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Der Höhenflug der St. Louis Blues in den diesjährigen NHL-Playoffs geht unvermindert weiter. Auch die San Jose Sharks waren im Western Conference Finale nicht in der Lage, die Blues zu stoppen. Richtig, das sind genau jene Blues, die Anfang Januar noch abgeschlagen Schlusslicht der Liga waren. Seit diesem Zeitpunkt haben sie hart an sich gearbeitet. Und sie haben rechtzeitig die Kurve bekommen. Nichts scheint die Mannschaft von Coach Craig Berube stoppen zu können.

Den Winnipeg Jets gelang das nicht in Runde eins. Die Dalls Stars waren dicht dran in Runde zwei, mussten sich aber ebenfalls dem unbändigen Siegeswillen der Mannschaft aus Missouri beugen. Und im Finale der Western Conference hat es die Sharks erwischt. Für viele war das Team aus Kalifornien der klare Favorit. Doch auch in dieser Serie bewiesen die Blues, dass ihre Ambitionen auf den Titel echt sind.
Der große Vorteil der Blues war die Ausgeglichenheit in der Offensive. Natürlich spricht man immer von erster, zweiter, dritter oder vierter Sturmreihe. Doch die Blues halten offenbar nicht viel von diesem Konzept. Oder sie wischen es einfach weg. Denn lange waren die Stars aus der nominell ersten Reihe in den Playoffs nicht zu sehen. Das galt für Ryan O'Reilly, Brayden Schenn, aber zuvorderst für Vladimir Tarasenko.

SJS@STL, Sp6: Tarasenko trifft in Überzahl vom Kreis

Also sprangen andere Spieler in die Bresche. Jaden Schwartz ist mit zwölf Treffern in der Torjägerliste der NHL-Playoffs 2019 nur noch hinter Logan Couture von den Sharks (14). Die Chancen stehen gut, dass Schwartz auch im Stanley Cup Finale gegen Boston weiter trifft. Im Erfolgsfall könnte er sogar ein ernsthafter Kandidat für die Conn Smythe Trophy als wertvollster Spieler in den Playoffs werden. Zwei Hattricks stehen für Schwartz schon zu Buche. Der zweite gelang ihm in Spiel 5 gegen die Sharks. Aber auch Spieler wie Ivan Berbashev, Oskar Sundqvist, David Perron und Tyler Bozak tauchen in den Playoffs immer öfter in den Scoringstatistiken auf. "Alle vier Reihen tragen ihren Teil zur offensiven Produktion bei", sagte Tarasenko. Jeder mache seinen Job. Und eine Durchnummerierung von eins bis vier gebe es nicht.
Zur Produktion in der Offensive haben auch die Verteidiger beigetragen. Allen voran Alex Pietrangelo, der in Spiel 6 gegen die Sharks das vorentscheidende 3:1 durch Schenn vorbereitete. 13 Scorerpunkte (zwei Tore, elf Vorlagen) hat Pietrangelo in den Playoffs 2019 schon gesammelt. So viele hatte in den Playoffs einer Saison noch kein Blues-Verteidiger. Die Männer an der blauen Linie werden auch in der Serie gegen Boston gefordert sein - vor allem im Powerplay.
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Die Tiefe des Kaders ist auch für den General Manager der Blues einer der Hauptgründe, warum die Mannschaft zum ersten Mal seit 49 Jahren wieder vom Gewinn des Cups träumen darf. Namentlich nannte Doug Armstrong Spieler wie Robert Thomas und Sammy Blais. "Wir haben aber auch immer an Spieler wie Ivan Berbashev und Oskar Sundqvist geglaubt", betonte Armstrong. Seiner Meinung nach hat die Mannschaft gerade einen richtig guten Lauf.
Der 27 Jahre alte Russe ist ein weiterer Grund, warum die Blues die Sharks in die Knie zwangen. Er verbuchte in jedem Spiel gegen die Mannschaft aus Kalifornien einen Scorerpunkt. Acht waren es am Ende insgesamt (drei Tore, fünf Vorlagen). Ein Punkt in jedem Spiel einer Playoffserie - das gelang vorher im Trikot der Blues nur Gary Sabourin im Halbfinale 1969. Im Stanley Cup Finale gegen die Boston Bruins werden die St. Louis Blues einen Tarasenko in Bestform brauchen, um bestehen zu können.
Auch der Name Jordan Binnington ist eng mit dem Aufschwung der Blues verknüpft. Seit der Rookie im Januar den Job zwischen den Pfosten übernommen hat, geht es für die Blues steil aufwärts. Für einen Liganeuling strahlt der Kanadier eine unfassbare Ruhe aus. Mit teilweise spektakulären Paraden brachte er die Gegner in den Playoffs zur Verzweiflung. "Die letzten Minuten runterzuzählen, wie laut die Leute in der Halle waren, das war fantastisch", beschrieb Binnington die Schlussphase in Spiel 6 gegen die Sharks im Enterprise Center. Doch die große Prüfung kommt jetzt erst noch. Binnington muss diese Leistung auch gegen Boston abrufen. Nur dann haben er und seine Kollegen die Chance, zum ersten Mal in der Franchise-Geschichte den Stanley Cup in die Höhe zu stemmen.

