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NHL.com/de beleuchtet jeden Dienstag der regulären Saison 2019/20 aktuelle Trends in der Liga und Storylines. In dieser Ausgabe geht es um die Internationalisierung der Liga.

Das Gros der NHL-Spieler aus Kanada, dazu noch etliche US-Amerikaner, als Farbtupfer der eine oder andere Schwede und Finne sowie ein paar "Exoten" - es ist noch gar nicht so lange her, da sah die Verteilung der Nationalitäten in der NHL genauso aus. Es war schlicht und ergreifend "Canada's Game". Doch die Spieler aus dem Mutterland des Eishockeys haben internationale Konkurrenz bekommen und müssen sich die Plätze im Kader härter denn je erkämpfen.
Von den 690 NHL-Spielern sind 42,8 Prozent in Kanada geboren, 25,7 Prozent in den Vereinigten Staaten. Die größte Gruppe der Akteure, die von außerhalb Nordamerikas kommen, stellen die Schweden mit 79 (11,4 Prozent). Dahinter folgen die Finnen (33; 4,8 Prozent) und die Russen (31; 4,5 Prozent).

PHI@EDM: McDavid stochert ihn rein

Selbstverständlich sorgen die Kanadier in der NHL auch immer noch für sehr große Schlagzeilen. Man denke nur an Connor McDavid, Nathan MacKinnon oder Sidney Crosby. Bei den Amerikanern sind Patrick Kane, Phil Kessel und Jack Eichel zu nennen. Doch die Globalisierung macht auch vor der NHL nicht halt. Über das Internet kann man die Spiele mit all den Kunststückchen der Stars in der ganzen Welt verfolgen. Vor allem in Europa haben immer mehr Talente den Wunsch, in der NHL zu spielen. Das können sie, weil die Ausbildungsprogramme in der "alten Welt" längst äußerst professionell betrieben werden.
Und so wird die NHL immer internationaler. Und nicht nur die großen Eishockeynationen sind in der NHL vertreten. Deutschland, die Schweiz, Österreich, Frankreich, Dänemark, Slowenien und Lettland haben mittlerweile Spieler in der besten Liga der Welt. Und das nicht nur in Nebenrollen in der dritten und vierten Sturmreihe oder als siebter Verteidiger.
Die Geschichte der Deutschen in der NHL begann 1978, als Bernhard "Bernie" Engelbrecht und Gerd Truntschka gedraftet wurden. Beide schafften jedoch nie den Sprung über den großen Teich und blieben ohne NHL-Einsatz. 1981 verbuchte Udo Kießling als erster Deutscher einen Einsatz in der NHL und 1984 schaffte es Uli Hiemer drei Spielzeiten und 143 Spiele aktiv zu sein, ehe in den 90er die große Zeit des Uwe Krupp mit dem Stanley Cup Sieg 1996 anbrach. Seitdem ist die Liste der Deutschen in Nordamerika stetig gewachsen. Olaf Kölzig, Marco Sturm, Jochen Hecht, Dennis Seidenberg und Christian Ehrhoff haben unter anderem das deutsche Eishockey in der NHL würdig vertreten. Mittlerweile beweisen Philipp Grubauer, Korbinian Holzer, Thomas Greiss und Tom Kuhnhackl, dass man auch in der Fußball-Nation Deutschland gut auf Schlittschuhen stehen und mit dem Puck umgehen kann. Angeführt wird die deutsche Phalanx natürlich von Leon Draisaitl, der mit Teamkollege McDavid im Rennen um den Topscorer der Liga ist. Und die nächste Generation steht schon in den Startlöchern. Moritz Seider, im Draft 2019 von den Detroit Red Wings an sechster Stelle gezogen, Lean Bergmann (San Jose Sharks) und Dominik Bokk (Carolina Hurricanes) warten auf ihren Durchbruch.
Einen Beleg für die zunehmende Internationalität der NHL liefert auch die aktuelle Scorerliste. Angeführt wird sie von John Carlson (USA), McDavid (Kanada), Draisaitl (Deutschland) und David Pastrnak (Tschechien). Unter den Top Ten sind außerdem noch die Finnen Patrik Laine und Mikko Rantanen.
Apropos: Die Finnen machten schon früh auf sich aufmerksam. Esa Tikkanen holte fünfmal den Stanley Cup, viermal mit den Edmonton Oilers Mitte der 80er, einmal mit den New York Rangers 1994. Zur legendären Mannschaft der Edmonton Oilers, die in den 1980er-Jahren viermal in Folge den Cup gewann, gehörte auch Jari Kurri als genialer Sturmpartner von Wayne Gretzky. 2016 sorgten die Skandinavier für Aufsehen, als im Draft drei Finnen unter den ersten fünf Picks waren: Laine (Winnipeg Jets) an Position zwei, Jesse Puljujarvi (Edmonton Oilers) an vierter Stelle und als Fünfter Olli Juolevi (Vancouver Canucks).

