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Die NHL-Saison 2018/19 wirft langsam aber sicher ihre Schatten voraus. Vor dem Start der Trainingslager analysiert NHL.com/de ab dem 5. August die 31 Teams der Liga in 31 Tagen. Zu jeder Mannschaft gibt es in der Serie "31 in 31" zwei Berichte mit interessanten Fakten, Einschätzungen und Einblicken.
In dieser Folge: Vegas Golden Knights

Eine magische erste Saison liegt hinter den Vegas Golden Knights. Der Liga-Neuling stellte die Eishockey-Welt auf den Kopf, stürmte auf Platz 1 in der Pacific Division und schloss die reguläre Saison als fünftbestes NHL-Team ab (51-24-7, 109 Punkte). Auch in den Playoffs marschierten die Goldenen Ritter weiter, räumten die Los Angeles Kings (4:0), San Jose Sharks (4:2) und Winnipeg Jets (4:1) aus dem Weg und kürten sich zum besten Team der Western Conference. Erst im Stanley-Cup-Finale sollte der große Traum gegen die Washington Capitals platzen (1:4).
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Stastny kommt - Neal und Perron gehen
Über die Sommerpause hielt Vegas den Kern der Erfolgsmannschaft zusammen. Es gab kaum personelle Wechsel - unter den Abgängen sind allerdings auch zwei wichtige Stützten: Mit David Perron (St. Louis Blues) ging der Top-Vorbereiter der Vorsaison (50 Assists) sowie mit James Neal (Calgary Flames) der vierbeste Torschütze (25 Treffer). Alleine dieses Sturmduo hatte 2017/18 für 110 Scorerpunkte (41 Tore, 69 Assists) gesorgt.
Das entstandene Vakuum versuchen die Golden Knights sowohl intern als auch mit einem externen Neuzugang zu füllen: Paul Stastny kam über den Free-Agent-Markt nach "Sin City" und unterschrieb für drei Jahre und 6,5 Millionen US-Dollar Gage per annum. Der 32-Jährige ist anders als Perron und Neal kein Flügel- sondern ein Mittelstürmer und soll als cleverer Zwei-Wege-Center die zweite Reihe aufwerten. "Ich liebe es, in Teams zu spielen, die aggressiv sind, an die Grenze gehen und keine Angst haben, Fehler zu machen. Sie haben Spieler mit viel Speed und viele Torjäger. Ich denke, dass ich da gut dazu passe", so Stastny, der in der letzten Saison für St. Louis und Winnipeg insgesamt 53 Scorerpunkte (41 Tore, 37 Assists) markierte.

james neal goal home opener

Beförderungen aus der Tiefe
Stastny könnte eine produktive zweite Reihe mit Erik Haula und Alex Tuch bilden. Der 27-jährige Haula centerte die Linie im Vorjahr, verzeichnete persönliche Karriere-Bestwerte in Sachen Tore (29), Assists (26) und Punkte (55) und könnte aufgrund seiner Schnelligkeit auf den Flügel ausweichen. Der 22-jährige Tuch spielte eine bockstarke Rookie-Saison mit 37 Scorerpunkten (15 Tore, 22 Assists), wurde im Powerplay eingesetzt und ist von seiner Statur und seinem Stil der prädestinierte Neal-Nachfolger: Mit 1,93 Metern und 100 Kilogramm ist der Powerforward sowohl wuchtig als auch schnell.

Für die Perron-Lücke ist mit Tomas Tatar ebenfalls eine klubinterne Lösung vorgesehen. Vom 27-jährigen Slowaken erhoffen sich die Knights die Spielmacher-Qualitäten, für die sie in einem Trade Ende Februar immerhin Erst-, Zweit- und Drittrunden-Draftpicks hingeblättert hatten.
Top-Reihe liefert Punkte am Fließband
Die meiste Torgefahr soll dennoch von der Parade-Reihe um William Karlsson, Jonathan Marchessault und Reilly Smith ausgehen. Das Top-Sturmtrio der Golden Knights erwies sich als eines der produktivsten Reihen in der NHL: Marchessault war mit 48 Assists der zweitbeste Vorbereiter sowie mit 268 Torschüssen der schießwütigste Spieler der Golden Knights. Seine Plus-Minus-Bilanz von +36 war ligaweit die zweitbeste. Smith landete mannschaftsintern bei den Toren (22, 5.), Assists (38, 3.), Punkten (60, 4.) und beim Plus-Minus-Wert (+31, 3.) unter den Top-5. In den Playoffs konnte sich Smith sogar noch steigern und stellte mit 22 Punkten und 17 Assists jeweils Top-Werte bei Vegas auf.
Karlsson war mit 43 Treffern drittbester NHL-Schütze sowie mit +49 der beste Plus-Minus-Spieler der Liga. Der 25-jährige Schwede befeuerte zudem das Powerplay mit acht Überzahl-Toren und 16 -Punkten. "Ich glaube, dass er sogar noch besser spielen kann", glaubt Vegas' General Manager George McPhee, der den Vertrag seines Nummer-1-Centers für 5,25 Millionen Dollar um ein Jahr verlängerte.

