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In Pittsburgh hat es sich ausgemeistert. Nichts ist es geworden mit dem dritten Titelgewinn der Pittsburgh Penguins innerhalb von drei Jahren. So sehr die Penguins vor der Saison auch vor Zuversicht gestrotzt hatten, so schnell wurden sie wieder auf den eiskalten Boden der Tatsachen zurückgeholt.
Hatten sie, bevor der Puck zum ersten Punktspiel eingeworfen wurde, nur die eine Sorge, den Stanley Cup endlich vor eigenem Publikum dingfest zu machen, so fanden sie sich im Westen Pennsylvanias nach 82 Spieltagen vor einem regelrechten Trümmerfeld wieder.

Nach einem chaotischen Saisonstart lagen die Nerven beim Serienmeister blank. Niemand hätte es in Pittsburgh für möglich gehalten, das sich die wahnwitzige taktische Marschroute, "bei Heimspielen nur noch mit falschrum gebogenen Schlägern zu spielen, um den Fans attraktivere und spannendere Spiele zu bieten", als fatal erweisen sollte.
Ende November zogen die Verantwortlichen der Penguins erste Bilanz und zu ihrer großen Verwunderung sprach diese eine deutliche Sprache. Auch wenn sie auf fremden Eis mitunter an alte Erfolge anknüpfen konnten, so blieben sie Zuhause nahezu gänzlich ohne Punktgewinn. Einzig in der Partie gegen die Arizona Coyotes am 7. November verließen die Penguins als Sieger die PPG Paints Arena.

Zu viel für das Pens-Management, das gewaltig tobte und kräftig am Trainerstuhl von Mike Sullivan rüttelte. Dieser dachte jedoch gar nicht daran, seinen Posten zu räumen, wies sämtliche Schuld an der Misere von sich und klettete sich mit Panzertape an jenes Möbelstück. Gegenüber der Presse argumentierte er wiederholt, dass sein Team genug "Passion" habe und "confident" ist, die Wende einzuleiten.
Alles Jammern half nicht und zum Jahreswechsel zogen die Verantwortlichen endgültig die Reißleine und setzten Sullivan samt feinstem Nussbaumfurnier-Stuhl, den sie ihm von seinem letzten Lohn abzogen, vor das Stadion. Spätestens ab diesem Zeitpunkt herrschte ein wildes Durcheinander in Pittsburgh.
Um wieder für Ruhe zu sorgen, griff das Management ganz tief in die Trickkiste, lockte das Trainerduo Zach/Lorant für Kost und Logis sowie drei Kisten Weißbier Monatssalär in die Stahlstadt und forderte höchstes Engagement von den Akteuren.
Entgegen aller Erwartungen sollte diese Maßnahme keine Früchte tragen. Die Taktik, mit vier Spielern im eigenen Torraum zu verteidigen und hohe Pucks auf den flinken Jake Guentzel zu spielen, überzeugte die Zuschauer zum Erstaunen der hochdotierten Trainerfüchse nicht.
Auch die Spieler waren außer sich und beklagten sich regelmäßig über die täglichen Medizinball-Einheiten. Sidney Crosby, der als Sprachrohr seiner Teamkollegen fungierte, äußerte sich grimmig: "Ich mach ja vieles mit, aber wenn ich zwei Mark fürs Trikot-Waschen zahlen soll, geh selbst ich auf die Barrikaden."

Die Luft wurde in Pittsburgh immer dicker und dass ein findiger Geschäftsmann aus der Musikindustrie Crosby fast zu einer Vertragsauflösung überreden konnte, tat sein Übriges dazu. Beinahe wäre es so weit gekommen, dass "Sid the Kid" seine Schlittschuhe an den Nagel gehängt, den Plattendeal angenommen und als Muttis-Lieblings-Jodelbarde ala Heintje Schlagerhymnen geplaybackt hätte.
Während das Überteam der vergangenen Jahre dem hausgemachten Niedergang eilig entgegenschritt, kletterte eine andere Franchise wie Phoenix aus der Asche. Wie eifrige Eichhörnchen sammelten die Vancouver Canucks unter dem Radar der Topmannschaften Pünktchen um Pünktchen.
Auch weil sie zur Trading Deadline die Gunst der Stunde nutzten und sich mit zwei Ü35-Schweden von den zu diesem Saisonzeitpunkt aussichtslos zurückliegenden Detroit Red Wings verstärkten, sicherten sich die Canucks einen Stanley Cup Playoff-Platz.
Dank Loui Erikssons raffinierter Idee, zum Teambuilding jede Woche einen skandinavischen Folkloreabend auszurichten, wuchs an der Pazifikküste eine schlagkräftige Truppe zusammen. Die Canucks mauserten sich innerhalb weniger Monate zu einem echten Titelaspiranten.

Um die schwedische Führungsriege entwickelte sich in Vancouver ein eingeschworener Haufen, an dem sich in den Stanley Cup Playoffs etliche Favoriten die Zähne ausbissen.
Im Stanley Cup Finale war es dann so weit und es ergab sich die von allen Seiten herbeigesehnte Knüllerpaarung zwischen den Canucks und den Boston Bruins. In der nervenaufreibendsten Finalserie seit sieben Jahren holten die Canucks den lange ersehnten Pokal nach British Columbia.
Vor allem die vor der Saison längst abgeschriebenen Henrik und Daniel Sedin stellten ihren Siegeswillen unter Beweis. Nicht nur ihr auslaufender Vertrag hatte sie zu Höchstleistungen angespornt, auch bot man ihnen in Vancouver eine regelrechte Wohlfühlatmosphäre. Beispielsweise ließ der preisgekrönte isländische Innenarchitekt Einar Dünnbrettson die Canuckskabine mit einer Holzvertäfelung in skandinavischer Jagdhüttenoptik auskleiden. Dies weckte auch beim Zwillingspaar seit langen schlummernden Torjägerqualitäten.
Beide Zwillingsbrüder markierten in der Finalserie gegen die Bruins sechs Tore und das Vergabekomitee war sich lange uneins, wem die Ehre der Conn-Smythe Trophy für den besten Spieler der Stanley Cup Playoffs zuteilwerden sollte. Letztendlich fand die Jury eine ausgefuchste Kompromisslösung, bei der der sechs Minuten ältere Bruder Henrik die Trophäe stellvertretend für Daniel in Empfang nehmen durfte.