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Titelverteidiger, gerade auch in der NHL, tun sich häufig schwer nach einem großen sportlichen Erfolg die Spannung im Team, den Erfolgshunger aufrecht zu erhalten.

Es gibt aus der Vergangenheit viele Beispiele dafür, dass die notwendige Konzentration und die grundsätzliche Leistungsbereitschaft in der ersten Phase nach einem sportlichen Triumph zunächst einmal um ein paar Prozentpunkte nachlassen.
Das ist nur allzu menschlich, obwohl alle Verantwortlichen, diesen stets drohenden Spannungsabfall nach dem Erreichen eines großen Zieles immer zu bekämpfen versuchen.
Den St. Louis Blues, die im Stanley Cup Finale gegen die Boston Bruins ihre erste Meisterschaft überhaupt feiern konnten, nachdem sie das Ostküstenteam in sieben Spielen mit 4:3-Siegen bezwungen hatten, ist das in den ersten Wochen der neuen Saison gelungen.
Nach den ersten zwölf Saisonspielen der Spielzeit 2019/20, rangieren die Blues mit einer Bilanz von 6-3-3 und angesammelten 15 Punkten in der Tabelle der Central Division auf Rang drei, punktgleich mit den unmittelbar vor ihnen platzierten Nashville Predators, die in dieser Runde erst elf Spiele absolviert haben. Sportlich ist Ende Oktober also alles im Lot bei den Champions aus St. Louis.

STL

Am Montag erreichte dann plötzlich eine Hiobsbotschaft die sportliche Leitung in St. Louis, die mit einem Schlag die gesamte Saisonplanung durcheinander gewürfelt hat und die ambitionierten Saisonziele akut zu gefährden droht.
Angreifer Vladimir Tarasenko fällt für mindestens fünf Monate aus. Er muss sich am Dienstag einer Schulteroperation unterziehen.
Damit steht der Starstürmer dem Team frühestens Ende März, kurz vor Beginn der kommenden Stanley Cup Playoffs, wieder zur Verfügung. In welcher sportlichen Form er sich dann befinden wird, das muss abgewartet werden.
"Es ist hart", beklagte Teamkollege Ryan O'Reilly. "Er hat eine immense Bedeutung für unsere Mannschaft. Das wird großen Einfluss auf uns haben. Wir müssen uns erheblich steigern, wenn er jetzt nicht mehr mit dabei sein kann."
Der Russe zog sich die Verletzung am 24. Oktober beim 5:2-Erfolg gegen die Los Angeles Kings zu. Im ersten Spieldrittels geriet er mit Abwehrspieler Sean Walker aneinander, musste das Eis gut sechs Minuten vor dem Ende des Durchgangs vorzeitig verlassen und kehrte anschließend nicht wieder auf das Eis zurück.

alex pietrangelo

Wie sich herausstellte, erwischte es den 27-Jährigen ausgerechnet einmal mehr an seiner linken Schulter, an der er sich schon während der vergangenen Playoffs im Frühsommer und zuvor in der Saison 2017/18 verletzt hatte.
In den zehn Spielen, die er in dieser Saison absolviert hat, gelangen Tarasenko zehn Punkte (drei Treffer, sieben Vorlagen). Im Vorjahr waren seine 33 Saisontreffer in 76 Spielen der Bestwert in Reihen der Blues. Hinzu kamen weitere elf Tore in den Playoffs, auf dem Weg zum Gewinn des Stanley Cups.
In den vergangenen fünf Jahren brachte es der Stürmer immer auf mindestens 76 Saisoneinsätze. In der Spielzeit 2013/14 waren es lediglich 64. In der laufenden Saison werden es deutlich weniger sein, so viel steht jetzt schon fest.
Die erste Begegnung ohne ihn, verloren am Samstag die Blues mit 0:3 in Boston. Am Sonntag folgte ein mühsamer 5:4-Sieg nach Verlängerung bei den Detroit Red Wings.
Jetzt gibt es die Gewissheit, dass Tarasenko so rasch nicht zurückkehren wird. In den kommenden fünf Monaten wird der Titelverteidiger mit Sicherheit ohne seine prominente Offensivkraft auskommen müssen. Soviel steht schon einmal fest. Dann soll die mehrfach lädierte Schulter erneut intensiv begutachtet und überprüft werden, wie weit er auf seinem Genesungsweg ist.
"Bis dahin müssen einige Jungs für ihn in die Bresche springen", gab David Perron zu Protokoll. "Wenn wir etwas Positives daraus ziehen wollen, dann dies, dass es in den kommenden Wochen eine tolle Gelegenheit für die anderen gibt, sich zu beweisen. Die jungen Spieler bekommen entsprechend mehr Eiszeit und können ab sofort gemeinsam mit besseren Mitspielern agieren. Jetzt kann jeder zeigen, was er so draufhat."

STL@DET: Perron markiert Siegtor in der Overtime

Wie gut die Nachrücker den hohen Ansprüchen eines Titelverteidigers in der Realität gerecht werden können, wird die Eishockeywelt erst in einigen Wochen oder Monaten wirklich sagen können. Fakt ist, dass der Ausfall ihres Stürmerstars den Blues eine ganz neue, völlig unerwartete Hürde mit auf dem Weg in die Playoffs 2019/20 gestellt hat.
Wie die Reise in St. Louis ohne Tarasenko weitergehen wird, das wird in jedem Falle spannend zu beobachten sein. Die nächste Herausforderung wartet am Mittwoch auf die Blues, wenn sie die Minnesota Wild empfangen werden (Do. 1 Uhr MEZ; NHL.tv).