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Äußerst ungern erinnert sich der kanadische Eishockeyfan, von dem es im 36 Millionen-Einwohnerland nördlich der USA höchstwahrscheinlich knappe 36 Millionen gibt, an den Frühling 2016. Die kanadischen Winter können eisig und lang sein. Wenn die kalte Jahreszeit Einzug hält, fällt das Thermometer in nicht wenigen Regionen auf kuschelige Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt. Doch selbst das ungemütlichste Wetter kann nicht ansatzweise so auf die Gemütslage eines Kanadiers drücken, wie die Monate April, Mai und Juni vor fast zwei Jahren.

Jährlich eifern im Frühling die besten Eishockeyteams, der wichtigsten Trophäe, die es in ihrem Sport zu gewinnen gibt, nach. Eine ganze Nation befindet sich in den besagten Playoff-Monaten im Ausnahmezustand. Jeder Bürger fiebert den Playoffpartien entgegen und zelebriert den Nationalsport, wie man es hierzulande nur von Fußballwelt- oder Europameisterschaften kennt.
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Doch vor eineinhalb Jahren war es auf den Straßen und in den Wohnzimmern ungewöhnlich ruhig. Hatten sich in der Saison 2014/15 noch vier kanadische Teams für die Postseason der NHL qualifiziert, so war es in der darauffolgenden Spielzeit kein einziges. Zum ersten Mal seit 46 Jahren schaffte keine Mannschaft aus dem Mutterland des Eishockeys den Einzug in die Stanley Cup Playoffs.
Im Jahr davor konnten sich noch die Fans der Montreal Canadiens, der Ottawa Senators, der Calgary Flames und der Vancouver Canucks über Extraspiele freuen und diejenigen Kanadier, die normalerweise keiner dieser Mannschaften zujubeln, gaben sich patriotisch flexibel und arrangierten sich eben mit einer der übrig gebliebenen.
Doch im Frühling 2016 waren auf einmal alle Teams ausgeschieden, bevor die heiße Phase überhaupt losging und der kanadische Fan fragte sich, wem er nun die Daumen drücken soll.

Marleau Laine

Glücklicherweise bewahrheiteten sich Ängste, dass das kanadische Eishockey in eine tiefe Krise stürzen könnte, nicht. Die Stanley Cup Playoffs 2016 entpuppten sich nicht als Vorbote einer langen kanadischen Playoffabstinenz. Keine 12 Monate später meldete sich Kanada wieder zurück. Mit den Senators, den Flames, den Toronto Maple Leafs und den Edmonton Oilers erreichten in 2017 erneut vier Klubs die Endrunde. Superstar Connor McDavid schoss die Oilers bis in das Western Conference Halbfinale und katapultierte das kanadische Eishockey vermeintlich in ein neues Zeitalter.
Doch nach dem Höhenflug kam für Edmonton der tiefe Fall. Aktuell rangieren die Oilers in ihrer Pacific Division auf dem vorletzten Platz und eine Playoffteilnahme scheint in weite Ferne gerückt. Neben Edmonton hadern auch die anderen kanadischen Hoffnungsträger mit ihrer Form. Die Senators, die im Vorjahr noch die Pittsburgh Penguins im Eastern Conference Finale ins siebte Spiel zwangen, drehen ihre Runde im Tabellenkeller der Atlantic Division und auch die Canadiens haben etliche Punkte Abstand zu den Wild Card Plätzen der Eastern Conference.
Nur die Maple Leafs und Winnipeg Jets distanzieren sich von den anderen kanadischen Mannschaften. Sie haben die Stanley Cup Playoffs fest im Visier. Während Toronto den hoch gesetzten Erwartungen gerecht wird und mit einer formidablen jungen Truppe um Auston Matthews auf Playoffkurs liegt, mauserten sich die Jets unter dem Radar ebenfalls zu einem heißen Postseason-Anwärter.