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Der Wechsel im Tor, aber auch auf der Position des Trainers, ist für Armstrong eng mit dem Erfolg in der zweiten Saisonhälfte verknüpft. Die Mannschaft habe in der ersten Saisonhälfte viele Wege gefunden, Spiele nicht zu gewinnen. Danach habe sie viele Wege gefunden, Spiele zu gewinnen. Berube, der Ende November Mike Yeo abgelöst hatte, sei ein unermüdlicher Antreiber.
Auch das Powerplay der Blues funktioniert auf einmal. In Spiel 6 gegen die Sharks hatten die Blues zwei Chancen mit einem Mann mehr auf dem Eis, beide wurden genutzt. Tarasenko und Schenn trafen. Vor allem Schenns 3:1 maß Blues-Verteidiger Colton Parayko immense Bedeutung bei. "Das war ein enorm wichtiges Tor für uns." So habe man mit zwei Toren Vorsprung in die Drittelpause gehen können. Das Überzahlspiel wird im Finale gegen Boston von entscheidender Bedeutung sein. Viele Möglichkeiten wird es voraussichtlich nicht geben. Die wenigen Chancen, die sich den Blues bieten werden, müssen sie nutzen, wollen sie gegen die Bruins bestehen.

STL@SJS, Sp1: O'Reilly trägt den Puck über die Linie

"Wir haben herausgefunden, wie gut wir sind", meinte Parayko angesprochen auf den Umbruch seit Januar. Wie stark die Blues wirklich sind, sollen nun die Boston Bruins erfahren. Ryan O'Reilly kann es gar nicht abwarten, bis der Puck in Boston aufs Eis geworfen wird. Bis dahin gilt es aber erst mal, den Akku aufzuladen, wie Tarasenko es ausdrückte. Die Bruins können das nach ihrem Sweep gegen die Carolina Hurricanes schon seit einigen Tagen tun.
Im Stanley Cup Finale spielen kleinere Wehwehchen ohnehin keine Rolle. Da beißt jeder auf die Zähne. Und die Blues werden wahrscheinlich anführen, dass der Vorteil bei ihnen liegt, weil sie länger im Rhythmus waren. Wer am Ende Recht hat, wird man wirklich erst sehen, sobald die Finalserie eröffnet ist.
Beim General Manager ist der Respekt vor Boston groß: "Die Bruins sind ein erfahrenes Team. Für etliche Spieler ist es das dritte Mal, dass sie um den Cup spielen. Sie wissen, welche Tretminen man umgehen muss", meinte Armstrong. Da müssten die Blues konzentriert bleiben. Boston sei vor allem physisch stark. Die erste Reihe sei super. Und Tuukka Rask im Tor spiele gerade wohl das beste Eishockey seiner Karriere. "Es ist kein Zufall, dass Boston im Stanley Cup Finale steht. Aber das ist es bei uns auch nicht", sagte Armstrong selbstbewusst. Er versprach schon mal vorab eine verdammt gute Serie. "Und das Team aus Missouri gewinnt", meinte er lachend. Unmöglich ist es auf jeden Fall nicht.