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Im Deutschen gibt es die Redewendung 'Ein Bild sagt mehr als tausend Worte'. NHL.com/de holt an jedem dritten Samstag im Monat ein berühmtes Eishockeyfoto aus den Archiven hervor und beschreibt es in 1000 Wörtern.
Heute: 'Lanny McDonald mit dem Stanley Cup'

Man kennt sie die Bilder jubelnder Sportler, die unmittelbar nach ihrem Erfolg die gewonnene Trophäe in die Höhe hieven, die sich feiern lassen und ihre Ehrenrunden drehen.
All das zelebrierte auch Lanny McDonald am 25. Mai 1989, jenem Tag, an dem die Calgary Flames in Spiel 6 des Stanley Cup Finales die Montreal Canadiens mit 4:2 im Montreal Forum bezwangen und zum ersten und bisher einzigen Mal in ihrer Klubgeschichte Stanley-Cup-Champion wurden.
McDonald fand einen Moment der inneren Ruhe, in dem er sich, trotz des Trubels um ihn herum, völlig alleine fühlen konnte - gedankenverloren, aber keineswegs einsam, wohlwissend IHN in seiner Nähe zu haben.
Erleichterung und Freude bilden in solchen Augenblicken eine wundersame Symbiose, die all die Mühe, die Verunsicherung und den Schmerz vergessen lässt.
Dieses Foto ist keine Selbstdarstellung, keine abgelichtete Inszenierung, auf ihm ist kein aufgesetztes Lachen und erst recht keine Überheblichkeit des Siegers zu sehen. McDonald ist mit sich im Reinen und genießt!
1111 reguläre Saisonspiele und 117 Playoff-Partien hatte es gedauert, bis sein größter Traum, auf den er 16 Jahre lang tagtäglich hingearbeitet hatte, zur Wirklichkeit wurde. Ein Schweißtropfen für jede Sekunde auf dem Eis! Ja, so sehen wirkliche Gewinner aus, Sieger im Sport und Helden des Lebens, die durch ihre Integrität der Inbegriff eines Vorbilds sind.

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Als Sohn eines Farmers und einer Lehrerin wurde McDonald am 16. Februar 1953 in der Kleinstadt Hanna geboren, die gut 200 Kilometer nordöstlich von Calgary liegt. Die Lethbridge Sugar Kings in der Alberta Junior Hockey League sowie die Calgary Centennials und die Medicine Hat Tigers waren McDonalds letzte Jugendstationen, bevor er von den Toronto Maple Leafs beim NHL-Draft 1973 in der ersten Runde an vierter Stelle ausgewählt wurde. Für den 20-Jährigen hieß es erstmals Abschied nehmen von Alberta. Neun Jahre sollte es dauern, bis er über den Umweg Colorado Rockies, wieder für ein Team aus seiner Heimat-Provinz auf Punktejagd gehen durfte.
Am Morgen des 25. November 1981, einen Tag nachdem die Rockies in Calgary mit 2:9 verloren hatten, handelte General Manager Cliff Fletcher einen Deal aus, der die Fans, Mitspieler und Medien in Calgary verzückte. Die Flames tauschten Bob MacMillan und Don Lever gegen McDonald und einem Draft Pick ein. Die Begeisterung hielt sich bei dem 'Local Boy' zunächst noch in Grenzen, als er davon auf dem Flughafen von Winnipeg erfuhr.
"Assistenztrainer Marshall Johnston war vor mir und ich sah, wie ihm ein Mitarbeiter von Air Canada eine Notiz überreichte. Er drehte sich um und sagte zu mir, 'Lanny du gehst zurück nach Calgary. Mein erster Gedanke war 'Ist etwas mit meiner Mutter? Ist etwas mit meinem Vater? Wer ist krank?' Er sagte 'Nein, nein, du hast es nicht verstanden. Du gehst zurück nach Calgary.' Ich erwiderte 'Ich habe es schon verstanden, doch was ist das Problem?' und er antwortete 'Wir haben dich getradet.' ", erinnerte sich McDonald gegenüber des Herald Tribune an den Tag, der seinen sportlichen Lebensweg entscheidend beeinflussen sollte.

