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WM-Viertelfinale: Alles oder Nichts?

von Stefan Herget

Erste Sensation bei der Eishockey-Weltmeisterschaft 2012 in Helsinki! Im Viertelfinalauftakt unterlag der haushohe Favorit und Gruppensieger Kanada gegen den Gruppenvierten Slowakei. Damit muss das Mutterland des Eishockeys trotz hochkarätiger Besetzung aus lauter NHL-Spieler zum dritten Mal in Folge ohne Medaille heimreisen und die Slowaken, die den Triumph frenetisch feierten, treten am Samstag im Halbfinale gegen Tschechien an, das am Abend das Co-Gastgeberland Schweden ausschaltete.

Die Kanadier begannen sehr verhalten bzw. die Slowaken agierten zu Beginn unerwartet stark und stellten die topbesetzte gegnerische Defensive um Duncan Keith von den Chicago Blackhawks häufiger unter Druck als gedacht. Torhüter Cam Ward musste Schwerstarbeit verrichten und sah dabei nicht immer sicher aus. Folgerichtig führten die Außenseiter nach 20 Minuten nicht unverdient mit 2-1. Im Mittelabschnitt kamen die Kanadier dann wie verändert aus der Kabine und nahmen die Partie in die Hand. Sie erarbeiteten sich Chance um Chance und konnten zunächst ausgleichen. Zwei Minuten vor der Sirene sorgte Alex Burrows von den Vancouver Canucks für die jetzt verdiente Führung.

Das dritte Drittel plätscherte zunächst etwas dahin. Die Kanadier verwalteten das Ergebnis meist in der gegnerischen Zone und nutzten aber ihre weiteren Möglichkeiten nicht. Die Slowaken kamen nur gelegentlich nach vorne, aber in der 54. Spielminute gelang Milan Bartovic der 3-3 Ausgleich. Wer nun glaubte eine Trotzreaktion der Ahornblätter zu erleben, sah sich getäuscht und bereits eine Minute später hatte Miroslav Satan die Führung am Schläger, traf aber nur die Latte. Schließlich leistete sich das Team Canada in Person von Ryan Nugent-Hopkins (Bandencheck) und Ryan Getzlaf (5 Minuten plus Spieldauer wegen Kniecheck) zwei dumme Strafzeiten. Michal Handzus nutzte die Möglichkeit zum umjubelten 4-3 für die Slowakei, die in Überzahl den Vorsprung über die Zeit retten konnte.

Schwer tat sich auch der andere Gruppenerste Russland in der zweiten Partie gegen Norwegen. Die Skandinavier setzten ihre kämpferische, aber zugleich erfolgreiche Spielweise selbst gegen die starken Osteuropäer fort, die sich zum Viertelfinale noch einmal mit Alex Ovechkin, der in der 8. Minute gleich seinen ersten Treffer erzielen konnte, und Alexander Semin von den Washington Capitals weiter verstärkt hatten. Lange war die Begegnung offen, obwohl die Russen zu Beginn engagiert zu Werke gingen und natürlich insgesamt mehr vom Spiel hatten. Trotzdem konnten die Norweger die Führung des bisher erfolgreichsten Teams der WM zwei Mal wieder ausgleichen. Glück hatte der nordeuropäische Außenseiter als die Russen in der 24. und 26. Spielminute doppelt nur Metall trafen. So ging es mit 2-2 in die zweite Pause.

Nach der Fortsetzung dauerte es nur 55 Sekunden, da hatte Alexei Yemelin mit seinem zweiten Treffer des Turniers, einem eigentlich haltbaren Schlenzer von der Blauen Linie die erneute Führung hergestellt. Torhüter Lars Haugen machte seinen Fehler danach wieder gut und hielt die Norweger anschließend mit einigen Paraden im Spiel, aber die tapferen und aufopferungsvoll kämpfenden Skandinavier kapitulierten erst nach zwei weiteren Toren der Russen durch Nikolai Zherdev (50. Minute) und Ilya Nikulin (55. Minute) zum 5-2 Endstand.

