Grubauer: Mentale Stärke durch harte Arbeit
von Axel JeromaEs ist die Schlüsselszene im Spiel der Washington Capitals gegen die Los Angeles Kings vor einer Woche: 1-1 lautet der Spielstand, als Kings-Center Anze Kopitar zweieinhalb Minuten vor dem Ende alleine auf Goalie Philipp Grubauer zuläuft. Der hat Angreifer und Puck fest im Blick, macht sich ganz lang und wehrt den Schuss mit den Schonern ab. Hätte Kopitar getroffen, wären die Capitals wohl als Verlierer vom Eis gegangen. Doch so setzt Grubauers spektakulärer Save bei seinem Team neue Kräfte frei. Evgeny Kuznetsov und Jason Chimera treffen in den letzten 120 Sekunden für die Capitals und machen den 3-1-Sieg perfekt.
Momente wie die kühne Rettungstat gegen Kopitar genießt Grubauer ganz besonders. Denn damit stellt er eindrucksvoll unter Beweis, dass er da ist, wenn man ihn braucht. Genau das ist die Maxime des gebürtigen Rosenheimers in dieser NHL-Saison.
Dass Grubauer seine beruflichen Fähigkeiten nicht öfter einem breiten Publikum darlegen kann, hat einen triftigen Grund. Der heißt Braden Holtby. Der Kanadier gehört zu den besten Toreverhinderern, die die NHL derzeit zu bieten hat. An ihm gibt es im Moment kein Vorbeikommen für den Deutschen.

Auf 14 Einsätze (10 in der Startformation) hat es Grubauer bisher in der Hauptrunde gebracht. Insgesamt stand er 704 Minuten auf dem Eis. Seine Save-Quote liegt bei 92,5 Prozent. Bei seinen Auftritten musste er 25 Gegentore (2,13 im Schnitt) hinnehmen. "Das eine oder andere hätte nicht sein müssen", konstatiert der 24-jährige Bayer selbstkritisch. Dennoch ist er zufrieden mit seinen Leistungen und dem bisherigen Saisonverlauf der Capitals.
"Ich wusste ja vorher, dass ich nicht allzu viele Spiele bekommen werde. Aber ich versuche, mental trotzdem immer bereit zu sein und verfolge die Partien ganz konzentriert auf der Bank mit. So brauche ich keine Anlaufzeit, wenn ich rein muss, sondern bin sofort voll da", sagt Grubauer in einem Interview.
In den Übungseinheiten seines Klubs gibt er ebenfalls alles. "Vor jedem Mannschaftstraining arbeiten wir eine halbe Stunde extra mit unserem Torwart-Coach Mike Korn. Man muss hart trainieren, anders geht es in der NHL nicht", so der Schlussmann über den Alltag abseits der Matches.
Zu den weiteren Aussichten für sein Team äußert sich Grubauer optimistisch: "Wie wir momentan in der Liga auftreten, passt das und macht Spaß. Wir stehen hinten gut und nach vorne geht auch immer etwas." Aus diesem Grund gelten die Capitals heuer für viele als großer Favorit auf den Gewinn des Stanley Cups. Eine Rolle, die der junge Deutsche auch gar nicht beiseiteschieben möchte. Wenngleich es ob der starken Konkurrenz in der Conference schwer werde, ins Finale zu kommen. "Aber wir haben aus unseren Fehlern vom letzten Jahr und dem knappen Ausscheiden gegen die New York Rangers gelernt."
Eine Einschätzung, die Mannschaftskollege und Torwart-Konkurrent Braden Holtby vollumfänglich teilt. "Dieses Jahr hat es bei uns Klick gemacht. Wir mussten zuvor aber erst einmal in den Spiegel schauen und darüber nachdenken, wie wir die Dinge als Team auf dem Eis angehen. Wenn du den Stanley Cup gewinnen willst, brauchst du eine Siegermentalität. Die hat uns in den vergangenen Jahren gefehlt. Heuer ist das anders", sagt Holtby.
Holtby hat bislang eine starke Saison gespielt. 47mal hütete er das Tor der Capitals. 37 Partien davon hat der Kanadier mit seinem Team gewonnen - so viele wie kein anderer Schlussmann bislang in der Hauptrunde. In Fachkreisen wird er deshalb als heißer Kandidat für die Vezina Trophy gehandelt, mit der die NHL den besten Torhüter der Spielzeit auszeichnet.
Daran verschwendet Holtby aber keine Gedanken. "Sich voll und ganz auf die Gegenwart zu konzentrieren, ist wirklich der einzige Weg, dass du am Ende des Tages glücklich nach Hause gehst", sagt Holtby. Wer sich nicht auf die wesentlichen Dinge fokussiere, sei nicht in der Lage, sein Bestes zu geben.
Deshalb denkt Holtby immer nur von Spiel zu Spiel. Mit einer Ausnahme: Der World Cup of Hockey im September in Toronto lässt seine Gedanken dann doch ein wenig in die Ferne schweifen. Bei diesem Großereignis wäre er selbstverständlich gerne für Team Kanada am Start. "Am liebsten noch verausgabt vom Ende der Saison. Denn das würde bedeuten, dass ich beim Stanley Cup Finale im Juni mitgemacht hätte."
Dafür, dass Holtby nicht völlig auf dem Zahnfleisch beim World Cup daherkommt, wird sein Klub-Backup Grubauer selbstredend gerne sorgen. Am besten mit Einsätzen über 60 Minuten und spektakulären Saves wie gegen Kopitar.