ReavesTuch

Routiniert gehen die NHL und ihr Medientross alljährlich den letzten Tag vor dem Stanley Cup Finale an. In der Arena, in der tags darauf der Puck zur Eröffnung des Stanley Cup Finales fallen wird, finden sich zahlreiche Reporter aus der nationalen und internationalen Presse ein. Auf der Tribüne verfolgen sie gespannt, wie die Spieler der beiden Kontrahenten ihre letzten Schritte auf dem Eis machen, bevor der Startschuss zum Finale fällt.

Sie erspähen jede noch so kleine Veränderung in der Aufstellung und suchen eifrig nach taktischen Anpassungen der Trainer. Auch in diesem Jahr zeigte sich auf den Rängen der T-Mobile Arena dieses gewohnte Bild: Hunderte Journalisten, die mit gespitzten Bleistiften wild auf ihren Notizblöcken herumkritzeln.
Doch das was sie am Sonntag auf dem Eis erlebten, war nichts Alltägliches. Mit den Washington Capitals und den Vegas Golden Knights stehen sich in diesem Jahr zwei Teams gegenüber, die das Prozedere noch nie durchmachen mussten. Bis auf Washingtons Brooks Orpik und Vegas Marc-Andre Fleury stand noch kein aktiver in einem Stanley Cup Finale und erlebte den sogenannten Media Day auf der eigenen Haut.

"Ich denke, wir haben ein ziemlich junges Team. Viele von ihnen absolvierten ihre ersten Playoff-Spiele überhaupt", erklärte Fleury. "Ich denke, sie kommen mit der ganzen Sache ziemlich gut klar. Auch nach Niederlagen haben wir uns immer auf das nächste Spiel fokussiert. Sicherlich ist es eine größere Bühne, aber unser Spiel hat sich deshalb nicht wirklich verändert."
Wohl noch nie werden die anderen Spieler vor so vielen neugierigen Journalisten-Augen trainiert haben, nur selten mussten sie, die gleichwohl äußerst medienerprobt sind, so vielen Fragen Rede und Antwort stehen. Nach einem minutiös ausgetüftelten Plan wurden die Spieler und Teamverantwortlichen auf die Bühne gebeten und von den neugierigen Reportern ins Kreuzfeuer genommen.
So lästig der Media Day auf den ersten Blick erscheint, er könnte dennoch auch eine willkommene Abwechslung für den ein oder anderen Spieler sein. Seit Wochen befinden sich diese in einem Tunnel, haben nur noch das große Ziel vor Augen und spulen im Idealfall ein maschinell eingespieltes Programm ab. Für einen letzten Tag konnten sie nun von diesem Fokus ablassen, bevor die Anspannung ab Montag um 8:00 PM ET (2:00 Uhr MESZ; NBC, CBC, SN, TVAS) ein neues Level erreichen wird.
"Es fühlt sich einfach gut an", erzählte Vegas-Stürmer William Karlsson. "Wir sind nur noch einen Tag vom Finale entfernt. Es ist einfach unglaublich, im Finale zu stehen. Ich genieße es einfach und gehe jeden Tag so an, wie das ganze Jahr auch."

Auch sein Teamkollege Luca Sbisa freut sich darüber, im Rampenlicht der Eishockey-Welt zu stehen.
"Ich genieße es", so Sbisa. "Vom ersten Tag an war es eine verrückte Fahrt. Am Anfang deshalb, weil wir das neue Team in der Liga waren, aber als dann die Saison losging, haben wir angefangen richtig gutes Eishockey zu spielen und ehe wir uns versahen, sitzen wir hier und werden darüber ausgefragt, wie es ist, im Stanley Cup Finale zu stehen. Es war eine verrückte Fahrt und ich muss mich manchmal echt noch kneifen. Manchmal kann ich es noch gar nicht glauben. Ich fahr hier runter und ich denke mir 'was mache ich hier überhaupt'. Dann bin ich hier und erlebe die Medienmeute und das Stanley Cup Finale. Es ist verrückt, aber es macht auch einen riesigen Spaß."
Während die Journalisten nach den besten Geschichten und interessantesten Neuigkeiten lechzen, üben sich die Spieler darin, den Druck und die Anspannung vor dem Höhepunkt ihrer Sportkarriere, fallen zu lassen. Über 6.000 Fans verabschiedeten sich am Samstag in der Trainingshalle der Capitals von ihrer Mannschaft vor dem Abflug nach Vegas und schnürten eine riesige Erwartungshaltung.
In Vegas angekommen, entkamen die Capitals dem Trubel jedoch nur kurzzeitig. Prompt, stürzten sie sich in den nächsten. Doch für ihren Kapitän Alex Ovechkin war die kurze Trainingseinheit in der T-Mobile Arena ein lockeres Schaulaufen. Den Medienrummel lässt er tapfer über sich ergehen.

"Wir sind sehr relaxed. Beim Training waren wir die gleichen alten Caps. Wir alberten rum und schossen auf die Jungs, die herumliefen", erzählte Ovechkin. "Wir sind relaxed, wir sind aber auch hungrig. Jetzt wollen wir einfach nur zum Spiel. Diese Lichter, diese Shows und diese Interviews. Das ist nicht das, wobei wir uns wirklich wohl fühlen. Es ist cool, aber ich wusste nicht wirklich, dass es dazugehört. Es ist gigantisch und sicherlich gut für das Eishockey, aber wir wollen jetzt einfach da raus gehen und ein Eishockeyspiel spielen."