hedman vasilevskiy

Ob in der Ahnentafel von Tampas Coach Jon Cooper italienische Vorfahren zu finden sind, ist nicht überliefert. Zumindest hatte er sich im dritten Spiel der Lightning in der zweiten Runde der Stanley Cup Playoffs gegen die Boston Bruins eines taktischen Konzepts bedient, das die Fußballer auf dem Apennin in Perfektion beherrschen. Gemeint ist der legendäre Catenaccio. Die deutsche Übersetzung "Türriegel" verrät, was sich hinter dieser Variante verbirgt. In einfachen Worten ausgedrückt, geht es darum, hinten Beton anzurühren und vorne auf den ein oder anderen Treffer zu hoffen. Coopers Plan ging voll auf. Die Lightning bezwangen die Bruins am Mittwoch im TD Garden dank einer herausragenden Defensivleistung mit 4:1 und gingen dadurch in der Best-Of-Seven-Serie mit 2:1 in Führung. Ob des durchschlagenden Erfolges verlangt die Maßnahme geradezu nach einer Neuauflage in Spiel 4, das am Freitag an gleicher Stelle angesetzt ist.

Im Verlauf der Hauptrunde und der Playoffs hatten die Protagonisten aus Florida eher nicht mit überdurchschnittlichen Abwehrleistungen aufgewartet. Sie vertrauten fast ausschließlich auf die Stärke ihrer Offensive. Damit fuhren sie in der Regel gut. In der regulären Saison schossen die Lightning 296 Tore. Kein anderes Team der NHL hatte in den 82 Begegnungen öfter getroffen.
Weil jedoch dem eigenen Sturm in den beiden ersten Playoff-Partien gegen Boston häufig die Durchschlagskraft fehlte und die Top-Reihe der Bruins im Gegenzug für mächtig Wirbel in der Lightning-Zone sorgte, schuf Cooper italienische Verhältnisse. Er setzte dafür in der Begegnung am Mittwoch weitgehend auf fünf Verteidiger. Die mit Abstand meisten Schichten fuhren Victor Hedman, Anton Stralman und Ryan McDonagh. Es folgten Dan Girardi und Braydon Coburn. Der offensivstarke Mikhail Sergachev kam dagegen nur etwas mehr als acht Minuten zum Einsatz, ein Drittel davon im Powerplay.
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Die Lightning ließen ihren Kontrahenten kaum Zeit zum Luftholen. Sobald sie in Scheibenbesitz waren, hatten sie einen Spieler aus Tampa im Nacken sitzen. Vor allem die erste Formation der Bruins mit David Pastrnak, Patrice Bergeron und Brad Marchand wurde sofort hart attackiert. Der unermüdliche Einsatz brachte den von Cooper gewünschten Effekt. Erstmals in der Serie blieb das Trio beim Spiel 5 gegen 5 ohne Scorerpunkt. Bergerons Anschlusstreffer zum zwischenzeitlichen 1:2 fiel bei numerischer Überlegenheit.

Tampas Trainer war verständlicherweise voll des Lobes für seine Abwehrleute. "Sie haben sich so ins Zeug gelegt, wie man das in den Playoffs tun muss. Sie waren physisch unglaublich stark und zugleich verantwortungsvoll", pries er seinen Defensiv-Verbund.
Der Knackpunkt des Matches war die Anfangsphase des zweiten Abschnitts, als die Bruins gewaltigen Druck ausübten und mit aller Macht den Ausgleich erzielen wollten. Die Gäste überstanden den Ansturm in diesen ersten fünf Minuten schadlos. Hedman spielte 4:25 Minuten am Stück durch, McDonagh stand ihm 3:24 Minuten zur Seite. Nur zwei von neun Schussversuchen der Bruins kamen in dieser Zeit aufs Tor.
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Für Cooper war die heldenhafte Darbietung von Hedman und McDonagh keine Überraschung. "Das ist der Grund, warum einer (Hedman - d. Red.) für die Norris Trophy nominiert ist. Und der andere spielt die gesamte Saison über auch phänomenal", würdigte der Coach das Duo. "Für mich war die überstandene Drangperiode der Bruins die Grundlage zum Sieg."
McDonagh zeigte sich mit seinem Arbeitsnachweis ebenfalls hochzufrieden. "Ich denke, dass wir hinten einen guten Job gemacht haben, gerade in den ersten beiden Dritteln. Darüber hinaus hat Vasy im Tor klasse gehalten", sagte er. Der von ihm angesprochene Schlussmann Andrei Vasilevskiy rundete die in jeder Beziehung gelungene Defensivleistung der Lightning mit 28 parierten Schüssen und einer Fangquote von 96,6 Prozent ab.

Mit seiner Volte hin zu einer dezidiert defensiven Spielweise dürfte Cooper bei seinem Trainerkollegen Bruce Cassidy von den Bruins einiges Stirnrunzeln bei der Vorbereitung auf Spiel 4 auslösen. Denn auf einmal wirkt Tampas Abwehr ebenso bedrohlich wie die hochdekorierte Abteilung Attacke.
In der machte zuletzt Ondrej Palat von sich reden. In den vergangenen beiden Spielen gegen Boston erzielte er drei Treffer. Am Mittwoch schnürte er einen Doppelpack im TD Garden. Seine Empfehlung für das kommende Gastspiel in Bostons Arena lautet: "Wir müssen einfach spielen und dürfen uns keine unnötigen Puckverluste erlauben." Zugleich scheint auch er Coopers Vorstellung vom Catenaccio verinnerlicht zu haben. "Wenn wir uns möglichst lange in der Zone der Bruins aufhalten, ist das die beste Verteidigung", gab er zu Protokoll.
Spiel 4 der Serie zwischen den Bruins und den Lightning findet am Freitag im TD Garden in Boston statt (19 Uhr ET, NBCSN, CBC, TVAS).