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Als Tampas Verteidiger Anton Stralman sich nach dem Ende des Matches gegen die Boston Bruins auf dem Weg in die Kabine machte, wähnte er sich in einem falschen Film. Soeben hatten die Lightning das erste Spiel der zweiten Runde der Stanley Cup Playoffs mit 2:6 in der heimischen Amalie Arena verloren. Doch das Resultat wollte ihm einfach nicht in den Kopf. "Es hat sich völlig anders angefühlt. Nach dem zweiten Drittel hätten wir eigentlich gut und gerne 4:3 führen können. Aber nun gut, am Ende des Tages steht die klare Niederlage", gab er zu Protokoll. Der Schwede sprach damit eines von drei elementaren Defiziten an, das die Lightning in Spiel 2 am Montag überwinden müssen: die mangelhafte Chancenverwertung. Die beiden anderen Baustellen sind das schwache Powerplay und das fehlende Rezept gegen die erste Sturmreihe der Bruins.

Das Schussverhältnis von 38:24 nach 60 Minuten stützt Stralmans Eindruck von einem über weite Strecken überlegen geführten Spiel der Gastgeber. Doch zugleich offenbarten die nackten Zahlen die Abschlussschwäche der Lightning in der Auftaktbegegnung der Best-of-Seven-Serie in der Eastern Conference. Die Top-Scorer des Teams aus Florida in den laufenden Playoffs, Steven Stamkos und Nikita Kucherov, gingen komplett leer aus. "Wir haben zu viele Chancen ausgelassen, gerade unsere Reihe", räumte Kapitän Stamkos selbstkritisch ein. "Uns sind zwar einige schöne Spielzüge gelungen, aber zu diesem Zeitpunkt der Saison muss man sie verwerten. Der Gegner hat uns vorgemacht, wie es geht", fügte er hinzu.
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Tyler Johnson ist sich bewusst, dass er und seine Stürmerkollegen beim bevorstehenden zweiten Aufeinandertreffen liefern müssen. "Wir haben uns selbst in diese missliche Lage gebracht. Nun gilt es Wege zu finden, sich daraus zu befreien. Ich freue mich daher schon auf das nächste Spiel", sagte er mit einem kämpferischen Unterton.

Um die Torproduktion zu steigern, ist nicht zuletzt ein effektiveres Überzahlspiel vonnöten. Das Powerplay, in den ersten beiden Spielen gegen die New Jersey Devils noch eine der Stärken, war zuletzt rundenübergreifend nur noch eine stumpfe Waffe des Kollektivs aus Tampa. In den jüngsten vier Playoff-Begegnungen trafen die Lightning ganze drei Mal bei numerischer Überlegenheit. 15 Gelegenheiten ließen sie dagegen ungenutzt verstreichen.
Am Samstag traf zwar Mikhail Sergachev, als die Einheimischen einen Mann mehr auf dem Eis hatten. Allerdings kam das Tor unter kuriosen Umständen zustande. Bostons Torhüter Tuukka Rask war zu diesem Zeitpunkt gerade mit der Reparatur eines seiner Schlittschuhe beschäftigt. So hatte Sergachev mit seinem Schlenzer leichtes Spiel. Die beiden anderen Powerplays der Lightning unter fairen Wettkampfbedingungen führten dagegen nicht zum Ziel.
Aufgrund der lausigen Ausbeute in den vergangenen Partien wird sich der Trainerstab um Headcoach Jon Cooper sicherlich seine Gedanken machen, wie sich die Schlagkraft der Powerplay-Einheiten erhöhen lässt. Dass dies ein lohnenswerter Ansatz ist, zeigt ein Blick in die Statistik. Denn die am Samstag so souverän wirkenden Bruins zählen im Penalty-Killing längst nicht zu den besten Mannschaften. Bei ihren acht Auftritten in der Postseason mussten sie schon fünf Gegentreffer in Unterzahl hinnehmen.
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Ebenso dringend gefragt ist ein wirksames Konzept gegen Bostons Top-Formation David Pastrnak, Patrice Bergeron und Brad Marchand. Das Trio verbuchte zusammen elf Punkte und hatte damit den Löwenanteil am klaren Auswärtserfolg. Cooper stellte ihnen seine stärkste defensive Reihe, bestehend aus Ondrej Palat, Brayden Point und Johnson sowie dazu noch die als Shutdown-Spezialisten bekannten Verteidiger Stralman und Ryan McDonagh entgegen. Der Plan ging gründlich schief. Deshalb gilt es nun bis Montag eine tragfähigere Lösung zu finden, wie man die Kreise von Bergeron & Co. wirksam stören kann.
McDonagh sieht die starke Darbietung der drei Bruins-Stürmer als eine Art Weckruf für das gesamte Team. "Wir müssen zu den Grundprinzipien des Spiels zurückfinden und ihnen viel energischer entgegentreten. Das betrifft jeden von uns, der es mit ihnen zu tun bekommt", forderte der im Februar von den New York Rangers zu den Lightning gewechselte Defensivspieler.
Für Coach Cooper liegt der Schlüssel zum Erfolg ebenfalls in einer besseren Abwehrarbeit. "In unserer eigenen Zone müssen wir das Wettkampfniveau steigern", meinte er. Dennoch werde es sehr schwer, die Top-Angriffsreihe der Bruins völlig auszuschalten. Dafür seien die drei Spieler zu ausgebufft. "Immer, wenn man glaubt, dass man sie unter Kontrolle hat, schlagen sie zu."
Spiel 2 der Serie zwischen den Lightning und den Bruins findet am Montag erneut in der Amalie Arena in Tampa statt (19 Uhr ET, NBCSN, CBC, TVAS).