hecht

Jochen Hecht war lange Zeit zusammen mit Marco Sturm das Aushängeschild des deutschen Eishockeys in der NHL. Nach Marco Sturm hat er mit 833 Spielen in der regulären Saison und 59 in den Playoffs die zweitmeisten eines Deutschen. Seine 463 Punkte in der regulären Saison und 32 in den Playoffs sind bedeutsam. Von 1998 bis 2013 war er in der NHL für die St. Louis Blues, Edmonton Oilers und Buffalo Sabres aktiv. Hecht, der sich heute bei den Adlern Mannheim um die Spielerentwicklung kümmert, wird in einer regelmäßigen Kolumne exklusiv für NHL.com/de seine Ansichten zu Teams, Spielern und brennenden Fragen teilen.

Leon Draisaitl hat mich und Marco Sturm mit der Saisonbestleistung bei den Scorerpunkten schon in seinen jungen Jahren überholt. Ich kann nur meine Glückwunsche aussprechen und freue mich, dass das deutsche Eishockey wieder ein weiteres tolles Aushängeschild in der NHL hat.
Die Trading Deadline war Anfang März ungewöhnlich ruhig. Es schien so, als ob die Teams schon an den kommenden Expansion Draft für Las Vegas gedacht haben und nicht zu viel riskieren wollten. Außerdem ist das Rennen gerade in der Eastern Conference sehr eng, was dazu führte, dass kaum ein Manager sein Team bereits aufgeben wollte.

Jetzt bricht auf jeden Fall die wichtigste Phase der regulären Saison an. Das Ende nach einer langen Saison ist sichtbar. Es sind weniger als 15 Spiele zu absolvieren. Da trennt sich schon der Spreu vom Weizen. Jedes Spiel und jeder Punkt zählt jetzt. Einen Durchhänger kann man sich in diesem Stadium der Saison kaum leisten. Jeder will in die Playoffs und die die schon drin sind, wollen sich das Heimrecht holen.
Es ist sehr wichtig heiß in die Playoffs zu gehen. Egal von welcher Position aus man kommt, jetzt sollte man sein bestes Eishockey spielen. Die Pittsburgh Penguins haben letztes Jahr eindrucksvoll gezeigt, wohin das führen kann, nämlich zum Stanley Cup. Die erste Runde ist unheimlich wichtig, den Schwung zu bestätigen und in die Playoffs mitzunehmen.
Nervös ist man in diesen Momenten eher weniger, aber ein Spieler spürt einfach den Druck, der da ist, wenn man gewinnen muss. Man weiß, worum es geht und kleine Fehler werden gnadenlos bestraft. Man muss fast ein fehlerfreies Eishockey spielen, um zu gewinnen, weil jeder kämpft. Alle, die außerhalb der Platzierungen für die Playoffs sind wollen noch hinein kommen und die anderen wollen drin bleiben. Da gibt jeder einfach alles und jeder geblockte Schuss zählt.
Und dann gibt es noch die Mannschaften, die unberechenbar sind und schon häufig das Zünglein an der Waage spielten. Ich meine alle, die schon aus dem Rennen sind. Die haben einfach keinen Druck mehr, gehen raus und spielen Eishockey. Wenn es nicht läuft, dann läuft es eben nicht. Aber andernfalls sind diese Mannschaften für eine Überraschung gut und wenn noch dazu eine Rivalität da ist, wie bei Toronto Maple Leafs und den Buffalo Sabres zum Beispiel, dann will man denen schon die Tour vermasseln und gibt noch ein bisschen extra Gas. Man will ihnen die Punkte abnehmen, die dann hoffentlich am Ende fehlen.

Eine Mannschaft, die den Erwartungen hinterher hinkt, sind die Dallas Stars. Sie werden wohl die Playoffs verpassen, nachdem sie vergangenes Jahr noch als Geheimfavorit gehandelt wurden. Trainer Lindy Ruff kenne ich aus meinen Zeiten in Buffalo sehr gut. Er ist jemand, der an seiner Linie festhält und sehr Detail verliebt ist, darum denke ich, dass sie ihm eine neue Chance geben sollten, weil er sicher das Ruder herumreißen wird. Solche Phasen hatten wir in Buffalo auch und er hat uns stets da heraus gezogen.
Wo es überraschend super läuft ist bei den Calgary Flames und den Columbus Blue Jackets. Calgary hat mit seinen zehn Siegen in Folge mal schnell 20 Punkte geholt. So etwas bringt dich schon nach vorne. Wenn du so einen Lauf hast, dann willst du auch in die Playoffs kommen. Sie haben jetzt eine gute Ausgangsposition, die sie nutzen wollen. Es ist schön für die Liga, dass nicht immer dieselben Mannschaften in den Playoffs dabei sind und es Abwechslung gibt. Calgary ist natürlich auch eine Eishockeyhochburg, wobei Columbus ein kleinerer Markt ist. Die Blue Jackets sehe ich aber sogar als die größere Überraschung als die Flames an.

Auch hier zeigt sich wie wichtig mannschaftliche Geschlossenheit ist. Ein Spieler reicht selten für den Erfolg. Ich denke das wird bei meinem ehemaligen Team der Sabres deutlich. Jack Eichel ist ein großes Talent, aber es dauert noch etwas, bis eine konkurrenzfähige Mannschaft dort steht. Die guten Teams haben alle mehrere Stars, die sich gegenseitig unterstützen, wie Sidney Crosby, der in Pittsburgh Evgeni Malkin hat oder Alex Ovechkin, den bei den Washington Capitals Nicklas Backstrom unterstützt. Sie gehen in Buffalo in die richtige Richtung und haben sich verbessert, aber sie brauchen einfach noch Zeit, um wieder vorne mitspielen zu können.