Capitals glauben an Sieg in der Serie gegen Flyers
von Tom Gulitti
WASHINGTON – Mit jedem Schuss, den die Washington Capitals am Freitag aufs Tor von Philadelphia Flyers Schlussmann Michal Neuvirth abfeuerten, nahm der Druck im Verizon Center und die Erwartung der Fans zu.
Neuvirth hielt alles was von den Capitals in Spiel 5 der Eastern Conference Erstrundenserie auf seinen Kasten kam. Aber hätte nicht einer dieser Schüsse reingehen müssen?
Die Flyers, die es im gesamten Spiel auf einen Negativrekord von 11 Schüssen gebracht hatten, erzielten ein Tor durch Ryan White's Schuss, der sein Ziel weit verfehlt hätte, wäre er nicht vom Schlittschuh von Capitals Verteidiger Taylor Chorney nach 7:52 Minuten im zweiten Drittel abgefälscht worden. Schon aufgrund der Menge an Schüssen, die sie auf Neuvirth abfeuerten, ließ die Capitals daran glauben, dass einer davon die Torlinie überqueren werde.
Doch das war nicht der Fall und nachdem Chris VandeVelde mit einem Empty Netter zum 2-0, als noch 30,8 Sekunden auf der Uhr gestanden waren, den Flyers ihren Sieg sicherte änderte sich abrupt die Stimmung in der Arena. zuerst erwartungsfrohe laute Anfeuerung, dann angsteinflösende Stille derer die zu den Ausgängen strömten.
Hätten sie diesen sonderbaren Film nicht mit eigenen Augen gesehen, sie hätten es nicht geglaubt. Drei Tage zuvor lagen die Capitals in der Best-of-7 Serie mit 3-0 vorne, nun müssen sie für Spiel 6 zurück nach Philadelphia ins Wells Fargo Center, wo die Flyers am Sonntag die Chance haben die Serie auszugleichen.
Die Capitals haben immer wiederholt, dass sie ihre eigene Geschichte schreiben wollen, nachdem sie die reguläre Saison mit 120 Punkten und dem Gewinn der Presidents' Trophy abgeschlossen hatten. Es schien so, als hätten sie die ganz große Chance zum ersten Mal in ihrer Franchisegeschichte den Stanley Cup zu gewinnen oder zumindest zum ersten Mal seit 1998 über die zweite Playoffrunde hinauszukommen.
Nun sind sie auf halbem Wege dabei als fünftes Team, das eine 3-0 Führung in einer Best-of-7 Serie verspielt, in die NHL Historie einzugehen.
"Jeder spricht über die Vergangenheit, was war, was war", sagte Capitals Coach Barry Trotz. "Der einzige Druck den wir haben, ist der den wir uns selber machen. Wir müssen nach Philadelphia und wir müssen wirklich gut spielen und dort gewinnen. Sollten wir das nicht schaffen, kommt es zu einem Spiel 7. Ich glaube wir haben heute ein exzellentes Spiel abgeliefert."
"Was soll man sagen? Man muss weiterhin so auftreten und es wird eine Wende geben."
Trotz fiel es schwer sich aufzuregen nachdem es die Capitals zu einem Torschussverhältnis von 44-11 gebracht hatten. In den letzten zwei Dritteln betrug das Verhältnis 30-6 zu ihren Gunsten. An Schussversuchen zählten die Statistiker 82 zu 27 für die Capitals - 61 zu 15 im zweiten und dritten Spielabschnitt.
Die Flyers kamen in den letzten 10:11 Minuten des zweiten Drittels zu keinem einzigen Torschuss. Das sagt viel darüber aus, wie sehr sich das Spiel im Drittel der Flyers abgespielt hat. Doch die Capitals konnten Neuvirth, der in den letzten zwei Spielen 75 von 76 Schüssen gehalten hat, nicht bezwingen.

"Er hat einfach jeden Schuss von uns gesehen", sagte Kapitän Alex Ovechkin, der es auf acht Torschüsse und 14 Schussversuche gebracht hatte. "Wir müssen jemanden vors Tor stellen und derjenige darf kein netter Kerl sein. Wir müssen eine Lösung finden."
