IIHF WM Viertelfinale ohne CH und D
von Stefan HergetZiemlich genau ein Jahr nach dem größten Triumph in der Geschichte des Schweizer Eishockeys ist Ernüchterung eingekehrt. Damals bedeutete der Halbfinalsieg über die USA bei der Weltmeisterschaft 2013 und dem Gewinn von Silber nur einen Tag später einen historischen Meilenstein. Nun mussten die Eidgenossen am Sonntag gegen Kasachstan sogar um den Klassenerhalt spielen, wovon vorher niemand ausgegangen war.

Durch einen verdienten 6-2 Erfolg erledigten sie sich zwar dieses Damoklesschwertes relativ souverän, aber der verpasste Einzug in das Viertelfinale wiegt schon schwer. Trotzdem dürfen die Tatsachen nicht dramatisiert werden. Nach dem deutlichen 0-5 gegen Russland zum Auftakt, verloren die Schweizer gegen USA, Weißrussland und Finnland denkbar knapp mit nur jeweils einem Tor Unterschied. Gut und gerne hätte das ein oder andere Spiel anders ausgehen können, dann würde das Tabellenbild freundlicher aussehen. Gegen Nachbarn Deutschland blieb am Ende ein knapper 3-2 Sieg.
Nicht nur das Abschneiden der Schweiz vom Vizeweltmeister auf den zehnten Platz zurückgestuft zeigt, dass die Weltspitze im Eishockey näher zusammengerückt ist. Es waren kaum deutliche Ergebnisse zu vernehmen und maximal fünf Tore Abstand waren die höchsten verbuchten Siege. Früher waren durchaus höhere Erfolge keine Seltenheit, insbesondere wenn Titelfavoriten auf Abstiegskandidaten trafen.
Apropos Abstieg: Deutschland konnte sich schon früh durch zwei Siege gegen Kasachstan und Lettland dieser Angst entledigen, was Begehrlichkeiten auf mehr weckte. Jedoch mehr sprang nicht heraus. Es setzte nur noch Niederlagen, so dass am Ende der ernüchternde 14. Platz blieb. Die Auftritte des durch Trainer Pat Cortina verjüngten Teams waren sicher nicht so schlecht, wie die Platzierung aussagt. Besonders die schlechte Chancenverwertung verhinderte eine bessere Bilanz.
Cortina selbst muss sich der Kritik stellen, warum er in den wichtigen Partien gegen die Schweiz und Weißrussland auf Torhüter Rob Zepp vertraute und nicht dem jungen und bereits in der NHL bei den Washington Capitals erprobten Philipp Grubauer, der in den Begegnungen gegen Lettland und Russland seine Klasse eindrucksvoll zeigte, den Vorzug gab. Gerade die jungen Spieler wie der erst 18-jährige Leon Draisaitl oder der 21-jährige Tobias Rieder hinterließen einen guten Eindruck, dass man in Zukunft auf sie bauen kann, insbesondere mit der Perspektive auf die Heim-WM im Jahr 2017. Hingegen wird die Teilnahme an den olympischen Spielen 2018 in Pjöngjang erneut nur über die Qualifikation zu schaffen sein, denn der achte Platz in der Weltrangliste, der einen sicheren Platz an diesem Großereignis gewährt, ist aufgrund des eigenen Ergebnisses und denen der anderen Nationen kaum mehr bis zum erforderlichen Zeitpunkt zu erreichen.
Absteigen in die Divison B müssen das besagte Kasachstan und Italien. Beide werden durch die Aufsteiger Slowenien und Österreich bei der kommenden A-Weltmeisterschaft 2015 in Tschechien ersetzt. Die Italiener unterlagen im letztendlich entscheidenden Spiel gegen Dänemark mit 1-4. Immerhin überraschten sie zuvor mit einem 2-1 Sieg gegen Frankreich, das sich trotz dieser Niederlage durch Siege gegen Kanada, Slowakei, Norwegen und Dänemark eigentlich sensationell für das Viertelfinale qualifizieren konnte. Dieses Kunststück war ihnen zuletzt 1995 gelungen. Selbst im Abschlussspiel gegen Tschechien um den dritten Platz in der Gruppe A lieferten sie den Stars um Veteran Jaromir Jagr einen erbitterten Kampf, führten zunächst mit 3-0, ehe die Osteuropäer die Partie auf 4-3 drehten. Schließlich gelang wiederum der 4-4 Ausgleich, was eine Verlängerung bedeutete. Dort hatten die Tschechen das bessere Ende für sich und erzielten das siegbringende Tor.

In der Gruppe B mischte der Gastgeber Weißrussland das Feld auf und konnte in die Phalanx der etablierten Nationen einbrechen. Sie belegen den 3. Platz hinter den ungeschlagenen Russen (7 verlustpunktfreie Siege) und Team USA, aber noch vor Finnland, die sich bei der Schweiz für die Schützenhilfe im letzten Spiel bedanken konnten, denn bei deren Niederlage gegen Lettland wären die Skandinavier, immerhin noch Dritter bei Olympia, ausgeschieden gewesen. Zum ersten Mal seit 2009 und erst zum dritten Mal in der Geschichte der Weißrussen nehmen sie somit am Viertelfinale teil.
In der Runde der letzten Acht am Donnerstag kommt es damit zu folgenden Begegnungen:
Kanada gegen Finnland: Ein ewiger Klassiker, Goliath gegen David, aber die tapferen Nordeuropäer konnten schon etliche Male die ganz Großen überraschen. Allerdings präsentierten sie sich in den Gruppenspielen nicht gerade von ihrer besten Seite. Kanada gewann nach der Auftaktniederlage gegen Frankreich solide aber nicht souverän ihre Spiele. Trotzdem sollten die Nordamerikaner diese Runde überstehen.
Schweden gegen Weißrussland: Erinnerungen an Olympia 2002 in Salt Lake City werden wach, als die Weißrussen den haushohen Favoriten Schweden im Viertelfinale sensationell mit 4-3 bezwangen. Die Schweden dürften über die größere individuelle Klasse verfügen, aber die Gastgeber werden von ihren Fans frenetisch angefeuert werden, so dass es eine enge Partie werden könnte, falls die Skandinavier nicht konsequent ihre Möglichkeiten nutzen.
Tschechien gegen USA: Die junge US-amerikanische Mannschaft von Trainer Peter Laviolette wusste in der Gruppenphase durchaus zu gefallen, wenngleich die fünf Siege für den zweiten Platz sehr knapp eingefahren wurden. Tschechien wartet im Gegensatz mit einem erfahrenen Team auf, das bisher zwar nicht überzeugen konnte, jedoch immer mit zu rechnen ist, so dass der Ausgang dieser Begegnung völlig offen sein wird.
Russland gegen Frankreich: Können die tapferen Franzosen für den nach der Gruppenphase Topfavoriten Russland zum Stolperstein werden? Teamgeist und Zusammenhalt scheint bei den Westeuropäern vorhanden, aber fraglich, ob das gegen die Klasse der Osteuropäer, die sich noch durch den in den NHL Playoffs ausgeschiedenen Evgeni Malkin kurzfristig verstärkt haben, genügt. Es müsste schon eine phänomenale Torhüterleistung auf Glück im Abschluss treffen, denn dass die Russen die Franzosen unterschätzen werden, davon ist nicht auszugehen.