Martin Jones, ein Glücksgriff der Sharks
von Bernd RoeschDer NHL Draft 2008 war gelaufen, doch die Rechte an Jones hatte sich keines der 30 NHL-Teams gesichert. In der ersten Draft Runde wurden Chet Pickard (Nummer 18) und Thomas McCollum (Nummer 30) von den Nashville Predators und den Detroit Red Wings ausgewählt.
Der Deutsch-Kanadier Pickard bestritt nie eine NHL-Partie und steht mittlerweile im Dienst der Iserlohn Roosters (DEL). McCollum kam zwischen 2010 und 2015 zu drei Kurzeinsätzen für die Red Wings, bei denen er insgesamt 81 Minuten NHL-Luft schnuppern konnte.
Insgesamt wurden bei diesem Draft 23 Torhüter gezogen - der Name Jones tauchte darunter nicht auf.

19. Mai 2016: Die St. Louis Blues geben sich die Ehre im SAP Center der San Jose Sharks und scheitern im dritten Spiel des Western Conference Finales zum zweiten Mal hintereinander an dem herausragenden Mann, der bei den Sharks im Tor steht und sich für einen Shutout feiern lassen darf - sein Name lautet Jones.
22 Schüsse der Gäste wurden seine Beute. Zwei Tage zuvor, als er Gast im Scottrade Center von St. Louis war, hatte er 26 Schüsse, die auf seinen Kasten kamen, abgewehrt und nach 60 Minuten - San Jose gewann die Partie 4-0 - stand für ihn erneut die Null.
Jones zeichnet sich dadurch aus, dass er immer nach vorne blickt, sich auch von Fehlern, die zweifellos auch ihm unterlaufen, nicht aus der Bahn werfen lässt. Bei seinem bis dato letzten Gegentreffer, beim Schlagschuss von Jori Lehtera rutschte der Puck an der Fanghand vorbei ins lange Eck, machte Jones, der weitestgehend freie Sicht hatte, nicht den glücklichsten Eindruck. Auch wenn San Jose diese Partie aufgrund seines Fehlers mit 1-2 verlor, Jones machte sich darüber nicht lange Gedanken und ist mittlerweile seit 147:43 Minuten ohne Gegentor.
Zwei Playoff-Shutouts in Folge hat in der 25-jährigen NHL-Historie der Sharks noch kein Schlussmann geschafft. Kein Ed Belfour, kein Kelly Hrudey, kein Arturs Irbe und auch kein Evgeni Nabokov, um nur ein paar der großartigen Torhüter zu nennen, die in der Vergagngenheit das Trikot der Sharks getragen haben.
Mit seinen zehn Siegen sowie drei Shutouts (auch in Spiel 6 der zweiten Runde gegen Nashville gewannen die Sharks zu Null) konnte Jones zwei Franchisebestmarken von Nabokov aus der Spielzeit 2003/04 einstellen.
Von Runde zu Runde konnte sich Jones in den Stanley Cup Playoffs 2016 steigern. In den fünf Partien gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber, die Los Angeles Kings, mit denen er 2014 als Ersatztorwart hinter Jonathan Quick sogar schon einmal den Stanley Cup gewinnen konnte, brachte es Jones auf einen Gegentrefferschnitt von 2,18 bei einer Fangquote von 91,2 Prozent.

In den darauffolgenden sieben Spielen gegen Nashville verbesserte er diese Werte auf 2,16 und 92,2% und jetzt, im Conference Finale gegen die Blues, wehrte er 97,2% der Schüsse ab und kassierte durchschnittlich nur 0,68 Tore pro Spiel.
Auch wenn Jones in seiner noch jungen NHL-Karriere insgesamt erst 17 Playoffpartien bestritt, die Erfahrungen, die er mit den Kings auf dem Weg zu deren Titelgewinn gemacht hat, tragen anscheinend ihre Früchte.
Die Kings gaben im Oktober 2008 Jones einen 3-Jahres Einstiegsvertrag, nach zwei weiteren Jahren in Calgary, kam er zu den Ontario Reign (ECHL) und zu den Manchester Monarchs (AHL). Jones' Vertrag wurde immer wieder von den Kings verlängert, doch gute Aussichten, einmal die Nummer 1 im NHL-Team der Kalifornier zu werden, hatte er nicht – eine frustrierende Situation.
Im Nachhinein sieht Jones ein, dass diese Jahre wichtig für den Verlauf seiner Karriere waren: "Irgendwie wird das von Torhütern erwartet.
Man kümmert sich um dich einige Jahre in den Minor Leagues. Ich glaube schon, dass diese Jahre in der American League meiner Entwicklung zu Gute kamen. Ich glaube, dass ich ziemlich gut zurecht gekommen bin."
Für die Sharks, die Jones am 30. Juni 2015 von den Boston Bruins (vier Tage zuvor hatten ihn die Kings nach Boston abgegeben) geholt hatten, erweist sich dieser Trade als Glücksgriff.
"Wenn du einige Zeit mit Martin [Jones] verbracht hast, dann weißt du, dass diesen Jungen nichts erschüttern kann", fällt Sharks Coach Peter DeBoer sein positives Urteil.
"Wir haben ihn uns zur genau richtigen Zeit geschnappt und er macht für uns die wichtigen Saves im rechten Moment."