leon draisaitl

In der Rubrik "Person of Interest" widmet NHL.com/de jeden Dienstag einem Spieler oder einer anderen Persönlichkeit aus der NHL-Familie eine Story abseits des aktuellen Tagesgeschehens.

In dieser Ausgabe: Leon Draisaitl (Edmonton Oilers)
Wenn man in dieser Saison die Leistungen von Leon Draisaitl beschreiben soll, ist es unabdingbar, sich ein üppiges Reservoir an Superlativen zurechtzulegen. Alles andere lässt die Faktenlage nicht zu. Denn der 23 Jahre alte Kölner hat in den vergangenen Wochen und Monaten endgültig die Wandlung von einem sehr guten NHL-Spieler zu einem der Top-Stars der Branche vollzogen.
Seinen eigenen deutschen Scorer-Rekord von 77 Punkten aus der Hauptrunde 2016/17 hat Draisaitl in der laufenden Serie regelrecht pulverisiert. Drei Wochen vor Schluss stehen für ihn 91 Punkte aus 72 Einsätzen zu Buche. Es ist längst kein verwegener Gedanke mehr, dass er in dieser Spielzeit die 100-Punkte-Marke erreichen und sich so einen Eintrag in den Annalen der Liga sichern wird.

EDM@BUF: Draisaitl mit einem SHG nach McDavids Pass

Darüber hinaus besitzt Draisaitl noch die Chance, die Maurice Richard Trophy für den erfolgreichsten Torschützen der regulären Saison zu gewinnen. Mit 43 Treffern steht er in der NHL-Torjägerliste aktuell an zweiter Stelle hinter Alex Ovechkin von den Washington Capitals. Für den Kapitän des amtierenden Titelträgers, der die Trophäe seit 2008 sieben Mal überreicht bekam, sind 48 Tore verzeichnet.
Durch seine außergewöhnlichen Darbietungen in Übersee ist Draisaitl inzwischen zu dem Aushängeschild schlechthin für das deutsche Eishockey geworden. Ihm ergeht es damit wie Dirk Nowitzki, der durch seine Triumphe in den USA dem Basketball hierzulande zu neuer Popularität verhalf. Einerseits freut sich der Oilers-Stürmer darüber, dass ihm eine Botschafterrolle für seine Sportart attestiert wird, andererseits hält er einen Vergleich mit Nowitzki für schwierig. "Ich bin gerne das Gesicht für das deutsche Eishockey und es ist eine große Ehre für mich, wenn die Medien oder die Leute nun Parallelen zu Dirk Nowitzki ziehen. Aber ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob das wirklich so zutrifft. Ich persönlich mache mir deswegen jedenfalls keinen Druck", sagte er im Gespräch mit NHL.com/de.
Viel wichtiger als der Rummel um seine Person und seine Rekorde sind dem Ausnahmestürmer die Erfolge mit den Oilers. Das machte Draisaitl jüngst beim NHL All-Star Game 2019 deutlich, für das er als erster Deutscher seit 19 Jahren berufen worden war. "Was nützt es dir, wenn du als Spieler 60, 80 oder 100 Punkte auf dem Konto hast, sich deine Mannschaft aber nicht für die Playoffs qualifiziert? Ich würde lieber 20 Punkte weniger erzielen und dafür in die Playoffs kommen, als umgekehrt", meinte er.
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Genau damit spricht Draisaitl das große Dilemma an, in dem er sich befindet. Ausgerechnet in seiner besten Saison seit dem NHL-Debüt 2015 könnte ihm die Krönung in Form von Auftritten bei den Stanley Cup Playoffs versagt bleiben. Nach einem äußerst wechselhaften Saisonverlauf sind die Oilers ein ganzes Stück von den Tabellenplätzen entfernt, die zur Playoff-Teilnahme berechtigen. Nach 72 Spielen liegen sie mit 71 Punkten lediglich an drittletzter Position in der Western Conference. Allerdings wäre es verführt, deshalb schon einen Abgesang auf die Oilers anzustimmen, da zumindest der zweite Wildcard-Platz nach wie vor in Reichweite liegt. Allerdings muss sich Edmonton dafür gehörig strecken und darf sich so gut wie keine Niederlage mehr erlauben.
Auch Draisaitl hat trotz der schwierigen Ausgangslage die Hoffnung längst nicht aufgegeben, zum zweiten Mal in seiner Karriere mit den Oilers in den Playoffs dabei zu sein. "Wir wissen, dass unsere Situation alles andere als rosig ist. Dennoch haben wir noch die Möglichkeit, die Endrunde zu erreichen. Dafür müssen wir natürlich so viele Spiele wie möglich gewinnen. Jede Partie ist extrem wichtig. Wir müssen sie daher alle wie ein Playoff-Spiel angehen und versuchen, bis zum Ende der regulären Saison genügend Punkte zu sammeln", führte er gegenüber NHL.com/de weiter aus.

EDM@NSH: Draisaitl erzielt in Unterzahl das Erste

Obwohl sie zwischendurch immer wieder gute Spiele zeigten, ist es den Oilers nicht gelungen, über einen längeren Zeitraum konstante Leistungen abzurufen. Zu allem Überfluss hat sich eine ausgemachte Heimschwäche hinzugesellt. 16-17-2 lautet die bisherige Bilanz vor eigenem Publikum. Wenn die Angriffsbemühungen bei Auftritten im Rogers Place nicht frühzeitig zum Erfolg führten, verkrampfte die Mannschaft zusehends und verlor nicht selten vollends den Faden. In fremden Gefilden lief es dagegen einen Tick besser. Dort holten die Oilers drei Zähler mehr (16-16-5).
Draisaitl weiß um diese Diskrepanz. "Es ist in der Tat so, dass wir zu Hause häufig nervöser auftreten als auswärts, wo wir viel unaufgeregter zu Werke gehen. Wir müssen daher alles dafür tun, um unsere guten Auswärtsleistungen auch daheim aufs Eis zu bringen", sagte er.
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In den verbleibenden Spielen ist Draisaitl weiterhin in hohem Maße als Vorlagengeber und Torjäger gefordert. Denn wenn er und Kapitän Connor McDavid nicht als Scorer auf dem Spielberichtsbogen auftauchen, sieht es meist düster aus für Edmonton. Auch das verdeutlicht, welche Verantwortung inzwischen auf Draisaitls Schultern lastet. Sollte er die Oilers tatsächlich noch in die Playoffs befördern, müsste man sich weitere Superlative überlegen, um seine Verdienste und Leistungen in dieser Saison zu beschreiben.
Mitarbeit an diesem Beitrag: Uwe Werkmeister