Erstes Freiluftspiel der DEL lockt die Massen
von Stefan HergetGrau und verregnet präsentierte sich heute der Himmel über dem Stadion Nürnberg bei für diese Jahreszeit warmen sieben Grad Celsius. Zwei Tage vor dem großen Showdown: Dem ersten Freiluftspiel der DEL Geschichte zwischen den gastgebenden Thomas Sabo Ice Tigers und den Eisbären Berlin. Die eigentliche Fußballarena des 1. FC Nürnberg wird dann mit nahezu 50.000 Zuschauern fast ausverkauft sein.

Ein ähnliches Wetter sagen die Meteorologen zwei Tage später voraus, wenn am Samstag um 16.30 Uhr die große Partie steigt. Ein normales Ligaspiel um drei Punkte vor einer so großen Menschenmenge hat es in der europäischen Geschichte noch nicht gegeben. Nur am 5. März 1957 kamen mehr Fans, nämlich 55.000 Zuschauer zum Duell UdSSR gegen Schweden im Moskauer Luschniki Stadion. Ebenfalls ein Länderspiel war das WM-Eröffnungsspiel Auf Schalke am 7. Mai 2010 zwischen Deutschland und den USA vor 77.803 Zuschauern, allerdings mit geschlossenem Hallendach. Ansonsten wurde Spiele in dieser Größenordnung bisher nur in den USA und Kanada durchgeführt. Den Weltrekord hält die Universitätspartie zwischen der Uni of Michigan gegen die Michigan State Uni am 11. November 2010 vor 104.173 Fans im Michigan Stadium in Ann Arbour(USA).
Um in ein Fußballstadion eine Eisfläche zu zaubern, benötigt es schon besondere technische Fähigkeiten, denn der Untergrund ist nicht eben, wie in anderen Spielstätten, sondern die Rasenfläche ist wegen abfließendem Wasser von links nach rechts ein leichter Hügel. Dieser Unterschied wurde durch eine Holzkonstruktion ausgeglichen, ehe die 3.000 Meter Rohre und 610.000 Meter Kühlschläuche verlegt werden konnten, um das darüber liegende sieben Zentimeter dicke Eis, fein säuberlich in einzelnen Schichten aufgebracht, zum Gefrieren zu bringen.
Drei Kühlaggregate sorgen dafür, dass das Eis bis zu Plus 15 Grad Außentemperatur problemlos bespielbar bleibt. Das ist nicht zu erwarten, aber das größte Problem wäre starker Regen, weil sich dann Lachen auf dem Eis bilden und der Puck nicht mehr rutschen würde, wovon aber derzeit aufgrund der Wettervorhersagen nicht auszugehen ist.

Was die Eishockeyspieler selbst für Stimmung und Eindrücke erwartet, können sie derzeit noch gar nicht abschätzen. Einen kleinen Vorteil hat Eisbären Kapitän Andre Rankel, der wie Berlins Torhüter Rob Zepp, die Verteidiger Constantin Braun auf Gästeseite und Sven Butenschön bei den Nürnbergern, bereits beim WM-Spiel vor zweieinhalb Jahren dabei war: „Im Spiel bekommt man gar nicht soviel mit, aber bereits beim Aufwärmen oder wenn man zwischen den Wechseln auf der Bank sitzt, sind die Eindrücke schon phänomenal.“
Einer der damals nicht dabei war ist Ice Tigers Kapitän Patrick Reimer. Er kennt nur die aktuelle Situation: „Das Gefühl ist unglaublich, wenn man das Stadion betritt“, betont er. „Die Größe ist gigantisch und derzeit ist noch gar nicht abzusehen, was uns da von der Stimmung her erwartet, aber wir haben eine riesige Vorfreude darauf.“
Auch bei Eisbären Manager Peter John Lee ist die Erwartung ebenfalls äußerst positiv, denn er wird zum Prominentenspiel im Vorfeld selbst die Schlittschuhe schnüren: „Ich habe Eishockey im Freien gelernt, aber vor so einer Kulisse habe ich noch nicht gespielt.“
Ice Tigers Manager Lorenz Funk, der mit der Organisation der Veranstaltung betraut war, lobte die Beteiligten. Zehn Firmen waren seit dem 12. Dezember teilweise bis spät am Abend im Einsatz, um optimale Bedingungen zu schaffen. Aufgrund des warmen und teilweise regnerischen Wetters der letzten Woche gab es ein paar kleine Verzögerungen, aber diese waren großzügig eingeplant, so dass die Fertigstellung rechtzeitig erfolgte.

Sportlich gesehen birgt die Begegnung seinen besonderen Reiz, denn für beide Mannschaften läuft es derzeit nicht gerade rund und jeder Punkt zählt. Der Titelverteidiger aus Berlin findet sich nur auf Platz 5 der Tabelle wieder und die mit hohen Erwartungen gestarteten Nürnberger sind erst durch zwei Siege zuletzt gegen Wolfsburg und Ingolstadt von Platz 10 auf 7 geklettert. Mit Bengt-Ake Gustafsson steht bei den Ice Tigers seit dem 9. Dezember ein neuer Cheftrainer hinter der Bande. Der 54-jährige Schwede hat mit seinem Nationalteam Weltmeisterschaft und Olympia gewonnen, doch ein Spiel dieser Art bisher nur als Zuschauer erlebt. Trotzdem sieht er es gelassen, wenn er betont, dass es nur um drei Punkte gehe, wie sonst auch.
Das erste Saisonspiel der beiden Teams am 5. Oktober in der Halle endete spektakulär mit 6:5 Toren für die Hauptstädter. Sicher ein Ausgang, den viele neutrale Fans befürworten würden und Eisbären Trainer Don Jackson noch eher als sein Gegenüber Gustafsson.
Egal wie das Spiel am Samstag endet, die Eishockeyfans, die aus ganz Deutschland und sogar angrenzenden Ländern anreisen, dürften mit ihrer Stimmung im weiten Rund für eine bleibende Erinnerung sorgen, die dem schnellsten Sport der Welt gut tun wird, wieder mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu erlangen.