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Während der Saison 2019/20 wird das Team von NHL.com/de jeden Samstag in der Rubrik "Writer's Room" wichtige Themen der Liga diskutieren und analysieren. In dieser Ausgabe: Die besten nativen Spieler der Dekade.

Nur noch wenige Tage, dann beginnt mit dem Jahr 2020 eine neue Dekade. Ein guter Anlass einmal intensiver auf die bedeutendsten NHL-Spieler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zwischen den Jahren 2010 und 2020 zu blicken. Es hat sich viel getan in der NHL in den vergangenen Jahren, auch und gerade in der Gruppe der deutschsprachigen Spieler in der Liga.
Die älteren unter unseren Lesern werden sich vermutlich gut daran erinnern können, als Uwe Krupp als erster Deutscher im Jahre 1996 den Stanley Cup mit den Colorado Avalanche gewinnen konnte.
Was damals aus deutscher Sicht eine bis dahin einzigartige Leistung war, hat inzwischen erfreulicherweise einige Nachahmer gefunden. Dennis Seidenberg (Boston Bruins, 2011), Tom Kuhnhackl (Pittsburgh Penguins, 2016 und 2017), sowie Philipp Grubauer (Washington Capitals, 2018) sorgten allesamt im vergangenen Jahrzehnt dafür, dass der Stanley Cup in den vergangenen Sommern häufiger in Deutschland zu Besuch war, als jemals zuvor in der langen Geschichte dieser Trophäe.
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Die Schweizer Spieler konnten ihre Fans mit insgesamt drei Stanley Cups begeistern. Nachdem David Aebischer als Backup der Avalanche 2001 diesbezüglich vorgelegt hatte, ließ Martin Gerber 2006 mit den Carolina Hurricanes einen weiteren Cup-Gewinn folgen. In dieser Dekade waren die Eidgenossen dann immerhin ein weiteres Mal mit Mark Streit (Penguins, 2017) in der Kategorie der Champions vertreten.
Selbst wenn es bisher kein Österreicher geschafft hat einen NHL-Titel zu erringen, und mit Michael Grabner (Arizona Coyotes) und Michael Raffl (Philadelphia Flyers) erstmals seit zwölf Jahren nur noch zwei in der NHL aktiv sind, so haben die Spieler aus der Alpenrepublik im vergangenen Jahrzehnt ebenfalls durchaus schöne persönliche Erfolge vorzuweisen gehabt.
Stellt sich am Ende dieses Jahrzehnts die Frage: Wer hat uns in dieser Zeitspanne besonders beeindruckt, welcher Spieler ist vielleicht auch ein Stück weit unterschätzt?
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Unsere Autoren haben das in der aktuellen Ausgabe des Writer's Room einmal diskutiert:
Christian Treptow:Das Team der Dekade zusammenzustellen, ist für uns in Deutschland sicherlich etwas leichter, da wir nicht die Auswahl an Spielern haben wie zum Beispiel in Kanada, Russland oder Schweden. Auf der einen oder anderen Position ist es allerdings doch ein bisschen knifflig geworden. Das fängt für mich schon bei den Torhütern an. Philipp Grubauer (Colorado Avalanche) hat hier aus meiner Sicht die Nase knapp vorne vor Thomas Greiss (New York Islanders). Der Grund ist einfach: Der gebürtige Rosenheimer hat einen Stanley Cup Vorsprung. Grubauer holte 2018 den Cup mit den Washington Capitals. Beim Playoffstart war er sogar die Nummer eins, hatte Braden Holtby verdrängt. Doch in den ersten Partien agierte er unglücklich und Holtby rückte wieder zwischen die Pfosten. Grubauer und Greiss mussten die harte Schule als Nummer zwei durchleben. Und beide haben sich mittlerweile als NHL-Torhüter etabliert.
Das Abwehrgespann davor bilden Christian Ehrhoff und Dennis Seidenberg. Beide standen sich 2011 im Stanley Cup-Finale gegenüber - mit dem besseren Ausgang für Seidenberg und die Boston Bruins. Weshalb Seidenberg für mich Verteidiger Nummer eins und Ehrhoff die Nummer zwei ist. Ehrhoff, der nach dem verlorenen Finale von den Vancouver Canucks zu den Buffalo Sabres wechselte, hatte zwar die besseren Statistiken. Seidenberg war dafür defensiv etwas stärker. Als Center ist Leon Draisaitl unangefochten. Seine Aktionen sind so spektakulär, dass er, wenn er verletzungsfrei bleibt, noch lange die gegnerischen Verteidiger austanzen wird.

