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Als Tom Rowe in der Saison 2014/15 San Antonio in der American Hockey League trainierte, gaben ihm seine Spieler den Spitznamen T-Rex.
"Wenn ich während des Trainings oder nach einem Spiel verärgert war, dann habe ich vielleicht wie ein T-Rex ausgesehen", merkte ein lachender Rowe an. "Ich habe nicht nachgefragt, wieso sie auf diesen Namen gekommen sind und er hat mir auch nichts ausgemacht. Ich wusste, dass es den Spielern Spaß bereitete, mich so zu nennen."
Er ist kein Dinosaurier - obwohl.

Rowe, 60, hat seine gesamte Karriere damit verbracht sich als Spieler, Broadcaster, Scout, Trainer und Führungskraft zu entfalten. Er beschäftigte sich mit Analytiken, bevor es in der NHL den Trend dazu gab. Er besuchte Schulen und suchte Studenten, die ihm behilflich sein könnten, das Spiel auf eine innovative Art und Weise zu analysieren.
Jetzt, als Trainer und General Manager der Florida Panthers, wird er auch hinzulernen und adaptieren, wie sie zu einem schnellen, bewandten Stanley Cup Championship Team, wie es die Pittsburgh Penguins eines sind, werden. Am Donnerstag treten sie im BB&T Center gegeneinander an.
Nachdem Rowe am 28. November das Amt von Gerard Gallant übernommen hatte, teilte er seinen Mitarbeitern und den Spielern mit, dass er anders sein werde als in der AHL. Er erwähnte, dass er einiges verlangen würde und auf die Spieler Verantwortung übertrage. Auf diesem Niveau haben es Spieler nicht nötig, dass man ihnen so häufig erzählt, was sie zu tun haben. Er respektiert sie und erwartet auch von ihnen Respekt.
"Sie waren schon ein bisschen nervös nun T-Rex zu sehen, doch er räumte den ihm vorauseilenden Ruf schnell weg", sagte Assistant General Manager Eric Joyce.
Rowe erzählte, er habe mit Stürmer Vincent Trocheck ein Einzelgespräch geführt, da sie in San Antonio aneinandergeraten waren. Wir hatten keine schlechte Beziehung. Trochek wollte das Spiel machen und obwohl Rowe nicht weniger Offensiv spielen mochte, hatte er eine genau Vorstellung davon, wo es auf dem Eis angebracht ist.
"Ich habe ihm gesagt, 'Hier ist nicht San Antonio'", erzählte Rowe. "'Ich werde dir nicht wie dort im Nacken sitzen. Du hast einen weiteren Schritt gemacht. Du weißt was man erwartet. Spiel einfach.' Und er antwortete 'Ja, ich hab's kapiert.'"
Klingt das nach einem Fossil?
"Ich weiß, dass ich 60 bin und manche darauf schauen, 'Mann, o, Mann, Ich kann nicht glauben, dass sie einen 60-Jährigen als Cheftrainer angeheuert haben'", sagte Rowe. "Aber ich bin ein ziemlich progressiv denkender Mensch und neuen Ideen gegenüber aufgeschlossen. Ich möchte immer wieder etwas Neues ausprobieren. Wenn ein Spieler auf mich zukommt, mir sagt wie man etwas anders umsetzen kann, und ich glaube, dass es eine gute Idee ist, dann werden wir es versuchen. Ich bin ein ziemlich aufgeschlossener Mensch."
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Rowe war nie darauf erpicht Trainer zu werden. Er spielte sieben Spielzeiten als Stürmer der Washington Capitals, Hartford Whalers und Detroit Red Wings in der NHL und er war der erste in den USA geborene Spieler, dem in einer Saison 30 Tore gelangen. In der Spielzeit 1978/79 schoss er 31 Treffer für die Capitals.
Nachdem er seine Spielerkarriere beendet hatte, arbeitete er als Rundfunkmoderator, Assistant General Manager und Scout für die Whalers, die im Jahre 1997 die Carolina Hurricanes wurden. 2001 fragte ihn Hurricanes GM Jim Rutherford, ob er den Posten des Assistenztrainers für Lowell in der AHL übernehmen möchte.
"Er sagte mir, 'Versuche es für ein Jahr. Sollte es dir nicht gefallen, dann kannst du Scout bei uns werden'", sagte Rowe. "Ich habe den Trainerjob zu lieben gelernt. Das ist nach Spieler zu sein, das Zweitschönste."