Die Capitals kennen Neuvirth, 28, so gut wie keinen anderen. Washington hat ihn 2006 gedraftet und er spielte mit vielen Capitals Spielern zusammen bis er am 5. März 2014 an die Buffalo Sabres abgegeben wurde.
"Ich habe ihn schon einige gute Partien bestreiten sehen, doch das war definitiv sein bestes Spiel", sagte Verteidiger Karl Alzner. "Er war gelassen. Im zweiten Drittel wirkte er etwas müde, doch das ist verständlich und er fand Mittel und Wege die Pucks zu stoppen."
Nachdem sie die reguläre Saison dominiert hatten, gingen die Capitals mit einem enormen Druck in die Stanley Cup Playoffs, wo der nächste Schritt gewagt werden sollte. 2010 gaben sie als Presidents’ Trophy Gewinner nach einer 3-1 Führung die Erstrundenserie gegen die Montreal Canadiens noch ab. Damals wurden ihre Pläne von Torwart Jaroslav Halak, der 131 von 134 Schüssen in den letzten drei Begegnungen abwehren konnte, durchkreuzt.
Das ist nur ein Fall aus der frustrierenden Playoffhistorie der Capitals mit zehn Serien, die sie nach einer 2-0 oder 3-1 Führung noch hergeschenkt haben.
"Welche Historie?", fragte Center Nicklas Backstrom. "Ich weiß gar nichts über diese Vergangenheit. Ich schau vorwärts auf das nächste Spiel am Sonntag."
Gehen wir nicht so weit zurück. Die Capitals haben seit 2013 eine Bilanz von 1-8 in Spielen mit denen sie eine Playoffserie für sich hätten entscheiden können. Ihre Bilanz unter Trotz in den vergangenen zwei Jahren lautet 1-6.
"Ich glaube nicht, dass dieses Team eine Playoffhistorie hat", sagte Alzner. "Das sind unsere ersten Playoffs zusammen, dementsprechend verneine ich das. Entschuldigt mir, wenn ich vorlaut bin, doch das ist die Wahrheit."
Das Positive aus Sicht der Capitals ist, dass sie noch zwei weitere Gelegenheiten haben gegen die Flyers zu bestehen und dass sie Lektion aus den letzten zwei Auftritten besser gelernt haben sollten als die aus dem NHL Record Book. Sie dominierten die Flyers die meiste Zeit in dieser Serie und vor allem die letzten vier Drittel nach einem schwachen Start bei ihrer 1-2 Niederlage in Spiel 4.

"Über unser erstes und zweites Drittel in Spiel 4 müssen wir uns am meisten ärgern, doch davon abgesehen sind wir gut", sagte Stürmer T.J. Oshie. "Die Gruppe hat das ganze Jahr über eng zusammengehalten. Wir werden in Spiel 6 gehen und dort versuchen sie zu bekommen."
Trotz spricht gerne über 'Eishockeygötter' und räumt ein: "Die Leute denken ich bin verrückt." Seine Begründungen sind aber stichhaltig.
Zu Beginn von Spiel 4 wollte Trotz, dass sie die Chance nutzen den Flyers den Schneid abzukaufen und ihnen ihren Killerinstinkt zu zeigen. Die Capitals spielten in den ersten zwei Dritteln passiv. Anschließend dominierten sie fast jede Minute, wurden aber für ihre Bemühungen nur mit einem Treffer belohnt.
Was möchten die Eishockeygötter denn noch?
"Jedes Mal verdienst du es etwas mehr", sagte Trotz. "Wir haben gelernt, dass wir es auf der anderen Seite mit einem belastbaren Team zu tun haben. Sie haben einen guten Torhüter. Sie sind widerstandsfähig. Sie blocken Schüsse ab. Sie versuchen alles und sie kamen hierher und schossen ein Tor. Es spielt keine Rolle, wie sie es gemacht haben, denn sie haben eines gemacht und wir nicht."
"Es gibt am Ende des Abends nur eine Statistik die zählt und das sind die Tore."