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Dennis Seidenberg hat als Höhepunkt seiner Karriere im Jahr 2011 als zweiter Deutscher nach Uwe Krupp den Stanley Cup gewinnen können. Der gebürtige Schwenninger gehörte in dieser Zeit und jahrelang zu den Top-Verteidigern der Boston Bruins. Zuvor war Seidenberg in der NHL auch für die Philadelphia Flyers, Phoenix Coyotes, Carolina Hurricanes, Florida Panthers und danach für die New York Islanders tätig. Insgesamt lief er in 859 NHL-Spielen der regulären Saison sowie 69 Spielen der Stanley Cup Playoffs auf und verbuchte dort 251(44/207) bzw.21 Punkte (3/18). Beim World Cup of Hockey 2016 gewann Seidenberg mit dem Team Europa die Silbermedaille. Der heutige Entwicklungstrainer der Islanders wird in einer regelmäßigen Kolumne exklusiv für NHL.com/de seine Ansichten zu Teams, Spielern und brennenden Fragen teilen.

Hier die erste Ausgabe:
Die neue Saison ist schon wieder mehr als einen Monat alt. Für mich war schon länger klar, dass ich als aktiver Spieler nicht mehr werde eingreifen können. Natürlich hätte es die Option gegeben, noch in der DEL nach Angeboten Ausschau zu halten, doch schon im Training in den letzten ein bis zwei Jahren habe ich gemerkt, wie viele Teile meines Körpers nicht mehr mitspielen wollen. Ich hatte immer wieder Schmerzen in den Handgelenken oder den Schultern, so dass es vernünftig war, jetzt den Schlussstrich unter meine Karriere zu setzen und das nächste Kapitel anzufangen.
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Die New York Islanders haben mir angeboten, als Trainer für die Spielerentwicklung einzusteigen. Ein Angebot, das ich gerne wahrgenommen habe, weil ich mich mit meiner Familie in Long Island sehr wohl fühle. Meine Aufgaben sind derzeit noch ziemlich einfach. General Manager Lou Lamoriello wollte, dass ich mit den verletzten Spielern morgens aufs Eis gehe und sie bei ihrer Reha begleite. Außerdem schaue ich mir gelegentlich Spiele an. Mein Aufgabenfeld wird sich sicher in den nächsten Monaten weiter entwickeln, aber im Moment ist es noch recht locker.
Zusätzlich wohnt derzeit Rookie Noah Dobson bei uns zu Hause. Lou hatte gut gefallen, wie es mit Mathew Barzal gelaufen ist, der auch in seinem ersten Jahr bei uns gewohnt und eine super Saison hingelegt hatte. Und jetzt erhofft er sich mit Noah wohl das gleiche. Ich muss da nichts Besonderes machen, sondern nur zeigen, wie ich lebe und wie ich mein Leben führe. Lou meint, dass ich ein gutes Vorbild bin, aber ich zeige da nichts spezielles, sondern er lebt einfach nur bei mir und hat einen geregelten Ablauf. Das genügt schon.

Zum sportlichen Geschehen bei den Islanders kann ich nur Positives berichten. Trainer Barry Trotz ist ein akribischer Arbeiter, der die Mannschaft sehr intensiv auf jeden Gegner vorbereitet. Klar, er lässt ein eher defensives System spielen, was nicht immer schön anzuschauen ist, aber wenn man gewinnt, ist das schlicht egal. Das kommt auch den Torhütern zugute, wenngleich ich ihre Leistung dadurch nicht schmälern möchte. Semyon Varlamov und allen voran Thomas Greiss machen einen super Job und halten ihr Tor so gut es geht sauber. Wir sind aber so erfolgreich, weil jeder auf den Trainer hört und das System fast in Perfektion umsetzt. Er wiederum legt sehr viel Wert auf die Details am Eis und wenn jemand aus der Reihe tanzt, dann spielt er nicht. Das wissen die Jungs und deswegen ist jeder voll bei der Sache.
Die Islanders tragen ihre Heimspiele ja sowohl im Barclay Center als auch im Nassau Coliseum aus. Für mich als auch für die meisten der Jungs, ist das Coliseum die bevorzugte Spielstätte, weil es für viele näher und einfacher zu erreichen ist und dort auch die bessere Stimmung herrscht. Im Barclay ist zwar die Infrastruktur mit den Kabinen und die Einrichtung besser und moderner, doch das wiegt den Rest nicht auf.
Gut für das deutsche Eishockey ist das, was Leon Draisaitl zeigt. Man hat schon immer gesehen, dass er sehr talentiert ist, eine gute Übersicht und auch die entsprechenden Körpermaße hat. Dass er so gut sein würde, war nicht absehbar oder nur sehr schwer einzuschätzen. Doch seine Entwicklung ist enorm. Wir können uns in Deutschland freuen, so einen Eishockeyspieler zu haben und hoffen, dass er auf diesem Niveau weitermacht. Zusammen mit Connor McDavid sind sie ein geniales Duo und spielen mit den Gegnern. Wie Leon am vergangenen Samstag das Overtime-Tor gegen die Pittsburgh Penguins gemacht hat, war überragend. Unglaublich, welche Power er hatte, obwohl er schon lange auf dem Eis stand, sich gegen den Verteidiger durchzusetzen und das Tor zu erzielen.

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Am kommenden Wochenende finden im Rahmen der NHL Global Series 2019 zwei Spiele zwischen den Buffalo Sabres und den Tampa Bay Lightning in Stockholm statt. Ich war in meiner Karriere mit den Florida Panthers 2009 in Helsinki und mit den Boston Bruins 2010 in Prag. Ich empfand es als Spieler eine schöne Erfahrung, aber es war durch die Reise und die Zeitverschiebung auch sehr anstrengend. Trotzdem finde ich gut, dass die NHL nach Europa kommt und Werbung für das Eishockey macht.
Mit Ralph Krueger haben die Sabres einen deutschsprachigen Trainer. Ich habe ihn beim World Cup of Hockey 2016 als Coach erlebt und es hat unheimlich viel Spaß gemacht, für ihn zu spielen. Er ist sehr kommunikativ und kann super motivieren. Es hat mir sehr gut gefallen, wie er mit seinen Spielern und der Mannschaft umgangen ist. Das war auch die Grundlage für unseren Erfolg beim Turnier, dem Erreichen des zweiten Platzes. Wir haben die Zeit zusammen genossen. Es wundert mich nicht, dass er auch mit Buffalo Erfolg hat und gut mit ihnen aus den Startlöchern gekommen ist.
Beim Gegner Tampa Bay hätte ich auch gedacht, dass sie stärker anfangen, doch es zeigt einmal wieder, dass nichts feststeht. Sie brauchen sehr wahrscheinlich etwas Zeit, um sich zu finden, aber wenn sie zu ihrem Spiel finden sollten, dann werden sie auch wieder richtig gefährlich sein. Die Mannschaft ist bei weitem die vom letzten Jahr und sogar durch den einen oder anderen Neuzugang verstärkt worden. Derzeit machen sie noch zu viele Fehler und sind nicht die Mannschaft, die sie letztes Jahr ausgezeichnet hat, wo sie sehr gradlinig gespielt haben. Aber ich gehe davon aus, dass sie das noch abstellen und dann die Mannschaft sein werden, die alle erwarten. Vielleicht schon am Wochenende?