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Rowe verbrachte von 2001-06 drei Spielzeiten als Assistent und zwei als Trainer in Lowell. In dieser Zeit las er auch das Buch "Moneyball" von Michael Lewis, das davon handelt wie die Oakland A's im Baseball Analytiks nutzen.
Er rief den Studiendekan des Economics Department der University of Massachusetts-Lowell an und fragte ihn, ob er mit Studenten sprechen dürfe, die für ihn Statistiken erstellen könnten. Er kontaktierte einen Studenten namens Mike Thibault.
"Hast du jemals 'Moneyball' gelesen?" fragte ihn Rowe.
"Nein", lautete Thibaults Antwort
Rowe gab ihm das Buch.
"Geh nach Hause und lies es", bat ihn Rowe. "Solltest du dann in ein paar Wochen zurückkommen dann sag mir, was du davon hältst."
Thibault las das Buch über Nacht und kam am nächsten Tag zurück. Thibault, Rowe und Assistent Scott Allen hatten lauter Ideen. Thibault blieb bis in die Morgenstunden wach, verglich manuell Daten und hatte vor jedem Spiel Berichte für die Trainer parat. Er erkannte zum Beispiel welche Spieler schwer aus der eigenen Zone kommen oder welche Spieler am häufigsten den Puck verlieren.
"Es waren sehr, sehr grundsächliche Informationen, doch sie waren konkret", sagte Rowe.
Rowe verwendete sie zur Vorbereitung auf den Gegner und zur Gestaltung des Spielertrainings. Thibault bekam den Spitznamen "Theo", benannt nach Theo Epstein, der zum jüngsten GM in der Geschichte der Major League Baseball wurde, als ihn 2002 mit 28 Jahren die Boston Red Sox angeheuert hatten. Epstein gewann die World Series mit den Red Sox 2004 und 2007 und er gewann sie in diesem Jahr mit den Chicago Cubs. Thibault arbeitet jetzt als Assistant Equipment Manager für die New Jersey Devils. Allen ist Assistent bei den Panthers.
"Ich musste schon etwas lachen, als jedermann auf die Analytiks Schiene gesprungen ist, da Scott Allen und ich sie schon seit 13, 14 Jahren einsetzen", sagte Rowe.
Rowe war von 2006 bis 2008 Coach von Albany in der AHL und von 2008 bis 2011 Assistent bei den Hurricanes. Carolina bediente sich einer Firma mit dem Namen Coleman Analytics, ein Beteiligungsunternehmen von Richard Coleman, einem in San Francisco beheimateten Statistiker, und von Mike Smith, dem ehemaligen GM der Chicago Blackhawks. Rowe sagte, dass es ihm geholfen habe, Dinge zu erkennen, die man mit dem bloßen Auge nicht sieht, vor allem bezüglich gegnerischer Spieler.

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"Aus den Analytiks konntest du lesen, ob, sagen wir einmal ein Kerl aus der dritten Reihe, einen richtigen Lauf über die letzten sieben, acht Spiele hatte", sagte Rowe. "Die Berichte haben es aufgedeckt und du konntest darüber in den Spielvorbereitungsmeetings sprechen. 'Jungs, die verhalten sich in den verschiedenen Zonen auf dem Eis so-und-so. Von dieser Stelle schießt er den Puck. Passt auf!'"
Rowe verbrachte von 2012 bis 2014 zwei Spielzeiten als Trainer bei Yaroslavl in der Kontinental Hockey League, bevor er nach San Antonio in die Organisation der Panthers zurückkehrte. Vergangene Saison begann er als Trainer von Portland in der AHL nachdem die Panthers ihr Farmteam umgezogen hatten, dann wurde er am 1. Januar Associate GM der Panthers und am 16. Mai GM.
"Er sieht das Spiel aus verschiedenen Perspektiven und er weiß, dass ihm objektive Daten helfen", sagte Joyce. "Zahlen sind nicht alles, aber sie helfen uns bei unserem Entscheidungsprozess. Er ist jeder Hilfe gegenüber offen. Für einen 60-jährigen Mann ist das sehr ungewöhnlich. … Wenn du nicht mehr dazulernst, dann stirbst du. Er hat sich das zu eigen gemacht."
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Analytiks sind nichts Neues mehr.
"Jeder nutzt sie jetzt", sagte Rowe. "Bis zu einem gewissen Grad. Es hängt davon ab, auf welchem Level du sie verwendest."
Die Panthers haben einen Director of Hockey Analytics, Brian MacDonald, und mit Steve Werier einen weiteren Assistant GM, der sein Augenmerk auf Zahlen legt. Joyce nannte Rowe einen Hybriden, sagte, "Er wertschätzt die Zahlen, er beurteilt aber auch mit dem Auge -- Gutes, altes Eishockey und seine Merkmale." Rowe und Joyce betonen, dass es eine gemeinschaftliche Herangehensweise ist.
Wenn es um Personalfragen geht, dann haben die Zahlen ein Gewicht. Zum Beispiel, die Verpflichtung von Verteidiger Mark Pysyk und der Stürmer Jonathan Marchessault und Colton Sceviour. Sie würden gerne ihr Team ähnlich denen der Penguins, Chicago Blackhawks oder Tampa Bay Lightning umbauen, da sie glauben, dass Schnelligkeit und Fähigkeiten zu einem anhaltenden Erfolg führen.
Geht es um die Trainerseite, dann analysieren sie Trends über fünf oder zehn Spiele, wenn sie sich auf eine Partie vorbereiten. Suchen nach Bereichen, die sie auswerten können, erlauben es aber auch, dass man hinter der Bande nach Gefühl handelt. Oder wie es Joyce ausdrückte, "Wir sehen jedes Spiel als eine zufällige Stichprobe an."
"Wenn ich Spieler aufs Eis schicke, damit ich eine bestimmte Reihe außen habe, dann habe ich das nach meinem Plan und erwarte mir einen Vorteil davon", sagte Rowe. "Das macht vermutlich auch [Toronto Maple Leafs Trainer] Mike Babcock. Das macht vermutlich auch [Chicago Coach] Joel Quenneville. Das machen andere Trainer in der Liga. Ich bin mir nicht sicher, ob ich wirklich ein Geheimnis verrate. Machen wir das bei jedem Spiel? Nein."
Rowe sagt, dass es der nächste Schritt wäre, einen Weg zu finden, wie man die Analytiks besser fürs Coaching verwenden kann.
"Wir haben bisher noch keine gute Formel gefunden", sagte er. "Wir würden es gerne häufiger auf der Trainerseite verwenden, damit wir daraus eine Spielstrategie für jeden Abend entwickeln können. Wir sind noch nicht so weit. Wir bekommen Informationen, die einen Sinn ergeben, doch ich bin mir nicht zu 100 Prozent sicher, das alles perfekt ist. Daran müssen wir arbeiten und versuchen besser zu werden."
Die Evolution geht weiter.
"Ich weiß, dass ich den Ruf habe, ein alter Dinosaurier zu sein", sagte Rowe, "doch davon bin ich weit entfernt."