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Wie sich NHL-Backup-Goalies die Zeit vertreiben

von Kevin Woodley

Die Ersatztorleute der Toronto Maple Leafs und die Reserve-Quarterbacks der NHL haben eines gemeinsam: Während der Spiele kann man sie mit einer Baseball-Mütze auf dem Kopf und einem Clipboard in der Hand am Rande des Geschehens beobachten.

Was um Himmels Willen machen sie da, fragt sich der geneigte Eishockey-Zuschauer. Die Antwort ist simpel: Sie führen die Bully-Statistik. Mike Babcock, Coach der Toronto Maple Leafs, hat das eingeführt, als er noch im Juniorenbereich trainierte. In der NHL setzte er diese Maßnahme fort, zunächst bei den Anaheim Ducks, dann bei den Detroit Red Wings und jetzt bei den Maple Leafs.

"Zuerst wusste ich nicht so recht, was ich da eigentlich machen sollte. Aber man hat zumindest eine Aufgabe", sagt James Reimer, kurz bevor er am 27. Februar von Toronto zu den San Jose Sharks transferiert wurde. "Wenn man nur auf der Bank herumsitzt, bleibt ja nicht viel mehr zu tun, als die Jungs auf dem Eis lautstark anzufeuern. Die Registrierung der Bullys hilft dabei, näher am Spiel zu bleiben."

Babcock selbst glaubt, dass dieser Arbeitsauftrag den Ersatztorhütern hilft, sich besser auf das Spielgeschehen zu fokussieren. "Wenn ein Torwart in entscheidenden Situationen auf dem Eis steht, interessiert er sich doch auch dafür, wer da von seinem Team im Bully-Kreis steht. Warum sollte das anders sein, nur weil er auf der Bank sitzt? Auf diese Weise kann man auch als Nummer zwei dazu beitragen, dass die eigene Mannschaft gewinnt, weil sie eben die richtigen Leute das Bully ausführen lässt", sagte er noch zu seiner Zeit bei den Red Wings.

"Ich glaube an diese Aktion. Andere Teams bezahlen dafür sogar extra Leute. Wir brauchen das nicht, schließlich bekommen unsere Torhüter von Haus aus ihr Geld. Von daher sollte es kein Problem sein, dass sie einen Abend lang die Bullys auf Papier festhalten", so Babcock.

Red-Wings-Goalie Chris Osgood erzählt, dass die ganze Sache nicht so ungefährlich ist, wie sie klingt. "Einmal bin ich dabei fast umgekommen. Ein Puck flog nur um Zentimeter an meinem Kopf vorbei, als ich die Statistik führte und nicht auf das Eis geschaut hatte." Osgood trug nie seine Maske auf der Bank. Seit diesem Schreck zieht er bei Bullys in seiner Nähe zumindest seinen Fanghandschuh an. "An manchen Abenden ist es echt hart, weil so viele Pucks auf die Ersatzbank fliegen."

Bei den vergangenen zwei Olympischen Spielen sah man Babcocks Ersatzgoalies übrigens ohne Clipboard. In der NHL gibt es momentan auch keine anderen Vereine, die ihre Backups zum Bullyzählen vergattern. Lediglich Joel Quenneville hatte die Idee eine Zeitlang bei der Colorado Avalanche umgesetzt, nachdem er zuvor bei einer Weltmeisterschaft mit Babcock gearbeitet hatte. Seit er bei den Chicago Blackhawks unter Vertag steht, hat er es jedoch sein lassen. "Es ist aber grundsätzlich gut für den Goalie, weil es ihn im Spiel hält", meint Quenneville.

Womöglich sieht es Quenneville aber auch nur als gute Möglichkeit an, seinen Ersatzmann daran zu hindern, Hotdogs zu essen. Dabei wurde nämlich Jamie McLennan während einer Begegnung seiner Montreal Canadiens gegen die St. Louis Blues gesichtet. McLennan erwähnte den Vorfall auch in seinem 2012 erschienenen Buch "The Best Seat in the House". Darin erzählt er auch, wie er Gummibärchen auf der Bank naschte und sie unter den Schonern versteckte.

Der Hotdog in jener Nacht befand sich übrigens in seinem Handschuh. Während er sich vermeintlich im Gesicht kratzte, biss er klammheimlich von der Wurst ab. Quenneville nahm die Sache locker.

McLennan arbeitet inzwischen als TV-Analyst. "Wenn man drei Stunden herum sitzt, hat man halt Hunger", sagt er augenzwinkernd zu der ungewöhnlichen Mahlzeit.

Im Nachwuchsbereich ist das Registrieren von Bullys durch die Backups mehr verbreitet. Jakob Markstrom von den Vancouver Canucks wurde bei seinen Abstechern in die American Hockey League öfter darum gebeten. Er findet das Ganze jedoch nicht sinnvoll. "Wenn man am Spielgeschehen teilnehmen soll, ist es besser, die Partie auch zu verfolgen anstatt auf ein Stück Papier zu schauen.

Carter Hutton, Goalie der Nashville Predators, hat seine Erfahrung mit Bully-Notizen zu Beginn seiner Karriere in der Organisation der San Jose Sharks gemacht. Um konzentriert zu bleiben, tauscht er sich jetzt während der Werbeunterbrechungen jedoch lieber mit Nashvilles Nummer eins im Tor, Pekka Rinne, verbal aus. "Wenn Pekka an die Bank gefahren kommt, reden wir über Spielzüge und unsere Beobachtungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Was passierte da? Wie hast du jene Szene gesehen? Wenn ich spiele, halten wir es genauso", berichtet Hutton. Dann würden auch keine Teamkollegen mit der Bitte vorstellig, die Statistik bei den Bully-Gewinnen aufzuhübschen.

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