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Auf den Flügeln wird's dann wieder etwas schwieriger. Ich habe mich für Tom Kühnhackl und Dominik Kahun entschieden. Kühnhackl ist zwar bei Weitem nicht so talentiert wie etwa Draisaitl. Doch er war zur richtigen Zeit am richtigen Ort und hat zweimal mit den Pittsburgh Penguins den Stanley Cup gewonnen. Er ist ein typischer Arbeiter der dritten oder vierten Reihe. Innerhalb einer Saison ist von Stammplatz über Healthy Scratch, Waiver Liste und Farmteam alles drin.
Dominik Kahun ist zwar erst in seiner zweiten Saison. Aber er hat in Chicago gezeigt, dass er auf NHL-Niveau eine gute Rolle in einer der ersten beiden Sturmreihen spielen kann. Das zeigt er nach leichten Startschwierigkeiten auch in Pittsburgh und verdrängt damit hauchdünn Jochen Hecht, der nach der Saison 2012/13 und fast 900 NHL-Spielen seine Karriere in Nordamerika beendete.
Auch für Marco Sturm ist auf dem Eis bei mir kein Platz, auch wenn er auf eine gute NHL-Karriere mit dem Höhepunkt Siegtor beim Winter Classic 2010 zurückblicken kann. Aber Sturm ist bei mir der Mann hinter der Bande, der das Team als Trainer lenkt.
Christian Göbel: In vielen Punkten kann ich Christian Treptow zustimmen. Auch ich sehe Grubauer im Tor vor Greiss, wobei beide nachgewiesen haben, dass sie zu den besseren Torhütern der NHL gehören. Nicht unerwähnt bleiben sollte hier noch der Schweizer Jonas Hiller, der bis 2016 in der NHL aktiv war und besonders bei den Anaheim Ducks zwischen 2007 und 2014 zu überzeugen wusste. Am Ende würde ich im Tor dennoch Grubauer wählen. In der Verteidigung ist die Auswahl schon deutlich größer. Die erwähnten Seidenberg und Ehrhoff sind aus deutscher Sicht sicher weit vorne, doch mit Roman Josi enteilt ein Schweizer den beiden Deutschen doch deutlich. Der Verteidiger ist bei den Nashville Predators Kapitän und absoluter Leistungsträger. Als einer der besten Verteidiger der Liga darf er in einem Top-Team der Dekade sicher nicht fehlen. Und was ist eigentlich mit Mark Streit, der muss hier sicher auch erwähnt werden.

NSH@OTT: Josi übers ganze Eis zum Ausgleich

Wenn der Blick etwas weiter gelegt wird, dann sollte auch Moritz Seider noch eine Erwähnung finden, der Sprung in dieses Team gelingt zwar nicht, doch die Vorzeichen für eine Erwähnung Ende 2029 scheinen gut. Im Angriff geht kein Weg an Leon Draisaitl vorbei. Der Kölner entwickelte sich neben Connor McDavid zu einem absoluten Superstar der Liga und kämpft um den Titel des Top-Scorers.
Neben Draisaitl sehe ich auch Nico Hischier als Teil des Teams der Dekade. Zwar konnte der Schweizer Angreifer noch nicht die großen Taten vollbringen, doch das unzweifelhafte Talent rechtfertigt seine Erwähnung. Und dann gibt es noch viele andere Spieler, die hier genannt werden könnten. Hecht, Sturm, Kahun, Timo Meier, oder doch ein ganz anderer. Ich kann mich hier nicht entscheiden, da jeder der Akteure seine Vorzüge hat. Am Ende besteht das Team zum Glück ja nicht nur aus den Starting-Six, sondern aus mehr Spielern, so dass alle Platz haben würden.
Robin Patzwaldt: Wenn ich an die aus meiner Sicht herausragenden Akteure aus Mitteleuropa des vergangenen Jahrzehnts denke, dann komme auch ich an Leon Draisaitl nicht vorbei. Was mich in diesem Falle besonders fasziniert, das ist die Tatsache, wie schnell sein Aufstieg vonstattenging. Ich erinnere mich noch sehr gut an das Jahr 2016. Damals musste sich Draisaitl bei einer DEB-Pressekonferenz in Oberhausen, bei der ich vor Ort war, vielen kritischen Fragen stellen. Er war kurz zuvor noch aus dem NHL-Team der Oilers aussortiert und zurück ins Farmteam geschickt worden. Das ist alles gar nicht so lange her, selbst wenn es einem aus jetziger Sicht ewig her zu sein scheint.

MTL@EDM: Draisaitl bringt die Oilers rasch in Führung

Der zweite Spieler, den ich nennen möchte, das ist Tom Kühnhackl. Wenn er auch aktuell keine allzu große Rolle spielt, sind seine zwei Stanley Cup Titel doch etwas, das ihn von allen anderen deutschsprachigen Spielern des vergangenen Jahrzehnts unterscheidet.
Stefan Herget: Leute, vergesst nicht Thomas Vanek als Aushängeschild der Österreicher. Zwar hatte dieser seine beste Zeit zum Anfang der Karriere im vorhergehenden Jahrzehnt, doch seine Gesamtbilanz, auf die er mittlerweile kommt ist besser als die von den hier schon genannten Sturm und Hecht. In 1.029 NHL-Spielen schoss der gebürtige Wiener 373 Tore und bereitete weitere 416 zu 789 Punkten vor.
Schade, dass er trotz seiner immerhin noch 36 Punkten in 64 Spielen der vergangenen Saison keinen weiteren Vertrag bekommen hat und wahrscheinlich seine Karriere beenden muss. Den sympathischen Vanek wäre zu gönnen gewesen, einen besseren Abschluss seiner Karriere zu bekommen.