Mario Lemieux - Ein Rückblick auf seine große Karriere
von Robin PatzwaldtDerzeit leitet Mario Lemieux mit seinen Geschäftspartnern die Geschicke der Pittsburgh Penguins. Als die Franchise vor wenigen Jahren in ihrer Existenz am Standort Pittsburgh bedroht war, da sicherte er nicht nur ihren Verbleib, er war auch federführend am Bau der neuen Heimstätte, dem Consol Energy Center beteiligt, welches im Jahre 2010 das alte ‚Iglu‘, die Mellon Arena, ablöste.
Etwas in Vergessenheit ist inzwischen seine aktive Zeit als Spieler in der NHL geraten. Werfen wir daher heute noch einmal einen kurzen Blick zurück auf die Karriere eines der ganz Großen der NHL-Geschichte:
Als Mario Lemieux am 24. Januar 2006 in Pittsburgh tränenreich seinen endgültigen Abschied vom aktiven NHL-Hockey bekanntgab, da ging mit ihm einer der besten Spieler aller Zeiten endgültig in den Ruhestand.
Neben Lemieux' sportlichen Problemen, er erzielte in seiner letzten aktiven Spielzeit lediglich noch sieben Treffer in 22 Spielen, kamen damals, bei seiner Entscheidung die Schlittschuhe endgültig an den Nagel zu hängen, einmal mehr auch gesundheitliche Schwierigkeiten, zum Tragen.
Ein trauriger Umstand welcher 'Super-Mario', wie ihn die Fans in und um Pittsburgh liebevoll nannten (und bis heute noch immer nennen), bereits über weite Phasen seiner Karriere begleitet hatte.
Als 18-Jähriger war Lemieux der Erstrundendraftpick der Pittsburgh Penguins, welche damals, im Jahre 1984, das schlechteste Team der Liga waren. In den folgenden mehr als 21 Jahren seiner NHL-Karriere war der Superstar für keine andere Franchise aktiv. In insgesamt 915 NHL-Spielen erzielte er letztendlich stolze 690 Tore und verzeichnete 1.033 Assistpunkte. Dazu kamen weitere 107 Playoffauftritte, in denen er nochmals 76 Treffer und 96 Punkte seiner Erfolgsbilanz hinzufügen konnte.

Herausragende sportliche Höhepunkte seiner Laufbahn waren u. a. die Stanley-Cup-Triumphe in den Jahren 1991 und 92 mit den 'Schwarz-Gelben', der Gewinn des Canada Cups im Jahre 1987 mit der kanadischen Nationalmannschaft, sowie der Olympiasieg im Jahre 2002 in Salt Lake City und der Titelgewinn beim World Cup of Hockey in 2004.
Nach einer überaus erfolgreichen Zeit im Juniorenhockey bei den Laval Voisin in der Quebec Major Junior Hockey League, dauerte es nicht lange, bis der Jungstar auch in der NHL zu beeindrucken wusste.
Bereits bei der ersten Einwechslung in seinem NHL-Debütspiel (gegen die Boston Bruins) gelang es ihm keinem Geringeren als Verteidigerlegende Ray Bourque den Puck abzunehmen und diesen nach einem Alleingang erfolgreich in den Maschen der Bruins zu versenken. Ein beeindruckender Auftakt.
Mit 43 Treffern und 57 Assists lieferte er gleich in seiner Premierensaison 100 Punkte ab, was zuvor lediglich den 'Hall of Famern' Dale Hawerchuk und Peter Stastny gelungen war. Die Calder Trophy für den besten Neueinsteiger in der Liga war folgerichtig der verdiente Lohn für seinen tollen Einstand im Oberhaus des Welteishockeys.
Beim 1987er Canada-Cup-Turnier begeisterte der junge Mario die Massen im Zusammenspiel mit Wayne Gretzky. In lediglich neun Spielen des Turniers erreichte Lemieux damals stolze 18 Punkte. Im Endspiel gegen die damalige Sowjetunion gelang ihm gar das entscheidende Tor nach einem tollen Zuspiel von eben genau diesem Gretzky, was vielen Hockeyfans weltweit noch bis heute unvergessen ist.
In 1988 war Lemieux mit 168 Scorerpunkten dann der beste Punktesammler der NHL und wurde dementsprechend mit der Hart Trophy als wertvollster Spieler der Liga ausgezeichnet. 1989 steigerte er diese Marke sogar nochmals auf beeindruckende 199 Punkte und war damit erneut punktbester Spieler der Liga.
Doch bereits in diesem frühen Stadium seiner Profilaufbahn machten sich bei ihm immer wieder erste gesundheitliche Probleme bemerkbar. Durch Rückenprobleme versäumte der 'All-Star' große Teile der Spielzeit 1990-91. In den Playoffs war er jedoch wieder voll einsatzbereit und sicherte den Pinguinen im Finale den Titelgewinn gegen die Minnesota North Stars. Lemieux wurde als wertvollster Spieler der Playoffs mit der Conn Smythe Trophy ausgezeichnet.
