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Nein, so hatten sie sich das in Reihen der Toronto Maple Leafs garantiert nicht vorgestellt. Was vor ein paar Tagen noch wie ein ungefährdeter Seriensieg für die Favoriten in der Erstrundenserie der Stanley Cup Playoffs gegen die Montreal Canadiens aussah, hat sich in eine dramatische Zitterpartie verwandelt.

Die Maple Leafs spielen am Montag (7 p.m. ET; NHL.tv; Di. 1 Uhr MESZ) in einem alles entscheidenden siebten Spiel um den Verbleib in den NHL-Playoffs 2021, nachdem sie am Samstag im Bell Centre in Spiel 6 mit 2:3 nach Verlängerung gegen die Canadiens verloren haben.

TOR@MTL, Sp6: Kotkaniemi versenkt ihn in der OT

Das ist enttäuschend für eine Mannschaft, die in der Best-of-7-Serie schon mit 3:1-Siegen vorne lag und die seit Anfang Februar die Führung in der Scotia North Division der Liga innehatte. Fast vergessen ist dadurch inzwischen auch die Tatsache, dass Toronto in der regulären Saison in den zehn direkten Duellen eine Bilanz von 6-2-2 gegen Montreal vorzuweisen hatte, den aktuellen Gegner dabei vielfach klar beherrschte.
Insbesondere die Art und Weise auf die die traditionsreiche NHL-Vertretung aus Toronto die Serienführung gegen die scheinbar schon geschlagenen Canadiens in den vergangenen Tagen wieder aus der Hand gab, muss den Beteiligten dabei sehr zu denken geben.
Zwei Niederlagen nacheinander in der Verlängerung, bei denen man selber im dritten Spielabschnitt einen zuvor eingetretenen Rückstand egalisieren konnte, damit das Momentum auf die eigene Seite zog, drohen auf die Moral im Kader zu schlagen. Nach dem hart erkämpften 4:3-Sieg nach Verlängerung in Spiel 5 am Donnerstag trug Montreal die Energie von 2.500 Fans im heimischen Bell Centre in Spiel 6 zu einem weiteren erfolgreichen Kraftakt, der die Maple Leafs jetzt maximal fordert.
"Offensichtlich haben sie von der Anwesenheit der Zuschauer profitiert, besonders am Anfang", sagte Auston Matthews anerkennend über den Einfluss, den die Menge auf den Spielverlauf nahm. Die Canadiens verzeichneten am Samstag, sehr zur Freude ihres Anhangs, die ersten acht Torschüsse des Spiels. Während dieser Zeitspanne ging Torontos Powerplayformation ans Werk und verzeichnete dabei keinen einzigen Torschuss. "Wir waren zu Beginn des Spiels einfach noch nicht bereit zu spielen", befand auch Stürmer Mitch Marner im Rückblick. "Wir müssen wirklich unmittelbar mit Spielbeginn anfangen."
Ausgerechnet dem zuvor teilweise harsch kritisierten Torhüter Jack Campbell gelang es durch einige starke Paraden seine Mannschaft unbeschadet durch diese Phase des Spiels zu bekommen.

TOR@MTL, Sp6: Toffoli trifft in Überzahl

Die Canadiens gingen erst durch einen Doppelschlag durch Corey Perry (46., pp) und Tyler Toffoli (47., pp) im Schlussdrittel mit 2:0 in Führung. In dieser kritischen Phase bewiesen die Maple Leafs ihre noch immer ungebrochene Moral. Wie bereits am Donnerstag, als das Team im Schlussabschnitt aus einem 1:3 ein 3:3 machte, bewies Toronto Nervenstärke und egalisierte den Zwei-Tore-Rückstand in der Endphase durch Treffer von Jason Spezza (52.) und TJ Brodie (57.) noch vor der Schlusssirene, so dass erneut eine Extraschicht über den Spielausgang entscheiden musste.
Doch wie bereits beim Spiel zwei Tage zuvor, hatten auch in Spiel 6 die Canadiens hierbei das glücklichere Ende für sich. Jesperi Kotkaniemi entschied die Begegnung in der 17. Minute der Verlängerung zu Ungunsten der Maple Leafs. Dies war umso ärgerlicher aus Sicht Torontos, da die Mannschaft in der Overtime das Geschehen auf dem Eis bis zu diesem Gegentreffer klar dominierte und die Fans in der Arena vor dem Siegtor ihrer Lieblinge in Anbetracht des Geschehens vor ihren Augen immer stiller wurden.
Die Gäste hatten in der Verlängerung 13 Torschüsse vorzuweisen, die Hausherren lediglich deren zwei. Ein Turnover von Travis Dermott führte letztendlich zur spielentscheidenden Szene, in der Kotkaniemi die Scheibe über die Torlinie hinter Campbell beförderte.
Bis zum Kräftemessen am Montag gilt es für Toronto jetzt diesen abermaligen Rückschlag bestmöglich zu verarbeiten. Deutliches Steigerungspotenzial offenbarte in Spiel 6 der Serie einmal mehr das Überzahlspiel Torontos. Während die Canadiens zwei ihrer vier Powerplaymöglichkeiten in Tore ummünzen konnten, versuchten sich die Angreifer der Maple Leafs in dieser Disziplin in ihren vier Anläufen vergeblich. Trotzdem wollte der Trainer seinen Schützlingen deshalb keinen Vorwurf machen: "Ich denke, sie haben hart gearbeitet", sagte Sheldon Keefe über seine Angreifer.

kotkaniemi

Trotz der positiven Ansätze, die man aus den vergangenen Auftritten seitens der Leafs ungeachtet der Niederlagen herausstellen könnte, bleibt die Erkenntnis, dass das Team den Job am Ende bisher nicht erfolgreich erledigt, den vierten Sieg trotz der einst komfortabel anmutenden Ausgangssituation noch nicht geschafft hat. Das Vorhaben erstmals seit 2004 wieder in die zweite Runde der Playoffs einzuziehen ist für einen der Favoriten auf den Gewinn des Stanley Cups dadurch zu einer Frage der Nerven geworden.
Zumindest nach außen ist der Optimismus aber noch nicht gewichen. "Wenn man sich die letzten beiden Spiele anschaut, Comeback, Comeback, irgendwann werden wir es erfolgreich zu Ende bringen", gab sich Nick Foligno kämpferisch. "Wir wissen, dass wir besser spielen müssen und wir werden besser spielen." Am Montag müssen sie es zeigen, sonst ist die Spielzeit 2020/21 schneller vorbei als angedacht.