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An jedem Montag der Spielzeit 2017/18 wird NHL.com/de an dieser Stelle nach Themen suchen, welche etwas abseits des täglichen Spielgeschehens liegen und die Themen beleuchten, welche den Puls der Liga im Hintergrund bestimmen. Sportliche Krisen, ein intensiverer Blick auf die aktuellsten Themen der NHL, grundsätzliche Entwicklungen welche die Diskussionen derzeit bestimmen. Wir sorgen dafür, dass nichts davon unbeachtet bleibt.

Heute beschäftigen wir uns ausführlicher mit der großen Ladehemmung des Sidney Crosby von den Pittsburgh Penguins.
Der Kapitän des Titelverteidigers ist unzweifelhaft einer, wenn nicht gar der beste Eishockeyspieler der vergangenen rund zehn Jahre. Und wenn ein bisher unumstrittener Superstar über längere Zeit nicht ins Tor trifft, dann fällt das auf, dann wird darüber entsprechend diskutiert und gar philosophiert.
Wenn ein solcher Stürmer eben schier unglaubliche elf Spiele lang nicht einnetzt, wie in seinem Fall derzeit zu beklagen, dann kommt das sehr vielen Beobachtern mehr als nur merkwürdig vor, dann wird darüber nach Herzenslust und angeregt debattiert.
Zudem kommt der Weltklassestürmer mit einer Plus-Minus-Bilanz von Minus-14 daher. Letztmalig hatte Crosby in seiner Rookie-Saison ähnliche Werte. Derzeit ist er teamintern mit fünf Saisontoren und dreizehn Zählern insgesamt auf Rang drei der Scorer zu finden, doch damit weit hinter seinen eigenen Ansprüchen zurück.
Müssen wir uns aktuell also tatsächlich ernsthaft Sorgen um den Starspieler der Penguins machen? Schließlich ist er kürzlich ja auch schon 30 Jahre alt geworden und damit längst schon nicht mehr zu den entwicklungsfähigen Jungspunden zu zählen. Wann dürfen die Fans denn bitteschön endlich mit einer Trendumkehr von 'Sid the kid' rechnen?
Nicht nur Penguins-Fans haben längst bemerkt, dass der letzte eigene Treffer ihres Teamkapitäns noch immer vom 20. Oktober datiert. In immerhin elf Anläufen danach gelang dem Kanadier danach kein weiterer eigener Treffer mehr.
Und was macht ein stets erfolgsorientierter Sportler am besten, wenn er in einer beängstigenden Krise zu stecken scheint? Er redet sie möglichst klein um das eh schon angeschlagene Selbstvertrauen hierdurch nicht weiter in den Keller rutschen zu lassen.

"Das habe ich noch gar nicht wirklich realisiert", beschwichtigte Teamkollege Patric Hornqvist jüngst gegenüber der 'Pittsburgh Post-Gazette'. "Er arbeitet unverändert hart, macht immer ein überraschendes Spiel möglich. Wir brauchen derzeit nur wieder etwas mehr Spielglück. Dann wird das schon rasch wieder was."
Ganz so einfach erscheint die Sache im konkreten Falle jedoch nicht. Während für eine große Anzahl von Spielern eine solche Effektivitätskrise im Laufe der Karriere vergleichsweise normal erscheinen würde, ist sie es im Falle eines Crosby eben längst nicht.
Lediglich im Jahre 2008 und in der Saison 2011/12 hatte der Stürmer in seiner bisherigen NHL-Karriere zweimal eine vergleichbare Durststrecke. Vom 3. bis zum 20. Dezember 2008 waren es neun Spiele ohne Tor. Es war seinerzeit allerdings erst sein viertes Jahr in der Liga.
Vom 23. November 2011 bis zum 29. März 2012 waren es damals bisher einmalige zwölf Begegnungen ohne eigenen Torjubel. Zwischendurch jedoch versäumte er damals 40 Spiele verletzungsbedingt, was eine solche Strecke durchaus erklärlich macht.
Corsby selber räumte jüngst die Krise öffentlich ein, versuchte jedoch ebenfalls weiterhin auch das Positive zu sehen. "Es waren ja schon noch einige Großchancen dabei in den vergangenen Begegnungen. Diverse Male traf ich den Pfosten. Aber natürlich hätte auch ich lieber häufiger getroffen im bisherigen Saisonverlauf. Doch solange man Chancen hat geht es noch. Schlimmer wäre es, wenn ich die Torchancen nicht mehr hätte."

