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NHL.com/de hat sich kürzlich mit einigen Spielern aus der Liga unterhalten, um einen Einblick in breit gefächerte Themen zu bekommen. In dieser Ausgabe schreibt Christian Rupp über Spieler-Trades und die damit verbundenen Gefühlswelten.

Trades gehören in der NHL zum Tagesgeschäft. Spieler und Draft-Picks können unter den 31 Teams getauscht werden. Transfers sind bis zur Trade-Deadline möglich - wechselt danach noch ein Spieler, ist er für die Playoffs nicht spielberechtigt. Das Ziel der Klubs ist klar: Mit Tauschgeschäften können Engpässe gelöst, Bedürfnisse erfüllt oder auslaufende bzw. abwanderungswillige Akteure für einen Gegenwert transferiert werden.
Den Blockbuster-Trade im Sommer 2018 schnürten die San Jose Sharks und Ottawa Senators: Star-Verteidiger Erik Karlsson, dessen Vertrag im Sommer 2019 ausläuft, wechselte zusammen mit Talent Francis Perron nach San Jose. Im Gegenzug erhielt Ottawa die Stürmer Chris Tierney, Rudolfs Balcers und Josh Norris, Verteidiger Dylan DeMelo sowie zwei bis vier hochkarätige Draft-Picks.
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Karlsson empfand den Trade als "Extrem emotional und sehr traurig"
Dieser Transfer löste vor allem bei den Sharks-Fans Jubelstürme aus, auch der Klub freut sich auf einen der besten Verteidiger der Welt. Für den Spieler bedeutet der Wechsel aber weit mehr als pure Begeisterung und eine neue sportliche Herausforderung: Karlsson, der seine komplette NHL-Karriere bei den Senators verbracht hatte, stößt zu einem neuen Team, in einer neuen Stadt mit neuen klimatischen Verhältnissen und muss mit seiner Familie einen Umzug über knapp 4.000 Kilometer bewältigen. Hinzu kommt die schmerzhafte Trennung von den Sens.
"Es ist ein sehr emotionaler und trauriger Tag für meine Familie, aber es ist Teil des Geschäfts", hatte Karlsson mit Tränen in den Augen auf einer Pressekonferenz direkt nach Bekanntgabe des Trades erklärt. "Nicht in meinen wildesten Vorstellungen hätte ich gedacht, dass ich diesen Ort jemals verlassen würde. Darauf kann man sich nicht vorbereiten. Die Eigner und das Management haben deutlich klargemacht, in welche Richtung sie sich entwickeln wollen. Leider war ich kein Teil davon. Es war ihre Entscheidung. Ich respektiere das und wünsche ihnen das Allerbeste. Ich muss die Situation jetzt nehmen, wie sie ist. Wenn sich alles wieder etwas beruhigt hat, kann ich wieder nach vorne schauen und weitermachen. Aber jetzt im Moment ist es extrem emotional und sehr traurig."
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Staal: "Es ist ein schwerer Moment"
Der Fall Karlsson zeigt, dass ein Trade weit mehr für einen Spieler bedeutet, als einen Vereinswechsel. "Das ist das reale Leben. Manchmal glauben die Leute, es ist ein Video-Spiel oder eine Fantasie-Aufstellung, aber das ist es nicht", macht Center Erik Staal klar. Der 33-Jährige wurde Ende Februar 2016 von den Carolina Hurricanes zu den New York Rangers getradet. Nach der Saison unterschrieb er für drei Jahre bei den Minnesota Wild. Im Sommer 2019 läuft sein Kontrakt aus. "Wenn du umziehen musst, besonders, wenn du schon ein älterer Spieler mit Frau und Kind bist, ist es eine große Sache. Es ist ein schwerer Moment. Wir sind alle dankbar und glücklich, dass wir dieses Spiel spielen dürfen, aber gleichzeitig machen es Trades nicht einfach. Es gibt viele Sachen hinter den Kulissen, die schwer zu handhaben sind. Aber so läuft es nun mal."
