Thomas Greiss träumt in NY von mehr Spielzeit
von Stefan Herget„Ein bischen wenig Schlaf zur Zeit“, sagt ein sichtlich gut gelaunter Thomas Greiss, als ich ihn für NHL.com/de am Telefon spreche. Der Grund dafür liegt auf der Hand und ist ein äußerst positiver. Der 29-jährige Deutsche ist erst vor kurzem zum ersten Mal Vater einer Tochter namens Penelope geworden und deswegen überglücklich.
Die zuletzt bewegten Zeiten fasst er kurz und knapp zusammen: „Erst der neue Vertrag, dann der Umzug und jetzt die Geburt unserer Tochter“. Neben dem privaten Glück hat sich für Greiss auch beruflich einiges getan.
Sein Ein-Jahres-Vertrag bei den Pittsburgh Penguins lief im Juni aus und beide Seiten hatten offenbar kaum Ambitionen die Zusammenarbeit fortzusetzen. Zumindest gibt Greiss zu Protokoll, dass es keinerlei ernsthaften Gespräche darüber gegeben hätte, ob der Vertrag verlängert werden würde oder nicht. „Für beide Seiten war es nur die zweite oder dritte Wahl. Es war zwar nicht so, dass gar nicht darüber geredet wurde, aber die Ernsthaftigkeit, dass etwas erreicht wird, war irgendwie nie gegeben“, schildert der Allgäuer die Verhandlungen. Somit wäre schon früh klar gewesen, dass es bei dem kurzen Engagement von einer Saison bleiben würde.

Doch wie ist es möglich, dass am ersten Tag der Wechselfrist bereits sehr früh Abschlüsse vermeldet werden? „Mittlerweile darf man ein paar Tage vorher schon mit anderen Teams reden, zwar offiziell nicht über finanzielle Dinge, sondern nur ob Interesse da ist und wie stark es ist“, klärt Greiss auf. „Für Torhüter geht es normal relativ schnell, weil das Angebot kleiner ist. Jedes Team hat dann seine Rangliste und arbeitet die am 1. Juli ab bis sie eine Zusage haben.“
Greiss, der nun schon seit gut sieben Jahren in der NHL tätig ist, aber erst 89 NHL-Spiele vorweisen kann, weil er bisher nie über den Status eines Backups hinauskam, hat sich in der Liga trotzdem einen guten Namen erarbeitet. Wer ihn verpflichtet, weiß, was er bekommt, nämlich einen grundsoliden Torhüter, der seine Leistung bringt, wenn er benötigt wird, aber ebenso nicht aufbegehrt, wenn er nur im zweiten Glied steht.
Insofern gab es zuvor Anfragen von einigen Mannschaften, ehe Greiss am 1. Juli für zwei Jahre bei den New York Islanders unterschrieb. „Los Angeles war ein Thema, weil dort Rob Blake mittlerweile Vize-GM ist und mit ihm habe ich in San Jose noch zusammengespielt“, erzählt er. „Der hat mich angerufen und mit ihm habe ich etwas geredet. Arizona hätte mir auch wieder gut gefallen. Sie waren auch interessiert, genauso wie ein paar weitere.“
Bei den Arizona Coyotes war Greiss in der Saison 2013-14 bereits tätig, ehe er nach Pittsburgh ging. Leider hatte er es nicht geschafft, das Team in den letzten Saisonspielen in die Playoffs zu bringen, als sich Stammtorhüter Mike Smith verletzt hatte. Wer weiß, was sonst heute wäre? Aber er wirkt nicht unglücklich, wie alles für ihn läuft.
„Mit den Islanders hatte ich schon 2014 gesprochen, hatte mich aber dann den Penguins angeschlossen“, sagt Greiss und begründet gleich darauf, warum er sich auf die Aufgabe freut: „Sie haben ein junges Team mit großem Potenzial und ich hoffe darauf, dass ich mehr Spielzeit bekomme.“
Ein gutes Stichwort, denn mit Jaroslav Halak haben die Islanders eine feste Nummer 1, genauso wie Pittsburgh mit Marc-Andre Fleury und Arizona mit Smith bei seinen Stationen zuvor. Erneut wird sich der geborene Füssener in Geduld üben müssen.
„Hoffentlich bald“, erwidert Greiss lachend auf die Frage, wann seine Zeit kommen wird. „Wenn es nach mir gehen würde gleich, aber es kommt, wenn es kommt.“ Und schon schlägt sein bescheidenes Wesen wieder durch.
Könnte nicht Tim Thomas als Vorbild zählen? Der US-Amerikaner wurde mit 32 Jahren Stammkraft der Boston Bruins und holte als Topverdiener 2011 den Stanley Cup und die Conn Smythe Trophy für den wertvollsten Spieler der Playoffs.
„Es gibt einige Beispiele, die erst sehr spät Stammtorhüter wurden“, hakt Greiss ein. „Es spielen halt einige Faktoren herein, wo man Glück haben muss, dass es klappt und die Möglichkeit bekommt zu spielen und dann muss es auch laufen.“
Zwei seiner Landsleute und Teamgefährten in Pittsburgh sind immer noch ohne Vertrag. Stürmer Marcel Goc und Verteidiger Christian Ehrhoff suchen ein neues Engagement. Greiss ist davon überzeugt, dass er sie in der NHL wiedersehen wird. „Christian schaut sich den Markt sehr genau an und will sich aussuchen, wo er hinkommt“, sagt er. „Als Verteidiger hast du da etwas mehr Zeit als ein Torhüter und es ist sein gutes Recht. Bei Marcel weiß man nie. Er ist ein guter Spieler und wird schon seinen Platz noch finden, dass er ein paar Jahre noch hier spielen kann.“
Zwei Jahre hat Greiss nun selbst Vertrag bei den Islanders, verbunden mit einer Gehaltsaufbesserung von zuletzt einer Million auf 1,5 Millionen Jahressalär. Wir dürfen gespannt sein, was daraus wird und ob der sympathische Schlussmann hier seinen Durchbruch schaffen kann.