Im Jahr darauf wiederholte Pittsburgh seinen Titelgewinn mit Mario Lemieux, der sich abermals die Auszeichnung für den Topscorer sicherte.

Auch im Jahre 1993 wurde die Gesundheit wiederum das große und vorherrschende Thema in der Karriere des Mario Lemieux. Ärzte stellten damals bei ihm völlig überraschend Lymphdrüsenkrebs fest. "Das war der schwärzeste Tag in meinem Leben", erinnert sich der NHL-Veteran heute. "Es ist wirklich eine ganz üble Erfahrung, wenn einem ein Arzt in seiner Praxis plötzlich damit konfrontiert, dass man Krebs hat. Mir ist es da sehr schwer gefallen nach Hause zu fahren und es meiner damaligen Freundin zu sagen. Ich musste auf der Fahrt mehrfach am Straßenrand anhalten und warten, da mir die Tränen schlicht die Sicht auf die Straße genommen hatten. Das war wirklich ganz schrecklich damals."
Doch nach bereits rund einem Monat der Behandlung stand 'Super-Mario' wieder mit seinem Team auf dem Eis. Und obwohl ihm bis zum Saisonende krankheitsbedingt so rund 20 Saisonspiele gefehlt hatten, sicherte er sich erneut die begehrte Scorerwertung in der National Hockey League.
NHL-Commissioner Gary Bettmann ist darüber auch heutzutage noch erstaunt: "Diese Geschichte von damals wird bis heute noch nicht hoch genug bewertet. Man muss sich das einmal vorstellen, da bekommt Mario noch am Vormittag seine letzte Behandlung gegen den Krebs, fliegt dann nachträglich zur Mannschaft und spielt am Abend in Philadelphia für sein Team in der NHL. Das war wirklich unglaublich! Daran erkennt man auch wie sehr er das Spiel wirklich geliebt hat!"
Doch auch nach erfolgreicher Behandlung des Krebses ließ Mario Lemieux seine körperliche Verfassung allzu häufig im Stich. Große Teile der Spielzeit 1993-94 und sogar die komplette Saison 1994-95 musste Lemieux erneut opfern, um vollständig zu genesen. Sein Rücken schränkte ihn immer wieder ein. "In dieser Phase konnte ich vor lauter Schmerzen dann teilweise nicht einmal meine Schlittschuhe selber zubinden. Da kam dann immer ein Mannschaftsarzt zu mir und machte mir die Schuhe zu bevor ich dann aufs Eis lief", erinnert sich Lemieux.
Auf unglaubliche Art und Weise glückte ihm sein inzwischen von vielen kaum noch erwartetes Comeback im Jahre 1995 und er gewann in 1996 erneut die Hart- und die Art Ross Trophy. 1997 verkündete Penguins' Teamkapitän, im Alter von nur 31 Jahren, dann erstmals seinen Rücktritt vom aktiven Eishockey.
Kurz darauf wurde seine Trikotnummer "66" in Pittsburgh 'retired' (für zukünftige Spieler der Franchise gesperrt) und Mario in die Eishockey Hall of Fame, die Ruhmeshalle in Toronto, aufgenommen.
Doch als die Franchise kurz darauf bereits vor dem unmittelbaren finanziellen Ruin stand, lokale Medien berichteten damals von über US$ 120 Mio. Verbindlichkeiten, kehrte Mario als Bestandteil einer Investorengruppe zurück nach Pittsburgh und rettete die stark angeschlagene Franchise in seiner neuen Funktion als Miteigentümer erfolgreich vor der kurzfristigen Pleite.
Nur ein gutes Jahr später feierte er dann überraschend auch auf dem Eis ein viel umjubeltes Comeback in der NHL. Am 27. Dezember 2000 gab der Kapitän, inzwischen schon 35 Jahre alt, sein Saisondebüt gegen die Toronto Maple Leafs in der heimischen Mellon Arena, was einen Medienrummel von lange nicht mehr gesehenen Ausmaßen in der Liga verursachte. Vor der Partie wurde das Banner mit der Rückennummer "66" feierlich, unter den Augen seines damals 4-jährigen Sohnes, der seinen Vater zuvor niemals aktiv in der NHL gesehen hatte, wieder vom Hallendach eingeholt. Fast schon einem kleinen Märchen gleich gelang Lemieux sofort zu Beginn der Partie selbst ein Treffer. Zusätzlich steuerte der Protagonist des Abends weitere zwei Assists zum Sieg seiner Farben bei. Endgültig machte sich nun neuer Optimismus bei den Hockeyfans im Großraum Pittsburgh breit. "Das mit meinem NHL-Comeback hatte sich für mich persönlich irgendwie schon kurz nach meinem Engagement als Eigentümer im Jahre 1999 angedeutet. Es drängte mich einfach zurück auf das Eis. Nach fast vier Jahren Pause hatte sich mein Körper ganz gut regeneriert, ich fühlte mich damals wieder topfit", erinnert sich Lemieux.
