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BIETIGHEIM- Während die deutschen Nationalspieler dieser Tage beim Trainingslager in Bietigheim im Kraftraum ihre Übungen verrichteten, gönnte sich Bundestrainer Marco Sturm eine kurze Fernsehpause. Auf den Bildschirmen in der Kabine liefen gerade Zusammenschnitte der NHL-Playoffs aus der vergangenen Nacht. Sein Interesse an diesen Begegnungen hatte durchaus handfeste berufliche Gründe. Sturm hofft, dass vielleicht noch der ein oder andere Spieler aus Nordamerika für die Weltmeisterschaft vom 5. bis 21. Mai in Köln und Paris zum Kader dazustößt.
Mit Thomas Greiss, Dennis Seidenberg und Tobias Rieder nahm bereits ein Trio aus der NHL an der Vorbereitung in Bietigheim teil. Alle drei wollen ihren Teil dazu beitragen, dass das Turnier für die deutsche Mannschaft ein Erfolg wird.

Am Donnerstag war Goalie Greiss von den New York Islanders angereist und bestritt gleich die erste Trainingseinheit mit seinen Teamkollegen. "Es ist alles gut gelaufen und hat viel Spaß gemacht. Ich bin froh, dass ich hier bin", sagte er im Gespräch mit NHL.com/de. Zu den Aussichten für die deutsche Nationalmannschaft äußerte sich der 31 Jahre alte Allgäuer zurückhaltend. "Wir denken von Spiel zu Spiel und werden sehen, wie´s läuft. Bei so einem stark besetzten Turnier braucht man auch ein wenig Glück. Auf jeden Fall werden wir alle unser Bestes geben."
Etwas länger als Greiss hält sich Tobias Rieder beim Nationalteam auf. Mit dem Stand der Dinge, eine Woche vor dem Beginn der Weltmeisterschaft, ist er zufrieden. "Alles verläuft planmäßig. Jetzt haben wir endlich alle nominierten Spieler aus Nordamerika und dem DEL-Finale dazubekommen. Die Trainingseinheiten waren gut. Nun schauen wir, dass wir jeden Tag Fortschritte machen", meinte der Angreifer der Arizona Coyotes. Als NHL-Profi sieht er sich in einer besonderen Verantwortung. "Ich denke, wir NHL-Spieler können durch unsere Erfahrung ein wenig mehr Ruhe ins Spiel bringen, die Scheibe länger halten und auf den besten Spielzug warten", so der 25-jährige Landshuter.
Ein besonderes persönliches Ziel für das Turnier hat er sich nach eigenen Worten nicht gesetzt. "Ich habe mir eigentlich nur vorgenommen, der Mannschaft in allen Situationen zu helfen und zu versuchen, mein bestes Eishockey zu zeigen." Trotz starker Gegner in der Gruppe, wie den USA, Russland oder Schweden, werde man versuchen, so viele Siege wie möglich einzufahren.

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Verteidiger Dennis Seidenberg von den Islanders verfolgt eine ähnliche Strategie. "Wenn man sich selbst zu viel vornimmt, macht man meistens Fehler. Von daher will ich bei der WM einfach mein Spiel spielen. Dann wird das schon hinhauen", sagte er. Dass er kurz vor dem Turnier seinen Vertrag in New York um ein Jahr verlängerte und körperlich fit ist, macht die WM-Teilnahme für ihn einfacher. "Es ist schön zu wissen, wo man nächstes Jahr spielt. Das beruhigt den Kopf. Darüber hinaus bin ich froh, dass ich zu 100 Prozent gesund bin. Von daher gab es keinen Grund, diesmal nicht zu kommen. In der Vergangenheit hat das wegen meiner Verletzungen leider oft nicht geklappt", erläuterte der 35-jährige Stanley-Cup-Champion von 2011.
Seidenberg freut sich auf die Herausforderungen bei der Weltmeisterschaft und traut dem deutschen Team einiges zu. "Unser Anspruch sollte das Viertelfinale sein Auf jeden Fall wird das Turnier eine tolle Sache."
Wenngleich der Fokus in den kommenden Wochen eindeutig auf den WM-Kontrahenten liegt, werden die drei NHL-Profis zwischendurch weiterhin einen Blick auf die Bildschirme in der Kabine werfen und sich über den Fortgang der Playoffs informieren. "Ja klar, natürlich schaut man ein bisschen drauf, wer gegen wen spielt und wer gewinnt", gestand Greiss freimütig ein. "Dass die Oilers die Sharks so weghauen würden, hätte ich nicht gedacht. Und auch Torontos starke Leistungen in der ersten Runde gegen Washington waren bemerkenswert."
In Sachen Playoffs drückt Tobias Rieder seinem Landshuter Kumpel Tom Kuhnhackl fest die Daumen. "Die Penguins sind schwer zu schlagen. Wenn sie in der Runde gegen die Capitals durchkommen, holen sie wieder den Titel", lautet seine Prognose. Generell findet er es klasse, dass mit Kühnhackl, Leon Draisaitl, Korbinian Holzer und Philipp Grubauer noch vier Deutsche im Rennen sind. Als bislang größte Überraschung bezeichnet Rieder das frühe Ausscheiden der Chicago Blackhawks und der Minnesota Wild. Beide hatte er als mögliche Champions auf der Rechnung. "Wie man sieht, liege ich mit meinen Tipps öfter mal daneben", sagte er abschließend mit einem verschmitzten Lächeln.