Sensation perfekt
von Stefan HergetNoch nie hatte bis heute eine Mannschaft in der NHL ein Stanley Cup Finale nach sechs Spielen verloren, wenn sie 0-3 in der Serie hinten lag, denn die beiden einzigen, die soweit kamen, nämlich die Detroit Red Wings 1945, erreichten auch das entscheidende Spiel 7 und die anderen, die Toronto Maple Leafs 1942, gewannen sogar noch die Meisterschaft. Egal, wie das Spiel heute ausgehen würde, das Duell der New Jersey Devils und der Los Angeles Kings würde aufgrund der bisherigen Ergebnisse einen besonderen Platz in die Geschichte einnehmen. Ein Sieg der Kings würde den ersten Stanley Cup Gewinn der Franchise aus dem warmen Kalifornien in ihrer 45-jährigen Geschichte überhaupt bedeuten und im anderen Fall ist es 67 Jahre her, dass, wie erwähnt, im Endspiel ein Team aus einem 0-3 ein 3-3 machen konnte. Das letzte Mal, dass in der heimischen Arena der Cupgewinn gefeiert werden konnte, waren nur ca. 65 Kilometer vom Staples Center entfernt 2007 die Anaheim Ducks.
Interessant war die Frage, wie die Kings darauf reagieren würden, dass sie erstmals in den diesjährigen Playoffs einer richtigen Drucksituation ausgesetzt waren. Auf der anderen Seite hatten sie sich selbst in den beiden letzten verlorenen Spielen gut verkauft und den unbedingten Willen zum Sieg gezeigt, allerdings hatten die Devils das glücklichere Ende dort für sich.
Genau so startete Los Angeles gleich zu Beginn. Sie übernahmen die Initiative und übten sofort Druck aus. Nach zwei Minuten tauchte Jarret Stoll erstmals gefährlich vor Martin Brodeur auf und gleich danach prüfte Slava Voynov den Schlussmann mit einem Schuss. Die erste Überzahl der Gastgeber folgte, aber diese brachte nur nach fast fünf Minuten den ersten Torschuss der Gäste. Diese nutzten den Aufwind der überstandenen Unterzahl, um sich selbst Gelegenheiten zu erarbeiten und den Kings etwas den Schwung zu nehmen. In der 8. Minute hatte Petr Sykora die Führung für New Jersey am Schläger, konnte die Vorlage aber nicht verwerten. Auf der Gegenseite verpasste Justin Williams zu vollstrecken. Nach knapp 10 Minuten ein übler Bandencheck von Steve Bernier gegen Rob Scuderi, der für den Devil mit dem Ende der Partie und einer fünf Minuten Strafe gleichbedeutend war. Es dauerte 53 Sekunden, ehe Dustin Brown(12.pp) von Drew Doughty bedient wurde und zum 1-0 verwerten konnte. Die Überzahl blieb und der Kapitän nutzte gleich die nächste Chance, als er 102 Sekunden später vor das Tor ziehen konnte und mit einem Schuss in den Winkel, abgefälscht von Jeff Carter(13.pp), auf 2-0 erhöhte. Und die Kings hatten noch nicht genug: Dwight King brachte die Scheibe vor das Gehäuse, wo Brodeur sie nicht sichern konnte und Trevor Lewis(16.pp) Danke sagte und einschob. Bernier hatte seinen Farben mit seinem Foul somit einen Bärendienst erwiesen. New Jersey war bemüht wieder Anschluss herzustellen, jedoch wurde Heimgoalie Jonathan Quick kaum ernsthaft geprüft. Lediglich Patrik Elias hatte Pech, als er 30 Sekunden vor der Sirene nur die Latte traf und somit ein positives Moment für die Gäste verpasste.
Alles, was sich New Jersey zum Wiederbeginn vorgenommen haben sollte, wurde bereits nach 90 Sekunden hinfällig, denn Brown war zunächst selbst gescheitert, hatte nach erneutem Erkämpfen des Spielgerätes die Unordnung in der Defensive des Gegners genutzt und Jeff Carter(22.) im Zentrum bedient, welcher mit einem platzierten Schuss zum vierten Mal einnetzen konnte. Die Hausherren blieben trotzdem hungrig und machten keine Anstalten die Kontrahenten noch einmal zurückkommen lassen zu wollen bzw. einen Gang zurück zu schalten. Als Bryce Salvador vier Minuten wegen hohen Stockes kassierte, verbrachten die Kings nahezu die komplette Zeit in der gegnerischen Zone und kreierten Chancen am Fließband. Zur Mitte der Begegnung stand eine Torschussbilanz von 18 zu 5 für L.A. zu Buche. Dies sagte alles aus. Man konnte den Gästen nicht den Willen absprechen und sie wollten sich einfach nicht geschlagen geben, aber die Gastgeber zeigten mehr Einsatz und Kampfgeist, um die Serie hier und heute zu Ende zu bringen. Schade, dass Ryan Carter durch eine unfaire Attacke gegen Quick etwas für Missstimmung sorgte. Hoffnung keimte auf, als Adam Henrique(39.) vor der zweiten Unterbrechung Quick erstmals überwinden konnte, indem Sykora den Puck vor das Tor brachte und sein Teamkollege abstauben konnte, sowie dass die Gäste nach der ersten Strafzeit gegen die Kings mit einer Überzahl in den Schlussabschnitt starten durften.
Diese Überzahl konnten die Devils aber zu Beginn nicht nutzen, geschweige denn sich dort ernsthafte Möglichkeiten zu erarbeiten. Selbst ein weiteres Powerplay verstrich bzw. wurde vorzeitig durch ein dummes Foul von Marek Zidlicky beendet. So verstrich immer mehr Zeit, das Spiel noch einmal eng zu machen. Beeindruckend, wie die Kings ihren Vorsprung nicht nur defensiv verwalten wollten, sondern weiter ihren Weg nach vorne suchten. So konnten schon früh die Feierlichkeiten im weiten Rund steigen. Die Fans konnten selbst noch nicht so recht glauben, was unten auf dem Eis ablief und ihre Mannschaft wirklich kurz vor dem Riesentriumph stand. Trainer Peter DeBoer probierte alles, indem er bereits fünf Minuten vor dem Ende Brodeur zu Gunsten eines weiteren Feldspielers herausnahm, doch Trevor Lewis(57.en) konnte dem Treiben mit dem 5-1 schnell ein Ende setzen. Nur 15 Sekunden machte Matt Greene(57.) sogar das 6-1, als Brodeur wieder in seinen Kasten zurückgekehrt war. Der Jubel im weiten Rund und beim Team auf der Ersatzbank kannte keine Grenzen mehr.
Die Los Angeles Kings haben damit die Sensation geschafft, zum ersten Mal in ihrer 45-jährigen Geschichte den Stanley Cup zu gewinnen. Damit holt ebenfalls zum ersten Mal seit Einführung des jetzigen Playoffformates eine an Nummer 8 gesetzte Mannschaft, die gerade noch in die Meisterrunde gerutscht war, den ältesten Sportpokal. Wer darauf vor der Saison gewettet hätte, wäre jetzt reich. Aber das sind die Geschichten, die der Sport schreibt.
Die Conn Smythe Trophy für den wertvollsten Spieler der Playoffs geht im zweiten Jahr in Folge an einen Torhüter, nämlich völlig zu Recht an Jonathan Quick von den Los Angeles Kings. Mit seinen Werten toppte der 26-jährige Torsteher noch die Bilanz des überragenden Tim Thomas von den Boston Bruins, der letztes Jahr der Titelträger war.