Viele Vertragsverlängerungen - Playoff-Monster Fleury bleibt
Es war nicht die einzige Unterschrift in diesem Sommer in der Wüste Nevadas. Neben Karlsson verlängerten unter anderem die Torhüter Oscar Dansk (zwei Jahre, 675.000 US-Dollar per annum) und Maxim Lagace (ein Jahr, 650.000), Verteidiger Colin Miller (vier Jahre, 3,875 Millionen) sowie die Stürmer Ryan Reaves (zwei Jahre, 2,775 Millionen), William Carrier (zwei Jahre, 725.000), Tomas Nosek (ein Jahr, 962.500) und Shootout-Experte Brandon Pirri (52,6 Prozent Erfolgsquote bei Shootouts, ein Jahr, 650.000).
Die wohl wichtigste Verlängerung aber unterzeichnete Fleury. Der 33-jährige Publikumsliebling band sich vorzeitig bis 2022 (Dreijahresvertrag, 7 Millionen) an die Golden Knights und möchte seine Karriere in Vegas beenden. Der Goalie war das Rückgrat des Liga-Neulings in dessen erster Saison und parierte sich regelrecht in einen Rausch: Obwohl Fleury aufgrund einer Gehirnerschütterung nur 46 Spiele absolvieren konnte, fuhr er 29 Siege ein, feierte vier Shutouts, hatte einen Gegentorschnitt von 2,24 sowie eine Fangquote von 92,7 Prozent. In der Endrunde avancierte der Torwart zum Playoff-Monster und hielt ähnlich stark wie in der regulären Saison (2,24 Gegentore/Spiel, 92,7 Prozent Fangquote, vier Shutouts). Fleury, der seinen bisherigen Karriere-Durchschnitt damit pulverisierte (2,56 Gegentore/Spiel, 91,3 Prozent Fangquote), wird auch in der kommenden Saison ein wichtiger Faktor für die Knights sein.

Ein Schweizer geht, ein Deutscher kommt
Luca Sbisa wird dann wohl nicht mehr an Bord sein. Der auslaufende Vertrag des Schweizers wurde nicht verlängert - der 28-jährige Verteidiger ist als Free Agent noch auf Vereinssuche. Der Linksschütze kam in der Vorsaison verletzungsbedingt nur auf 30 Hauptrunden-Spiele (zwei Tore, zwölf Assists), war in den Playoffs dann aber wieder eine gefragte Stammkraft (zwölf Partien, vier Assists). "Diese Saison werde ich nicht vergessen", sagte Sbisa wehmütig direkt nach dem verlorenen Finale.
Auf unvergessliche Momente in Vegas hofft nun Brooks Macek. Der im kanadischen Winnipeg geborene Stürmer unterzeichnete in der Offseason einen Einjahresvertrag über 650.000 Dollar und ist damit der erste Deutsche bei den Golden Knights. Der 26-jährige Rechtsschütze wurde mit dem EHC München zweimal DEL-Meister und holte mit der deutschen Nationalmannschaft die historische Silber-Medaille bei den Olympischen Spielen 2018. Nun kämpft Macek um einen Platz im NHL-Team. Die Konkurrenz ist groß.
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Talente sollen geduldig herangeführt werden
Wohl auch deshalb haben die Golden Knights keine Eile, ihre Talente ins kalte NHL-Wasser zu schmeißen, sondern wollen geduldig die Fortschritte abwarten. Das soll allerdings nicht heißen, dass keine Rohdiamanten in der Organisation vorhanden sind: Mit Cody Glass (19) und Nick Suzuki (19) hat Vegas zwei ähnlich clevere, schnellere und torgefährliche Stürmer in der Pipeline. Das Duo muss allerdings noch körperlich zulegen.
In der Verteidigung hat Vegas mit Erik Brannstroöm (18), Nicolas Hague (19) und Zach Whitecloud (21) weitere Talente in der Hinterhand. Brannstrom spielte zuletzt in der schwedischen Top-Liga SHL und soll nun über das AHL-Farmteam Chicago Wolves herangeführt werden. Er gilt als guter Skater mit guten Instinkten. Hague bringt mit 1,97 Metern und 97 Kilogramm viel Größe und Reichweite mit. Eine typische Abrissbirne ist der Zwei-Wege-Verteidiger aufgrund seines Scoring-Touches aber nicht. Whitecloud schnupperte bereits NHL-Luft (ein Einsatz für die Knights), gilt als kompletter Verteidiger und verfügt über einen guten Pass.
Wieder Playoff-Rang möglich
Im und nach dem Expansion Draft haben die Golden Knights mit viel Weitsicht, Geschick und gutem Auge ein Team gebaut, das sofort funktioniert und auch für die Zukunft gut aufgestellt ist. Nun ist die Erwartungshaltung gestiegen und zwingt Vegas in eine neue mentale Situation. Unabhängig davon hat Las Vegas Spieler, die in das System und die Hockey-DNA vertrauen und diese auf dem Eis umsetzen. Hinzu kommt ein ausgesprochen guter Teamgeist und eine enge Bindung zu den euphorischen Fans. Die Knights werden die Playoffs erneut erreichen und werden dort weit kommen. Der Sprung ins Stanley-Cup-Finale gelingt 2018/19 aber nicht.