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Als Jonathan Marchessault am Freitag einen abgefälschten Querpass von Shea Theodore mit dem Handschuh aus der Luft pflückte und vom linken Bullykreis zum Schuss ansetzte, hielt es in der T-Mobile Arena kaum jemanden mehr auf seinem Sitz. Es lief die zweite Minute der Verlängerung einer hart umkämpften Partie gegen die San Jose Sharks und die Entscheidung lag in der Luft.

Marchessault machte eine Körpertäuschung und versuchte sein Glück mit einem flachen Schlenzer. Sharks-Schlussmann Aaron Dale und Center Joe Thornton, der sich zur Verteidigung im Torraum positioniert hatte, besaßen keine Abwehrchance und auch Marc-Edouard Vlasic kam zu spät herbeigeflogen, um Marchessault beim Abschluss zu stören.

So fand das Spielgerät seinen Weg über die Torlinie der Gäste und löste einen Freudensturm bei den Anhängern der Vegas Golden Knights aus. Die Golden Knights hatten soeben nicht nur ihrem satten Konto weitere Punkte hinzugefügt, sondern auch einen 100 Jahre alten Rekord eingestellt.
Seit der Saison 1917/18 gelang es keiner Mannschaft mehr, in ihrer ersten Saison acht Heimsiege in Folge zu feiern. Mit ihrem jüngsten Erfolg gegen die Sharks zog Vegas nun mit den Toronto Arenas gleich. Die Heimbilanz des Erweiterungsteams steht aktuell bei 9-1-0.
Schon wenige Tage zuvor sorgte der Pacific-Division-Tabellenführer aus der Wüste für Schlagzeilen, als er einen ebenfalls aus der Saison 1917/18 datierten Rekord erreichte. 13 Siege aus den ersten 20 NHL-Spielen hatten bis dato nur die Montreal Canadiens geschafft.

Gallant

Es scheint so, als ob die Rekordjagd von Vegas kein Ende nehmen wird. Die Golden Knights trotzten in den ersten Monaten ihres Bestehens zahlreichen widrigen Umständen und ließen sich auch von diversen Verletzungssorgen nicht stoppen.
Der Punkterekord für ein Expansion Team ist für die Golden Knights greifbar. In der Spielzeit 1993/94 erreichten die Florida Panthers 83 Zähler. Doch Vegas liegt den damaligen Panthers weit voraus: Von den ersten 20 Spielen hatte Florida nur acht für sich entschieden.
Die Golden Knights spielen zurzeit weit außerhalb der Sphären, die die ehemaligen Expansion Teams je erreicht haben. Vergleiche mit beispielsweise den Washington Capitals, die in der Spielzeit 1974/75 nur acht Siege (8-67-5) erreichten, verbieten sich für Vegas. Stattdessen fordern die Golden Knights den amtierenden Platzhirschen der Liga einiges ab und haben sich in den vergangenen Wochen zu einem ernstzunehmenden Playoff-Anwärter gemausert. Seit der Ligaerweiterung 1967/68 gelang keiner Mannschaft in ihrer Premierensaison der Sprung in die Stanley Cup Playoffs. Vegas könnte nun mit dieser Tradition brechen.
Der Zwischenstand zur Thanksgiving-Zeit ist ein ernstzunehmender Gradmesser und die Statistiken sprechen eine klare Sprache für die Golden Knights. Seit der Saison 2005/06 schafften 89,9 Prozent der Teams, die nach 20 Partien mindestens 27 Punkte gesammelt hatten, auch den Einzug in die Postseason. Von 69 Clubs fielen nur sieben aus dem Raster. Und für diejenigen, die das noch nicht überzeugt hat: Im gleichen Zeitraum gab es nur eine Mannschaft, die in ihren ersten 20 Spielen mehr Tore schoss als Vegas und trotzdem die Stanley Cup Playoffs verpasste - die Los Angeles Kings in der Spielzeit 2005/06.