EDM@WPG: Laine trifft im SO und sichert Jets den Sieg

Auch die Nachbarn der Finnen haben schon reichlich Spuren hinterlassen. Mehr noch: Die Schweden können sich rühmen, mit Borje Salming den Wegbereiter für so viele Europäer in der NHL in ihren Reihen zu haben. Der Verteidiger der Toronto Maple Leafs und Detroit Red Wings machte das europäische Eishockey in Nordamerika quasi salonfähig. Einer seiner Nachfolger war Nicklas Lidstrom. Der Verteidiger verbrachte seine gesamte Karriere bei den Detroit Red Wings, gewann viermal den Stanley Cup mit ihnen. Ein besonderes Zeichen der Wertschätzung erfuhr er, als er 2006 nach dem Rücktritt von Steve Yzerman Kapitän des Teams wurde. Er war damit der erste Europäer, der ein NHL-Team als Kapitän aufs Eis führte.
Einen wesentlichen Einfluss auf das Eishockey in der NHL haben natürlich auf die Spieler aus Russland, respektive der Sowjetunion. Ende der 80er-Jahre wurde es den Stars der Sowjetunion gestattet, Profikarrieren in der NHL zu verfolgen. Vyacheslav Kozlov, Sergei Fedorov und Sergej Makarov waren die Vorreiter. Heute sind Spieler wie Evgeni Malkin und Alex Ovechkin nicht mehr aus der NHL wegzudenken.
Das gilt inzwischen auch für die Schweizer in der NHL. Das Schweizer Eishockey hat sich Respekt verschafft. Und die Akteure aus der Alpenrepublik erfahren immer mehr Wertschätzung. Torwart David Aebischer gewann als erster Schweizer 2001 mit den Colorado Avalanche den Stanley Cup, Martin Gerber folgte ihm 2006 mit den Carolina Hurricanes. Als Feldspieler machte Verteidiger Mark Streit auf sich aufmerksam, als er mit 26 Jahren den Sprung über den großen Teich wagte und später Kapitän der New York Islanders wurde. Roman Josi ist mittlerweile in seine Nachfolge bei den Nashville Predators gerutscht, wo er mit Landsmann Yannick Weber zusammenspielt. Was zunächst sehr defensivlastig war, wurde durch die Stürmer Nino Niederreiter und Timo Meier offensiver und Center Nico Hischier wurde von den New Jersey Devils an erster Stelle im NHL Draft 2017 gezogen.
Von solchen Sphären sind die Österreicher noch ein bisschen entfernt. Thomas Vanek, immerhin an fünfter Stelle im NHL Draft 2003 gezogen, Michael Grabner (Arizona Coyotes) und Michael Raffl (Philadelphia Flyers) haben mittlerweile aber dafür gesorgt, dass Österreich schon längst kein blinder Fleck mehr auf der Eishockey-Landkarte ist.

ARI@COL: Grabner gegen die Latte und rein

Auch Slowenien (Anze Kopitar, Los Angeles Kings), Frankreich (Pierre-Edouard Bellemare, Colorado Avalanche) und Norwegen (Mats Zuccarello, Minnesota Wild) und Dänemark (Frederik Andersen, Toronto Maple Leafs; Nikolaj Ehlers, Winnipeg Jets; Lars Eller, Washington Capitals) sind in der NHL angekommen. Tschechien und die Slowakei selbstverständlich auch.
Doch damit ist die Internationalisierung der NHL noch längst nicht abgeschlossen. Punktspiele in Europa im Rahmen der NHL Global Series sind längst fester Bestandteil des Spielplans und erfreuen sich bei den Fans großer Beliebtheit. Dazu gehören auch Vorbereitungsspiele gegen Teams aus dem Gastgeberland. Auch nach China hat die NHL schon ihre Fühler ausgestreckt. Ein Chinese auf NHL-Eis? Klingt erst mal noch nach Zukunftsmusik. Aber diese Zukunft ist vielleicht nicht mehr so weit entfernt.