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Es passte ins Bild, dass wir Ralph Krueger am Rande der NHL Global Series 2018 in Helsinki in keinem noblen Fünf-Sterne-Hotel antrafen, obwohl er sich das sicher hätte leisten können, sondern in einem klassischen Mittelklasse-Touristen-Hotel. Der Deutsch-Kanadier, seit kurzem auch Schweizer Staatsbürger, der im Eishockey als Spieler, vor allem in den 80er Jahren für die Düsseldorfer EG, und später als Trainer mit dem Höhepunkt eines Engagements in der NHL bei den Edmonton Oilers in der Saison 2012/13, groß wurde, war zu diesem Zeitpunkt Chairman des englischen Premier-League-Vereins Southampton, also im Fußball tätig.

Die Schweizer Klubbesitzerin Katharina Liebherr, die Krueger aus seiner Zeit von über zehn Jahren als Eishockey-Nationaltrainer der Schweiz kannte, schätzte ihn als Motivator und Querdenker. Mit deutlich weniger Kapital ausgestattet als die großen Klubs erreichte Southampton unter Krueger zunächst Platzierungen im vorderen Mittelfeld, doch seit der Übernahme durch den chinesischen Mehrheitsaktionär Gao Jisheng im abgelaufenen Jahr, befanden sie sich in Abstiegsgefahr. Die Klasse konnte aber jeweils gehalten werden.
"Ich habe in Southampton eine Aufgabe übernommen, die mich fasziniert", erläuterte Krueger vor sieben Monaten. "Als ich kam, beschäftigten wir 200 Personen. Heute sind es 400, und wir sind noch nicht am Ende des Weges angelangt, den wir eingeschlagen haben. Es ist ein wenig wie bei meiner Arbeit mit dem Schweizer Nationalteam: Irgendwann werde ich an den Punkt kommen, an dem ich fühle: So, das war's, weiter komme ich nicht mehr."
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Im April dieses Jahres war das der Fall und Krueger beendete sein Engagement in England.
Ein Clou gelang Krueger im Spätsommer 2016, als er von DEB-Präsident Franz Reindl für die Aufgabe ausgewählt wurde, Team Europa beim World Cup of Hockey zu trainieren und kurzzeitig zum Eishockey zurückkehrte. Sensationell zog er mit der Mannschaft, die aus europäischen Spielern außerhalb von Russland, Tschechien, Finnland und Schweden, die eigene Teams im Turnier hatten, zusammengestellt wurde, in das Finale gegen Kanada ein, das in zwei engen Spielen verloren wurde.
"Ich würde lügen, wenn ich nicht zugeben würde, danach das eine oder andere Gespräch geführt, das eine oder andere Angebot geprüft zu haben", gab Krueger auf Nachfrage zu. "Noch vor drei, vier Jahren hätte ich wohl blind Ja gesagt." Doch seine Zeit in Southampton war noch nicht abgelaufen. Bereits damals war er in Buffalo im Gespräch, wie sich jetzt herausstellte.
Dass der 59-jährige Krueger, trotz seiner langjährigen Abwesenheit, ein ausgesprochener Eishockeyexperte ist, bewies er nicht nur beim World Cup of Hockey, sondern auch in dem exklusiven Gespräch mit NHL.com/de in Helsinki. Dabei erzählte er viele interessante Geschichten und zeigte, dass ihm das Eishockey nach wie vor sehr am Herzen liegt und für ihn von großem Interesse ist.

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"Die Wahrscheinlichkeit, dass ich einen Job bei einem anderen Fußballklub übernehme, ist klein", betonte Krueger bereits im November 2018. "Wahrscheinlicher ist, dass ich ins Eishockey zurückkehren werde. Und dort sehe ich mich eher wieder an der Bande als in der Führungsetage. Die paar Wochen vor einem Jahr mit der europäischen Auswahl am World Cup waren kurz. Doch sie waren wie ein Heimkommen. Alles war ganz einfach und natürlich. Ich brauchte keine Anpassungszeit und hatte unglaublichen Spaß. Eishockey liegt mir einfach im Blut."
Jetzt findet seine Karriere im Eishockey kurz nach seinem 60. Geburtstag, den er am 31. August feiern wird, eine Fortsetzung, wenn er zum Trainingscamp der Sabres im September das Eis betreten wird. Die Buffalo Sabres haben Krueger am Mittwoch als neuen Trainer verpflichtet.
Seine Karriere als Trainer begann er als Assistent beim EV Duisburg, ehe er den österreichischen Klub VEU Feldkirch zu fünf Meisterschaften in Folge und sensationell zum Titel in der damaligen Europaliga der Meister im Jahr 1998 coachte. Es folgte der Wechsel zum Nationaltrainer der Schweiz, die er in der A-Gruppe etablierte und zu drei Olympischen Spielen führte. Im Jahr 2010 ging er zu den Oilers in den NHL zunächst als Assistent, zu deren Trainer er zur Saison 2012/13 befördert wurde. Die aufgrund des Arbeitskampfes in der NHL verkürzte Saison reichte nicht zur Qualifikation für die Stanley Cup Playoffs und Krueger wurde entlassen. Ein Schritt, der allgemein als überhastet beurteilt wurde.
Dass er anschließend trotz seines Wechsels in den Fußball die Bindung zum Eishockey nicht verlor, bewies er in mehrfacher Hinsicht. "Als ich beim World Cup of Hockey wieder eine Eishockey-Kabine betrat, zog mich der einzigartige Geruch sofort wieder in den Bann", betonte Krueger in Helsinki, wohlwissend, dass es dort wegen dem Schweiß nicht besonders gut riecht. Doch muffelnde Ausrüstung, das gehört eben unweigerlich zum Eishockey wie ein Krueger hinter der Bande.

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"Das ganze Eishockey ist unglaublich schnell geworden und es gibt keinen mehr in der Mannschaft, der auf den Schlittschuhen weniger gut ist oder technische Mängel hat", analysierte Krueger messerscharf, was seit seinem Abschied im Eishockey geändert hätte. "Eishockey hat sich in den letzten 20 Jahren im physischen und technischen Bereich unglaublich entwickelt. Andere Sportarten sind nicht so vielseitig und können diese Entwicklung gar nicht haben."
Es hörte sich wie eine Liebeserklärung an. Der verlorene Sohn kehrt heim und in Europa drücken sie ihm die Daumen, dass er dieses Mal erfolgreicher sein wird und Buffalo in die Playoffs führen wird. Denn obwohl immer mehr europäische Spieler in die NHL kommen, sind europäische Trainer weiterhin die große Ausnahme.
Insofern möchte man Krueger zurufen: "Willkommen zurück im Eishockey und in der NHL!" Und er würde galant wie immer ein ehrliches und aufrichtiges "Danke" folgen lassen.