Bei der IIHF Eishockey-WM traf am frühen Abend Gastgeber Finnland auf das Team USA. Gegen die Nordamerikaner waren die Finnen vor fünf Tagen im Vorrundenspiel noch mit 0-5 Toren untergegangen. In der KO-Runde präsentierte sich der Titelverteidiger auf Augenhöhe mit den US-Boys, konnte durch einen hart umkämpften 3-2 Erfolg Revanche nehmen und in das WM-Halbfinale gegen Russland einziehen.

Keine Blöße gaben sich die beiden Torhüter Jimmy Howard und Petri Vehanen im Eröffnungsdrittel und so ging es mit einem torlosen Remis in die erste Drittelpause. Wobei sich die Finnen ein leichtes Chancenübergewicht erarbeiten konnten. Beide Mannschaften agierten der Bedeutung des Spiels entsprechend sehr engagiert aber auch diszipliniert.

Zur Mitte des zweiten Durchgangs gab es dann endlich Grund zum Torjubel. In der 34. Spielminute war es Jesse Joensuu, der die Suomi mit einem Schlenzer ins lange Eck mit 1-0 in Führung schoss. Die Freude hierüber währte aber nicht lange, denn nur 21 Sekunden danach gelang Kyle Palmieri von den Anaheim Ducks der Ausgleich, nachdem er von Pietri millimetergenau bedient wurde.

Gerade einmal 99 Sekunden waren im Schlussabschnitt absolviert, als Vehanen einen Schuss nur nach vorne abprallen lassen konnte. Bobby Ryan nahm den Rebound auf und netzte zum 2-1 ein. Notgedrungen erhöhten die Skandinavier in der letzten Viertelstunde noch einmal das Tempo in dieser hochklassigen und spannenden Partie. Als sich die Finnen in der 53. Minute im Verteidigungsdrittel der Amerikaner festsetzen konnten, landete ein Pass von Jussi Jokinen direkt am Schlittschuh des finnischen Kapitäns Mikko Koivu und wurde unhaltbar für Howard zum 2-2 abgefälscht. Die Entscheidung in dem Eishockeykrimi fiel neun Sekunden vor dem Ertönen der Schlusssirene. Erneut stand Jesse Joensuu vor dem Kasten der Amerikaner goldrichtig und brachte mit dem Siegtreffer für die Finnen die Hartwall Arena von Helsinki zum Brodeln. Dort werden sie in zwei Tagen gegen Nachbar Russland zum ersten Halbfinale antreten.

Den letzten Halbfinalteilnehmer machten in Stockholm die Gastgeber Schweden und Tschechien unter sich aus. Seit 2008 waren beide Teams entweder im Viertel- oder im Halbfinale aufeinandergetroffen, wobei die Nordeuropäer drei Mal siegreich blieben.

Es wurde eine packende und begeisternde Begegnung der ewigen Rivalen, in der es Hin und Her ging und Milan Michalek schließlich die ganze Eishockeynation Schweden mit dem 4-3 Siegtreffer nur 29 Sekunden vor dem Ende schockte.

Nach der frühen 1-0 Führung der Hausherren durch Loui Eriksson konnten die Tschechen bis zum Ende des zweiten Drittels auf 3-1 davon ziehen, weil sie ihre Möglichkeiten vor dem Tor besser nutzten. Henrik Zetterberg sorgte jedoch mit dem 2-3 Anschlusstreffer 45 Sekunden vor der zweiten Sirene für erneute Hoffnung unter den Fans, die nur weitere 45 Sekunden nach Wiederbeginn in den 3-3 Ausgleich abermals durch Eriksson mündeten. Anschließend hätte das hochklassige Spiel für beide Seiten gut ausgehen können, doch Tschechien kam praktisch schon kurz vor der Verlängerung zum Sudden Death. Als Sieger müssen sie nun nach Helsinki reisen und treffen dort im Bruderduell am Samstag auf die Slowakei.

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