein für etliche sowjetische und russische Spieler, die in den folgenden Jahren in die NHL wechseln sollten. Es verwundert nicht, dass Hockey Hall of Famer Fetisov nach seiner aktiven Karriere dem Sport treu blieb und als Trainer (Bronzemedaille mit der russischen Nationalmannschaft bei den olympischen Spielen 2002 in Salt Lake City) sowie Funktionär Erfolge feierte. Fast vier Jahre lang stand Fetisov von 2008 bis 2012 an der Spitze des ZSKA Moskau sowie der Kontinentalen Hockey League.