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Das Duell der Giganten

von Bernd Roesch

Russland gegen USA! Was für eine Partie! Von wegen es ist nur ein Vorrundenspiel! Bei den 12000 Zuschauern im bis auf den letzten Platz besetzten Bolschoi Eispalast machte sich schon vor der Partie Gänsehaut breit. Der Ausgang dieser Begegnung zweier Medaillenaspiranten könnte ein Fingerzeig sein für den weiteren Verlauf des bestbesetzten Eishockeyturniers, das die Welt je gesehen hat.

Zum Glück lange vorbei sind die Zeiten des kalten Krieges der 80er Jahre, als ein Aufeinandertreffen der US-Amerikaner mit den Eishockeycracks aus der damaligen Sowjetunion eine Projektion des politischen Zündstoffes auf der Eisfläche bedeutete. Beide Teams sind vorgestern hervorragend mit jeweils einem Sieg in das olympische Turnier gestartet. Vor allem die Nordamerikaner konnten bei ihrem 7-1 Triumph über die Slowakei überzeugen, wenngleich sich dieser hohe Erfolg, angesichts der erneuten Niederlage der Slowaken gegen die schwächer eingeschätzten Slowenen, die zum Turnierauftakt der Sbornaja mit 2-5 unterlegen gewesen waren, wieder relativierte.

Das heutige Duell der Giganten wurde den hohen Erwartungen gerecht. Sie boten den Fans im weiten Rund, darunter auch das russische Staatsoberhaupt Vladimir Putin, ein Eishockeyspiel vom Feinsten. Am Ende hatten die amerikanischen Gäste mit 3-2 (0-0/1-1/1-1/0-0/1-0) nach Shootout die Nase vorn. Dieses Penaltyschießen war der würdige Abschluss eines Eishockeykrimis der besonderen Art. Es entwickelte sich zu einer Show zwischen Pavel Datsyuk sowie Ilya Kovalchuk auf der russischen Seite und T.J. Oshie bei den Amerikanern. In der achten Runde des Shootouts beendete Oshie, der insgesamt sechsmal gegen den russischen Tormann Sergei Bobrovski antrat, mit seinem vierten Treffer das Spektakel.

Das es alles andere als eine normale Vorrundenbegegnung war, das wurde auch schon vom Eröffnungsbully weg ersichtlich. In der schnellen Partie mit wenigen Spielunterbrechungen zeigten sich die Kontrahenten in der Defensive hochkonzentriert, so dass es im ersten Spielabschnitt auf beiden Seiten zu kaum nennenswerten Torchancen kam. Den Torjubel für ihre Sbornaja schon auf den Lippen hatten die russischen Fans, als nach einer Viertelstunde Evgeni Malkin im Torraum in Jonathan Quick rutschte, die Scheibe jedoch knapp am rechten Torpfosten vorbei schlitterte. So ging es mit einem torlosen Remis in die erste Drittelpause.

Den zweiten Spielabschnitt begann das US-Team offensiver und es brachte die russische Defensive mehrfach in Bedrängnis. Phil Kessel tauchte nach drei Minuten unbedrängt vor Bobrovski auf, bugsierte den Puck jedoch am Kasten vorbei. Nach fünf Minuten in diesem Durchgang wendete sich das Blatt zugunsten der Gastgeber. Zuerst musste das Quergestänge für den bereits geschlagenen

Quick retten, vier Minuten später war es dann Russlands Teamkapitän Pavel Datsyuk, der einen präzisen Pass durch die gesamte neutrale Zone an der gegnerischen blauen Linie aufnahm, drei US-Amerikaner stehen ließ und eiskalt zum 1-0 abschloss. Die Hausherren kontrollierten nun das Geschehen auf dem Eis, machten die Räume eng und zwangen ihre Kontrahenten zu Einzelaktionen bis, ja bis Alexander Radulov auf der Strafbank Platz nehmen musste und Cam Fowler, 44 Sekunden bevor diese abgelaufen war, völlig freistehend aus kurzer Distanz zum Ausgleich einnetzen konnte.

Mit einem Mann weniger auf dem Eis begann für die US-Auswahl das Schlussdrittel. Erneut konnte die Sbornaja aus ihrer nummerischen Überlegenheit kein Kapital schlagen. Wie man in Überzahl besser spielt, das bekamen sie von Joe Pavelski in der 50. Minute gezeigt. Der Stürmer der Sharks zog, nachdem er die Scheibe von Patrick Kane zugespielt bekommen hatte, sofort ab und erzielte, unhaltbar für Bobrovski, das 2-1. Die Freude über die Führung währte nur 197 Sekunden, dann fanden die Scheibu-, Scheibu-Rufe, die nun im weiten Rund laut wurden, ihr Gehör. Das russische Team hatte die Powerplaylektion gelernt und erneut war es Datsyuk, der mit einem Schuss, bei dem Quick von Radulov völlig die Sicht versperrt wurde, ins Schwarze traf.

In den noch verbleibenden gut zwölf Minuten incl. Verlängerung schenkten sich die Gegner keinen Millimeter auf dem Eis und so kam es zu dem hochspannenden Showdown im Penaltyschießen mit dem besseren Ende für die Nordamerikaner.

Angesichts dieser Vorstellung beider Mannschaften, kann man sich realistisch vorstellen, dass sie bei dem olympischen Turnier erneut aufeinandertreffen werden, und zwar dann, wenn es um Edelmetall geht.

WEITERE OLYMPIAERGEBNISSE:

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