Schweiz mit erstem Sieg nach 60 Minuten
von Alexander Gammel
Die Schweizer hatten sich die IIHF WM 2016 wohl anders vorgestellt, als sie in den ersten drei Spielen verlief. Drei Mal traten sie an, drei Mal ging es in die Verlängerung und das auch noch gegen die vermeintlich schwächeren Gegner. Ausbeute: gerade einmal vier Punkte aus drei Spielen gegen Kasachstan, Norwegen und Dänemark. Lediglich gegen Dänemark erklang nach dem Spiel die eigene Hymne.
Doch das wollten die Eidgenossen nicht auf sich sitzen lassen. Gegen Lettland wollten sie am Mittwoch das Blatt wenden. Und sie taten es in einem absolut verrückten Spiel, dass möglicherweise dem ein oder anderen Schweizer Fan ziemliche Kreislaufprobleme bereitete.
Im ersten Drittel waren noch die Strafminuten das Auffälligste, darunter 2+10 für Lettland Andris Dzerins. Zur Drittelpause ging es mit einem 0-0 in die Kabine, obwohl die Schweizer mit 14-6 Torschüssen ein klares Übergewicht hatten, doch Edgars Masalskis hielt im Tor der Letten in gewohnt starker Manier.
Doch im zweiten Drittel war ein ganz anderes Spiel zu sehen, eines in dem die Fans zwischen den Toren kaum genug Zeit zum Jubeln hatten. Los ging es nach 3:33 im zweiten Drittel mit dem NHL Star von den Minnesota Wild. Nino Niederreiter schloss eine Kombination der Nordamerika Legionäre ab. Auf Vorlage von Montreals Sven Andrighetto und Raphael Diaz aus der AHL nutzte er das vierte Powerplay der Eidgenossen zum 1-0.
Jetzt hatte "El Niño" Blut geleckt. Nur 2:33 später konnte er Masalskis wieder im Powerplay bezwingen, wieder war Diaz beteiligt. Doch es kam noch Schlimmer für den sonst so starken Schlussmann der Letten. Wieder nur 2:24 später darf dann auch mal ein anderer Schweizer: Gregory Hofmann erhöhte auf Vorlage von Sven Andrighetto, der später zum Schweizer MVP des Spiels gewählt wurde, mit dem ersten Tor bei gleicher Spieleranzahl.

Innerhalb von 4:57 wurde aus einem 0-0 ein 3-0, es sah so aus als wären die Schweizer unaufhaltbar und würden die kleine, eishockeyverrückte Nation aus dem Baltikum zerlegen. Doch da hatten sie die Rechnung ohne die Letten gemacht, besonders ohne Mikelis Redlihs, Kristaps Sotnieks und Oskars Cibulskis. Diese drei sorgten innerhalb von vier Minuten für zwei Powerplaytore, Torschütze war beide Male Redlihs.
Und die Letten waren noch nicht fertig. Nach dem Weckruf durch Redlihs erstes Tor schaltete sich auch der Rest der Mannschaft ein und nach 38:36, 1:13 nach dem zweiten Tor erzielte Ronalds Kenins den Ausgleich. Reto Berra konnte einem im Tor der Letten nur Leid tun. Redlihs erstes Tor wurde vom eigenen Verteidiger zwischen seinen Beinen durch abgefälscht, beim zweiten Tor stand Redlihs komplett alleine nur eineinhalb Meter vor dem Schweizer Torwart und beim dritten Tor fälschte wieder der Verteidiger einen Querpass unglücklich aber unhaltbar ins eigene Tor ab. So wurde innerhalb von 5:12 aus einem 3-0 ein 3-3 zur zweiten Pause.
Das fand Sven Andrighetto wohl nicht in Ordnung. Nach knapp sechs Minuten im Schlussabschnitt, sorgte der NHL Spieler für die erneute Führung. Doch kaum hatten die Eidgenossen wieder Platz genommen, klingelte es schon wieder. Aleksejs Sirokovs traf nach 46:22, nur 26 Sekunden nach Andrighettos Tor zum erneuten Ausgleich.
Es sah aus als müssten die Eidgenossen zum vierten Mal in Folge in die Verlängerung gehen und als müssten sie weiter auf den ersten dreier warten.
Doch 1:19 vor Spielende der große Schock für Masalskis und seine Landsleute. Die Letten hatten die Chance die Scheibe aus dem eigenen Drittel zu klären, doch die Scheibe landet genau auf dem Schläger von Eric Blum an der rechten Bande, der schließt sofort ab und nagelt das Ding unter die Latte. Die Letten nahmen den sichtlich frustrierten Masalskis noch für den sechsten Feldspieler vom Eis, doch es blieb beim 5:4 für die Schweiz nach regulärer Spielzeit. Endlich.
Doch trotz der Erlösung wird es hart für Spieler aus der kleinen Alpenrepublik, wenn sie noch ins Viertelfinale wollen. Sieben Punkte holten sie aus den ersten vier Spielen, gegen die vermeintlich schwächeren Gegner. Nun geht es noch gegen die richtig harten Brocken: am Samstag stehen sie dem Gastgeber Russland gegenüber, der unter anderem durch Alex Ovechkin verstärkt wird. Danach stehen noch Tschechien und Schweden auf dem Programm.

Im Parallelspiel von von Mittwoch Nachmittag sorgten nach Deutschland auch die Weißrussen für eine kleine Überraschung und für Kopfzerbrechen bei den Slowakischen Trainern. Sie drehten eine 2-0 Führung des Favoriten aus der Slowakei im dritten Drittel zu einem 4-2 Sieg für Weißrussland. Es War der erste Sieg für Team Belarus und die zweite Niederlage in vier Spielen gegen die "kleinen" Nationen für die Slowakei, die noch gegen die USA und die beiden ungeschlagenen Teams aus Finnland und Kanada antreten.
Bereits am Dienstag Abend schlug Frankreich den Aufsteiger aus Ungarn mit 6:2 und hielt sie damit mit Null Punkten auf dem letzten Platz, obwohl das junge Team aus dem Osten mit 24-21 Torschüssen kein schlechtes Spiel machte.
Im Parallelspiel der Schweizer Gruppe schlug Norwegen Kasachstan 4:2, bei einem klaren Schussverhältnis von 43-19, aber keinem Powerplaytor bei neun Chancen. Norwegen hält sich damit im Rennen um das Viertelfinale, muss aber neben Lettland wie die Schweiz noch gegen die drei Großen antreten. Kasachstan belegt Punktgleich mit Lettland, aber dem besseren Torverhältnis den vorletzten Platz der Gruppe.