Viele verdiente Spieler lassen sich wohl auch deshalb eine "No-Move-Klausel" in den Vertrag einarbeiten. Diese kann verschieden gestaltet werden: Entweder mit einem strikten Wechsel-Verbot ohne Zustimmung des Spielers, oder mit einer Liste an Teams, zu denen ein Transfer gestattet wäre.
Duchene: "Der schwerste Teil war der Abschied"
Mittelstürmer Matt Duchene erhoffte sich bei seinem Wechsel von den Colorado Avalanche zu den Ottawa Senators Anfang November 2017 einen Karriere-Schub. "Ich kann nicht so lange spielen und will eine erfolgreiche Karriere haben - für mich persönlich und für meine Mannschaft. Manchmal musst du harte Entscheidungen treffen", so der 27-Jährige, der ein paar Anlaufschwierigkeiten in der kanadischen Hauptstadt hatte: "Wenn du in ein neues Team kommst, dann willst du voll einschlagen, aber auch nicht irritieren - das ist eine feine Linie. Ich habe zu sehr versucht, so wenig wie möglich zu stören und mich an das System zu halten, anstatt einfach Eishockey zu spielen", blickt der Kanadier, dessen Vertrag nach der kommenden Saison ausläuft, zurück.
Die Abnabelung von den Avs, für die Duchene seit 2009 die Schlittschuhe schnürte, fiel dennoch nicht leicht: "Abseits des Eises war der schwerste Teil der Abschied. Ich hatte mich meine ganze Karriere lang als Spieler der Colorado Avalanche gesehen. Ich wollte nicht gehen, aber es war der beste Schritt für meine Karriere. Wenn du persönliche und geschäftliche Dinge trennen musst, kann es wehtun."

Wennberg: "Ich nehme es, wie es kommt"
Alex Wennberg von den Columbus Blue Jackets war bislang noch nicht in einem Trade involviert, musste sich aber dennoch mit diesem Thema auseinandersetzen. "Am Anfang hörst du viele Gerüchte über einen Trade, also versuchst du, alles darüber herauszufinden und am Ende passiert genau das Gegenteil", plauderte der 24-jährige Stürmer aus dem Nähkästchen. "Du steckst also deine ganze Energie in etwas, was du nicht beeinflussen kannst, also habe ich dieses Thema in den letzten Jahren von mir weggeschoben. Für mich ist es jetzt OK, wenn ich getradet werde, dann nehme ich es, wie es kommt."
Auch wenn Wennberg noch nicht den Klub wechseln musste, so sah er bereits einige Mitstreiter kommen und gehen. "Wenn ein Spieler getauscht wird, du einen neuen Teamkollegen bekommst oder ein anderer geht, dann passiert es ganz oft, dass du einfach das Beste daraus machen musst. Du kannst dich nicht hinstellen und sagen: Oh, wie konnte das nur passieren? Du musst einfach das Beste daraus machen!"
Kane: "Als hätte ich mein ganzes Leben darauf gewartet"
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Aller Befürchtungen zum Trotz gibt es auch Wechsel mit durchweg positiven Gefühlen. San Jose dient hier erneut als Musterbeispiel: Als die Nord-Kalifornier Ende Februar 2018 Evander Kane von den Buffalo Sabres holten, war es für den 27-jährigen Flügelstürmer wie eine Befreiung: "Ich konnte meine Koffer nicht schnell genug packen", so Kane, der hofft, endlich angekommen zu sein: "Es fühlt sich so an, als hätte ich mein ganzes Leben darauf gewartet, für einen Klub wie die Sharks spielen zu dürfen. Ich will bis zum Karriereende hierbleiben."
Begeisterung, Vorfreude, Neugier, Angst und Trennungsschmerz - ein Trade bleibt für Spieler eine Achterbahnfahrt der Gefühle.