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In der Rubrik "Person of Interest" widmet NHL.com/de jeden Dienstag einem Spieler oder einer anderen Persönlichkeit aus der NHL-Familie eine Story abseits des aktuellen Tagesgeschehens.
In dieser Ausgabe: Thomas Greiss (New York Islanders)

Kaum eine andere Mannschaft hat über den Sommer einen derart überraschenden Wandel vollzogen wie die New York Islanders. Im Vorjahr scheiterten die Islanders krachend an der Qualifikation zu den Stanley Cup Playoffs und hatten satte 17 Punkte Rückstand auf den letzten Wildcard-Spot in der Eastern Conference.
Achillesferse war damals die Defensive: Mit 296 Gegentreffern (3,57 Gegentore pro Spiel) stellte New York die Schießbude der Liga. Nun ist alles anders! NHL.com/de traf sich mit Torwart Thomas Greiss in Brooklyn und sprach mit ihm über den erstaunlichen Fortschritt bei den Islanders.

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Das Bollwerk der NHL
Aktuell stehen die Islanders bei 157 Gegentoren in 65 Partien, also 2,41 Gegentreffer pro Spiel. Sowohl in absoluten Zahlen als auch im Durchschnitt stellt New York somit die beste Defensive der Liga. Diese neue Stabilität schlägt sich auch in den Ergebnissen nieder: Das Team belegt aktuell Rang zwei in der Metropolitan Division und ist somit auf Playoff-Kurs.
"Wir spielen einfach gut. Jeder kommt zum Einsatz, wir haben keine Passagiere. Jeder marschiert", erklärt Greiss den Lauf seiner Mannschaft und verrät über die neue Zeit bei den Islanders: "Uns macht die harte Arbeit aus. Jeder ist dabei, spielt stark und gibt alles."
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Die besten Goalies der Liga
Einen großen Anteil am Erfolg hat dabei das Torhüter-Gespann. Unter den Goalies mit mindestens 30 Einsätzen belegen Robin Lehner (92,9 Prozent) und Greiss (92,8 Prozent) die besten Fangquoten aller NHL-Keeper. Nur Andrei Vasilevskiy vom Spitzenreiter Tampa Bay Lightning kommt auf einen noch besseren Wert (93,1 Prozent). In Sachen Gegentorschnitt ist das Islanders-Duo sogar das Maß aller Dinge: Lehner (2,13 Gegentore/Spiel) und Greiss (2,24) führen die Liga in dieser Kategorie an.
Damit ist das Tandem voll auf Trophäen-Kurs: Die "William M. Jennings Trophy" wird an die Torhüter mit den wenigsten Gegentreffer während der regulären Saison vergeben. Greiss könnte der erste in Deutschland geborene Spieler sein, der eine individuelle NHL-Trophäe gewinnt. Diesbezüglich werden die Boston Bruins (161 Gegentore, 2,47 Gegentreffer/Spiel) der härteste Gegner, deren Schlussmänner Tuuka Rask (35 Starts, 2,29 Gegentore/Spiel, 92,2 Prozent Fangquote) und Jaroslav Halak (30 Starts, 2,29 Gegentore/Spiel, 92,4 Prozent Fangquote) ebenfalls eine starke Hauptrunde spielen. Es zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen ab.
Regelmäßige Rotation
Video: NYI@CBJ: Greiss streckt sich und rettet mit dem Fuß
Dabei ist interessant zu sehen, dass sowohl die Bruins als auch die Islanders ein ähnliches Rotationsprinzip verfolgen: Beide Torhüter teilen sich die Einsätze gleichmäßig auf. Bei den Islanders kam Lehner in 37 Spielen zum Zug und erhielt 35 Starts. Greiss absolvierte 33 Partien mit 30 Starts. Dadurch bleiben beide Goalies frisch. "So wie es läuft, funktioniert es gut bei uns", betont Greiss. "Wir gewinnen Spiele, wir beide haben beide gute Statistiken, die Mannschaft spielt gut, also kann man sich nicht beschweren. An den Rhythmus gewöhnt man sich über das Jahr. Wir haben gute Torwarttrainer, die uns im Training scharf halten. Wir machen gute Sachen, dann passt das."
Eben dieser Torwarttrainer ist neu. Meister-Coach Barry Trotz brachte einen gewissen Mitch Korn als Goalie-Koordinator mit. "Er hat einen großen Einfluss", bestätigt Greiss. "Er war schon bei einigen Mannschaften, hat schon eine lange Karriere in der NHL als Torwarttrainer und er ist sehr schlau und weiß, was er machen muss." Und er hat Erfahrung mit deutschen Torhütern, nachdem er bereits Olaf Kölzig und Philipp Grubauer unter seinen Fittichen hatten.
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Der Einfluss der Trainer
Hat New York mit Trotz und Korn etwa das Champions-Gen zu sich in die Organisation geholt? Immerhin holten die beiden mit den Washington Capitals den Stanley Cup 2018 in die Hauptstadt. Bei den Islanders hat Trotz jedenfalls schon viel zum Guten verändert - und das sogar ohne Superstar John Tavares, der sich im Sommer zu den Toronto Maple Leafs verabschiedete. "Die Kultur und einfach die Einstellung in der ganzen Mannschaft", habe der neue Trainer verändert, meint Greiss. "Letztes Jahr waren die meisten von uns Passagiere. Jetzt sind alle dabei, arbeiten hart zurück und verteidigen auch. Sie nehmen viele Chancen weg."
Und so kommt es auch, dass die Torhüter plötzlich grandiose Statistiken haben. Noch im Vorjahr kam der 33-jährige Füssener lediglich auf 89,2 Prozent Fangquote bei einem Gegentorschnitt von 3,82. Ähnlich ist es auch beim 27-jährigen Schweden Lehner, der damals noch bei Buffalo Sabres auf 90,8 Prozent Fangquote und 3,01 Gegentore pro Spiel kam.
Nummer 1 in den Playoffs?
Video: MIN@NYI: Greiss behält die Übersicht gegen Greenway
Mit der besten Abwehr und dem besten Goalie-Tandem der Liga marschiert New York in Richtung Playoffs. Ob sich Trotz und sein Trainerteam in der Endrunde auf eine klare Nummer 1 festlegen, ist noch offen. "Das muss der Trainer wissen, das ist seine Aufgabe", sagt Greiss mit einem Lächeln in seiner ruhigen sachlichen Art und richtet den Blick lieber auf das große Ganze: "Jetzt schaffen wir erstmal die Playoffs und dann schauen wir weiter, wie weit es geht."