Spieler im Fokus: Bärtschi ist angekommen
von Stefan HergetSven Baertschi liebt es auf Auswärtstouren seine wenige freie Zeit damit zu verbringen, auch einmal durch die fremde Stadt zu laufen und diese zu erkunden. So erzählte er es vergangene Woche gegenüber NHL.com/de. Dazu hatte er zuletzt ausreichend Zeit, denn seit dem 12. Januar waren die Vancouver Canucks an der Ostküste von zu Hause weit weg und kehrten erst am Montag zurück.
Zum Glück ließen sie den dort wütenden Schneesturm vom Wochenende und die betroffenen Metropolen Washington und New York rechtzeitig hinter sich, so dass der Spielplan regulär durchgezogen werden konnte und keine erneute Anreise notwendig wird.
Für Bärtschi war es ebenso aus einem anderen Grund, dem eigentlichen seines Broterwerbs, eine gute Reise. Der 23-jährige Schweizer konnte sowohl in der Begegnung bei den New York Rangers vor acht Tagen, als auch am Donnerstag bei den Boston Bruins jeweils das erste Tor des Abends erzielen.
"Momentan läuft es für mich sehr gut", sagte Bärtschi schon vor dem Auswärtstrip zu uns am Telefon.
"Unsere Linie spielt gut zusammen. Wir kriegen sehr viele Torchancen."

Das sah lange Zeit anders aus, denn es war eine Anlaufphase notwendig, um an den heutigen Punkt zu kommen. Sein erstes Saisontor gelang erst am 8. November und bis Mitte Dezember hatte Bärtschi gerade einmal sechs Scorerpunkte am Konto.
"In den ersten 20 Spielen waren wir auch gut", erzählte Bärtschi.
"Wir haben sehr viel kreiert, aber der Puck wollte einfach nicht reingehen. Jetzt sind wir da erfolgreicher." Mit "Wir" meint der linke Außenstürmer seine Kollegen aus der Sturmreihe Bo Horvat als Center und Radim Vrbata als Rechtsaußen.
Während Horvat und Vrbata jeweils schon 22 Scorerpunkte auf der Habenseite haben, hinkt Bärtschi mit 17 (9 Treffer / 8 Assists) noch etwas hinterher. Das ist aber kein Problem für ihn. Die Nummer 47 der Canucks ist froh, fester Bestandteil der Mannschaft zu sein.
"Du musst dich hier jeden Tag beweisen und jeder Tag ist ein Kampf", verdeutlichte er zum Gerangel um die Plätze in der NHL.
"Überall im zweiten Glied sind auch gute Spieler, die es in die NHL schaffen möchten. Du kannst dich einfach nicht zurücklehnen und es locker nehmen. Jedes Spiel musst du eine Topleistung bringen."
Bärtschi weiß, wovon er spricht. An 13. Stelle bereits in der ersten Runde von den Calgary Flames beim NHL Draft 2011 gezogen, tat er sich schwer, anzukommen. Zwar erfolgte gleich in seinem ersten Jahr eine Berufung in den NHL-Kader, doch ein furioses Debüt mit drei Toren in fünf Spielen nutzte nichts und es ging zurück in die WHL.
Eine Spielzeit später waren es insgesamt 20 Spiele mit immerhin zehn geholten Punkten, doch wieder, von außen betrachtet, die wenig verständliche Rückstufung in die AHL. Auch 2013-14 und 2014-15 reichte es für Bärtschi nicht, um dauerhaft in der NHL Fuß zu fassen.

Im März 2015 der erlösende Wechsel nach Vancouver, wo es zwar zunächst ebenfalls in die AHL ging, aber im Sommer setzte sich Bärtschi schließlich im Trainingscamp durch und ist seitdem fester Bestandteil der Canucks.
"Wenn du eine ganze Saison dabei sein kannst, ist es schon etwas sehr spezielles", freut sich Bärtschi darüber.
"Die letzten zwei, drei Jahre waren es immer vier oder fünf Spiele und dann ging es wieder runter. Der ständige Wechsel zwischen AHL und NHL ist sehr schwierig und erst recht die Motivation hoch zu halten. Wenn du das erlebt hast, dann fühlt es sich umso besser an, wenn du in der NHL angekommen bist und eine volle Saison dabei sein kannst."
Bärtschi hat diese Chance verdient und er will nach Nino Niederreiter von den Minnesota Wild der zweite Schweizer Stürmer sein, der sich dauerhaft in der NHL etabliert. Was sagt er dazu, dass sonst die Schweizer nur Verteidiger und Torhüter hervorbringen?
"Das ist schwierig zu sagen", meint Bärtschi.
"In den letzten Jahren kommen immer mehr Schweizer in die NHL. Aber es ist unheimlich schwer sich durchzusetzen. Wenn wir zum Beispiel Kevin Fiala anschauen, dem geht es zurzeit so, wie es mir die ersten Jahre erging. Ich denke aber, dass er es schaffen kann. Klar momentan sind es nur der Nino und ich, aber es sind einige in der AHL, die es in Zukunft schaffen können, dass auch mehr Schweizer Stürmer da sind."