Leon-Draisaitl-IIHF

KÖLN- Leon Draisaitl zögerte keinen Augenblick. Als das Aus der Edmonton Oilers bei den Playoffs um den Stanley Cup besiegelt war, machte er sich auf den Weg in seine Heimatstadt Köln. Seine Mission: Die deutsche Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft im Kampf um den Einzug ins Viertelfinale zu unterstützen.

Die Gelegenheit bei der Heim-WM dabei zu sein, wollte er sich auf keinen Fall entgehen lassen. "Ich bin in Köln groß geworden und habe hier mit dem Eishockey angefangen", sagte Draisaitl. Deshalb sei es für ihn ein besonderes Erlebnis, dieses Turnier zu spielen. Und so stand er drei Tage nach dem Ausscheiden in Spiel 7 gegen die Anaheim Ducks in der zweiten Runde der Playoffs auf dem Eis in der Kölner Lanxess Arena.
"Er wollte unbedingt spielen", so Bundestrainer Marco Sturm, der selbst bei sechs Teams in der NHL aktiv war und es auf insgesamt 938 Einsätze brachte. "Er war ganz aufgeregt, als ich während der Saison ein paar Mal mit ihm über dieses Thema gesprochen habe. Ich wusste, dass er sofort kommen würde, wenn die Oilers nicht mehr dabei sind. Ich denke, Leon genießt es, in der Kabine mal wieder Deutsch zu sprechen und mit ein paar alten Freunden zusammen zu sein. Das ist ihm viel wert.
Noch mehr als für ihn selbst bedeutet Draisaitls WM-Teilnahme für Deutschland. Obwohl er erst 21 Jahre alt ist, gilt er bereits als das Gesicht des deutschen Eishockeys. "Er ist ein Superstar", sagt sein Nationalmannschaftskollege Dennis Seidenberg von den New York Islanders über ihn. Der Verteidiger brachte es in 14 Jahren bislang auf 831 Spiele in der NHL.
"Leon ist ein richtiger Scorer. Er und Connor McDavid und wer sonst noch an ihrer Seite spielt, gehören zu den besten Angriffsformationen in der Liga. Leon ist unglaublich und ein echtes Vorbild für die jungen Leute. Sie schauen zu ihm auf", betonte Seidenberg. "Für Deutschland zu spielen, ist ihm wichtig. Jedes Kind schaut unsere Spiele und möchte eines Tages so werden wie Leon."

Draisaitl schaffte in dieser NHL-Saison endgültig den Durchbruch. Mit 77 Punkten (29 Tore, 48 Vorlagen) in der Hauptrunde landete er auf Platz 8 in der Scorer-Rangliste der Liga. In den Playoffs verbuchte er 16 Zähler (sechs Tore, zehn Assists) und liegt damit immer noch auf dem dritten Platz bei den Scorern. In seinen 191 Einsätzen bisher in der NHL kam er auf 137 Punkte (50 Tore, 87 Vorlagen).
Bei der Weltmeisterschaft wurde Draisaitl zu einem der Top-3-Spieler Deutschlands gewählt, obwohl er nur dreimal das Trikot überstreiften konnte. Mit zwei Assists trug er dazu bei, dass es das deutsche Team unter die letzten Acht schaffte. Dort zog man allerdings gegen die starken Kanadier mit 1:2 den Kürzeren.
"Leider haben wir nicht allzu viele Spieler von Leons Kaliber. Im Grunde ist er einzigartig. Hoffentlich haben viele Kinder und Jugendliche unsere Spiele im Fernsehen angeschaut und entscheiden sich dafür, künftig Eishockey und nicht Fußball zu spielen. Von daher ist es toll, dass Leon gerade jetzt hier gewesen ist", so Sturm. Der Bundestrainer ist mit 487 Zählern (242 Tore, 245 Vorlagen) nach wie vor punktbester deutscher Spieler in der NHL. Draisaitl steht momentan auf Platz 7.
Der langjährige NHL-Verteidiger Christian Ehrhoff ist überzeugt, dass Draisaitl die Popularität des Eishockeys in Deutschland steigern wird. "Da bin ich mir ganz sicher", sagte der Kapitän des deutschen Nationalteams. Ehrhoff wechselte im Sommer vorigen Jahres nach zwölf Jahren und 789 Einsätzen in der NHL zu den Kölner Haien in die Deutsche Eishockey Liga. "Leon ist momentan unser bester deutscher Spieler. Für mich zählt er nach seiner Leistung in diesem Jahr sogar zu den Besten in der Welt. Er tut dem Eishockey in unserem Land richtig gut. Es ist ein Bonus, dass er bei der Weltmeisterschaft für uns am Start war", meinte Ehrhoff.

Draisaitl freut sich über das viele Lob aus berufenem Munde. Dennoch ist er sich nicht sicher, ob er den Status als Elite-Spieler in seiner Heimat für sich in Anspruch nehmen soll. "Ich weiß nicht, ob ich hier wirklich ein großer Star bin. Ich würde mich jedenfalls nicht als solcher bezeichnen", sagte der 21-jährige am Rande der Weltmeisterschaft. Eine Vorbildrolle für den Nachwuchs will er dennoch gerne einnehmen. "Das möchte jeder Spieler. Ich natürlich auch."