In den restlichen 43 Saisonspielen beeindruckte der Kanadier alle NHL-Fans mit 35 Treffern und 41 Assists. Die Penguins zogen unter seiner Führung bis ins Conference-Finale des Ostens vor, in dem man erst gegen die New Jersey Devils unterlag.

Doch bereits ein Jahr später streikte erneut der Körper des Kapitäns. Lediglich 24 Begegnungen konnte Lemieux in der Saison 2001-02 absolvieren. Im Februar 2002 feierte er jedoch mit dem Team Kanada noch einmal glanzvoll den Gewinn der Olympischen Goldmedaille und beendete damit eine Durststrecke von immerhin 50 Jahren für das Mutterland des Hockeys.
Nach diesem Erfolgserlebnis mit der Nationalmannschaft verlief die NHL-Spielzeit 2002-03 relativ gut für den Superstar. Immerhin in 67 Saisonspielen der Vorrunde konnte der Miteigentümer für seine Franchise auflaufen. Seine Trefferquote sank dabei auf für ihn unterdurchschnittliche 28 Tore.
Spätestens in der Runde 2003-04 deutete sich dann aber an, dass das Karriereende nicht mehr unabsehbar weit entfernt war. Zunehmend mit Hüftproblemen kämpfend, konnte Lemieux in zehn Saisonspielen nur noch einen einzigen Treffer erzielen. Beim World Cup of Hockey 2004, dem Nachfolgeturnier zum legendären Canada Cup, den die Nationalmannschaft von Kanada am Ende erneut gewann, agierte der Kapitän selber eher unauffällig.
Der unmittelbar danach anstehende Lockout 2004/2005, währenddessen Mario, im Gegensatz zu vielen Berufskollegen aus der NHL, nicht selber irgendwo in Europa aktiv auf dem Eis stand und die damit verbundene lange Erholungsphase unterstützten diesmal allerdings weder seine Form noch seinen allgemeinen Gesundheitszustand. Mit nun bereits über 40 Jahren musste auch ein Superstar wie Mario Lemieux, ähnlich wie eben andere ältere Berufskollegen, seinem fortgeschrittenen Alter (und den nach dem Lockout erfolgten Regeländerungen in der Liga) Tribut zollen.
Bereits unmittelbar zu Saisonbeginn der Spielzeit 2005/2006 fiel den Betrachtern auf, dass der ganz große Glanz bei seinen Auftritten einfach nicht mehr aufkommen wollte. Die nach großen Spielerinvestitionen mit hohen Erwartungen in die Saison gestarteten Pittsburgh Penguins 'dümpelten' zudem nur noch im Tabellenkeller der NHL vor sich hin.
Lemieux, der von der Franchise längerfristig als großer Lehrmeister und Vorbild des nun zunehmend verjüngten Kaders eingeplant war, konnte nur noch ganz selten seine alte Klasse unter Beweis stellen. Hinzu kamen nun, neben den permanenten Rücken- und Hüftproblemen, auch noch Herzrhythmusstörungen beim Altmeister, die ihn allzu häufig zum Pausieren zwangen.
Nach dem 16. Dezember 2005 konnte er dann überhaupt nicht mehr spielen. "Es ist sehr bitter so aufhören zu müssen", gab ein bewegter Mario Lemieux zum Abschied zu Protokoll. "Ich muss mir nun einfach eingestehen, dass die neue NHL eine Liga für die jungen Männer ist. Ich spiele auch einfach nicht mehr auf dem Niveau wie ich es von mir selber gewohnt war und bin. Es ist nun an der Zeit für mich abzutreten, das spüre ich ganz genau. Meine Gesundheit und das Wohl meiner Familie gehen einfach vor. Mit den Jahren gewinnt man viele Kenntnisse über unseren Sport. Man hat mehr Erfahrung in der Liga und versteht das Spiel einfach besser, gewinnt mehr Übersicht. Leider läuft die körperliche Entwicklung dem genau entgegen. Natürlich ist man mit 36 oder 37 nicht mehr so fit wie man es mit Mitte 20 noch war. Ich möchte den jungen Kollegen daher noch raten, dass Sie jeden Moment ihrer Zeit in der NHL genießen sollen. Die Karriere ist so schnell vorbei..."
Und auch heute, fast sieben Jahre nach seinem Rücktritt, sind Superstars vom Kaliber eines Mario Lemieux in der Sportwelt rar gesät...