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"Du denkst als Erstes daran, dass dich dein Team nicht mehr will und du denkst nicht an die andere Mannschaft", erklärte McDonald seine Enttäuschung von damals.
In Toronto war McDonald ein Publikumsliebling gewesen, in Calgary wurde er zu einer Legende! Bereits in seiner zweiten Saison bei den Flames 1982/83 stellte er mit 66 Toren in 80 Partien eine Franchise-Bestmarke auf, die noch immer Bestand hat. Im darauffolgenden Jahr wurde ihm das Co-Kapitänsamt übertragen, das er sechs Jahre lang bis zu seinem Karriereende ausfüllte.
McDonalds Lebenswerk darf nicht nur an seinen 500 Toren und 506 Assists gemessen werden, denn wenn er die Kabine betrat, umgab ihn eine Aura, die seinen Worten Respekt verschaffte, ohne dass er dabei laut werden musste. Auf dem Eis gab er stets alles für seinen Klub. Er war als Spieler und ist noch immer als Botschafter des Eishockeysports in Calgary sowie als Vorstandsvorsitzender der Hockey Hall of Fame eine Führungspersönlichkeit par excellence.
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In seiner letzten NHL-Saison war McDonald nicht mehr der große Scorer gewesen. Fürs Tore schießen waren bei den Flames andere, ein Joe Mullen, ein Joe Nieuwendyk zuständig, doch die Respektsperson und der Leitwolf des Teams war er weiterhin.
Als die sechste Finalpartie auf der Kippe stand, Claude Lemieux hatte zu Beginn des Mittelabschnitts für die Canadiens zum 1:1 ausgeglichen, brachte nur drei Minuten später McDonald mit seinem ersten Tor in diesen Playoffs die Flames erneut in Front. Und diesen Vorsprung gaben sie nicht mehr aus der Hand. Zum ersten Mal verloren die Canadiens vor heimischer Kulisse ein entscheidendes Finalspiel.
Abgekämpft lehnt sich McDonald an die wuchtige silberne Trophäe, findet in ihr Halt, gleichzeitig liebkost er den Pokal wie eine gute Freundin, der es Trost zu spenden gilt. 'Ich bin für dich da und du für mich!', könnte die Botschaft lauten.

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"Lanny! Du hast es tatsächlich geschafft", möchte man ihm am liebsten zurufen, um sich dann doch eines anderen zu besinnen, in dem Wissen, dass ihm die Erinnerung an das, was er in diesen Sekunden verspürt, für immer erhalten bleibt, und ihm noch oft auf seinem Lebensweg Kraft spenden wird.
Sein Trikot mit der Nummer 9 hängt schon seit 1990 unter dem Hallendach des Saddledome. Auf dem Weg in Kabine gehen die aktuellen Spieler der Flames an Bildern, auf denen McDonald abgelichtet ist, fast täglich vorbei. McDonald wurde 1992 in die Hockey Hall of Fame, ein Jahr darauf in die Alberta Sports Hall of Fame und 2017 in Canadas Sports Hall of Fame aufgenommen.
"Als ich von zu Hause wegging, sagte mein Vater: 'So toll es auch sein mag, als Eishockeyspieler gewürdigt zu werden, ich hoffe, sie erkennen dich als den Menschen Lanny McDonald an'. Ich dachte darüber nach - was zum Teufel meinte er damit? Aber wenn man zurückblickt, war er brillant. Er war ein Kerl, der eine Ausbildung der 8. Klasse hatte und verdammt brillant war. Was er mir im Grunde genommen mitteilte, ist, sei in deinem Leben rechtschaffen und bleibe unbescholten - sei ein Teil von dem, was da draußen passiert. Er war das größte Vorbild für mich. Er zeigte mir, wie man mithelfen kann, etwas zu bewirken."