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"Natürlich macht es aktuell nicht so viel Spaß, doch der Glaube ist grundsätzlich noch immer da."
Dazu bedarf es wohl einiger Torschüsse mehr. Sein Durchschnittswert an Torschüssen lag über seine gesamte Karriere hinweg bei deutlich über drei pro Begegnung. Zuletzt waren es deutlich weniger. In den ersten neun torlosen Spielen der aktuellen Misserfolgsserie rutschte der Wert auf rund drei pro 60 Minuten.
Kürzlich beim Spiel gegen Arizona blieb er gar zum erst 36. Mal insgesamt in 799 NHL-Spielen völlig ohne eigenen Torschuss. Da fällt es naturgemäß schwer die ungeliebte Durststrecke vor dem Kasten des Gegners zu beenden.
"Klar, ich muss mich wieder besser in Schussposition bringen", erklärte der Stürmer. "Es fehlt da manchmal aktuell aber schlicht ein Stück weit das Glück."
Auch sein Trainer Mike Sullivan bestätigte, dass er sich mit Crosby zuletzt häufiger unterhalten hätte. "Ich habe einige Diskussionen mit ihm gehabt. Doch darin ging es mehr um grundsätzliche Fragen des Spiels, nicht um seine Torausbeute. Es ist aus unserer Sicht nur eine Frage der Zeit bis er wieder trifft."
Allgemein wird seine Unglücks-Serie aktuell von nicht allzu vielen Beobachtern mit großer Sorge verfolgt. Viele sehen es am Ende wie Sullivan, eben als temporäre Erscheinung, wann der erfolgsverwöhnte Stürmer endlich wieder eine Scheibe im Netz des Gegners erfolgreich versenken wird.
"Er ist halt unbestritten einfach der beste Spieler der Welt", lobt Hornqvist den Mannschaftskollegen unverdrossen. "Er wird das Tal durchschreiten und dann am Ende wieder gestärkt aus der Nummer hervorgehen."
Bryan Rust ergänzte: "Die Jungs vertrauen ihm weiterhin. Er trägt insgesamt so viel zu unserem Team bei. Da geht es um viel mehr als um Treffer. Er wird die Kurve wieder kriegen."

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Und auch wenn man sich der immensen Qualitäten von Crosby sicher sein kann, es fällt schon grundsätzlich auf, dass er selbst in den Vorjahren bereits ebenfalls Schwierigkeiten hatte bei Saisonstart auf Touren zu kommen.
Vergleichbare Probleme wurden bereits im Herbst 2015 und 2016 diskutiert. Stets galt er zunächst als Langsam-Starter. Doch so zäh wie in diesem Jahr war es seinerzeit längst nicht. Hier fing sich Crosby stets deutlich schneller.
2015 gelangen Crosby beim Ligastart beispielsweise in 11 Spielen lediglich ein Treffer und insgesamt fünf Zähler. Dies war damals der schlechteste Wert in elf NHL-Jahren.
Natürlich wird er im weiteren Saisonverlauf der Spielzeit 2017/18 mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wieder deutlich besser treffen als zurzeit. Aber es fällt doch deutlich auf, dass es dem Stürmer im Laufe der Jahre immer schwerer zu fallen scheint, nach großen sportlichen Highlights wie dem wiederholten Gewinn des Stanley Cups oder jüngst des World Cup of Hockeys 2016 wieder möglichst schnell in der Liga in Topform zu kommen.
Menschlich natürlich völlig verständlich, denn naturgemäß lässt ein Aktiver sich nach solchen Triumphen erst einmal ein paar Prozente zurückfallen, und sei es nur weitgehend unbewusst. Geringfügige Unterschiede, welche in einer so ausgeglichenen Liga wie der NHL dann den Unterschied ausmachen können.
Die Wetten stehen also unverändert durchaus gut, dass die Torflaute von Crosby schon bald ein Ende finden wird. Ob und inwieweit ihn das aber wieder an die Glanzzeiten vergangener Zeiten heranführen wird, das bleibt vorerst noch abzuwarten.
Es spricht einiges dafür, dass der ganz große Erfolgshunger in diesem Jahr vielleicht doch ein paar Prozentpunkte niedriger ausgefallen sein könnte als erforderlich. Noch ist ausreichend Zeit dies zu korrigieren. Das Gemurmel der Beobachter und die offene Kritik an seinen Statistiken dürften allerdings erst dann wieder völlig verstummen, wenn Crosby die gewohnten Erfolgsbilanzen aufweisen kann.
Der ein oder andere Treffer alleine wird dazu nicht ausreichen. Dazu ist der Plus-Minus-Wert aktuell auch einfach zu schwach für seine Ansprüche.