WSH@SEA: Grubauer mit 37 Paraden

Für die Seattle Kraken und ihren deutschen Torhüter Philipp Grubauer entwickelte sich die erste NHL-Saison in den vergangenen Wochen eher negativ. Nach sechs Niederlagen in Folge und einer Bilanz von 2-8-0 in den zurückliegenden zehn Partien belegten sie vor ihrer Partie am Sonntag gegen die Washington Capitals mit Abstand und lediglich neun Punkten (4-12-1) den letzten Platz in der Pacific Division. In der gesamten Western Conference bzw. NHL liegen nur die Arizona Coyotes hinter ihnen.

"Wenn man auf die Tabelle und die Punkte schaut, dann stehen wir nicht so ganz wie erwartet und gewünscht da", bekennt Grubauer exklusiv gegenüber NHL.com/de am Morgen vor der Partie. "Aber man muss auch erkennen, dass es ein gewisser Prozess ist, den wir durchlaufen. Wir spielen gegen Mannschaften, die ihren Kern schon lange entwickelt haben und das muss bei uns erst passieren. Manchmal geht es schneller wie bei Vegas und manchmal dauert es ein bisschen länger wie bei uns. Wir sind aber, glaube ich, auf dem richtigen Weg."
Dabei fing die Saison für Seattle gar nicht so schlecht an. Gleich im zweiten Spiel gelang der erste Sieg und in den ersten zehn Spielen wurden vier Siege und neun Punkte verbucht, ehe die Negativserie mit einer vermeidbaren 4:5-Niederlage gegen Arizona am 6. November startete.
"Wir machen ein gutes Spiel mit zwei Schritten nach vorne und dann machen wir im nächsten wieder vier Schritte zurück", analysiert Grubauer den bisherigen Verlauf. "Danach wieder einen nach vorne und wieder drei zurück. So ist im Moment die Tendenz. Wir müssen einfach mehr Konstanz in unsere Spiele und den Spielverlauf bekommen. Aber das dauert anscheinend noch etwas."

SEA 5, WSH 2

Zunächst wäre es jedoch wichtig, den Bock umzustoßen und wieder frühzeitig mit dem Sammeln von Punkten anzufangen. Doch Grubauer sieht sich selbst als Teil des Prozesses und weiß durchaus seine bisher durchschnittlichen Zahlen von 4-8-1 in 13 Starts mit 87,5 Prozent Fangquote, einem Gegentorschnitt von 3,27 pro Spiel und 42 Gegentoren realistisch einzuschätzen.
"Es ist ein Mannschaftssport und ich nehme mich da nicht aus", stellt er klar. "Auch ich muss besser werden. Wir brauchen jeden Stürmer, Verteidiger, Trainer und die Torhüter. Einer alleine wird es kaum drehen und alle müssen an einem Strang ziehen. Das ist das Ziel."
Zuletzt ging es für Grubauer gegen seine ehemaligen Teams, am Freitag die Colorado Avalanche und am Sonntag die Capitals. Gegen die Avalanche wurde er beim Stand von 0:4 im zweiten Drittel eingewechselt und musste bei 17 Torschüssen noch drei weitere Gegentreffer hinnehmen, ehe seine Mitspieler noch drei Mal zum 3:7-Endstand trafen. Gegen die Capitals am Sonntag bekam er den Start und lieferte mit 37 Saves beim überraschenden 5:2-Sieg eine Glanzleistung ab, obwohl gleich der erste Torschuss auf ihn saß. Doch am Ende wurde es die erhoffte Galavorstellung des Rosenheimers, der diese Woche seinen 30. Geburtstag feiert.
"Ich habe viele Jahre in Washington und einige in Colorado gespielt", verdeutlicht Grubauer die Besonderheit dieser Spiele. "Mit den Capitals habe ich den Stanley Cup gewonnen. Doch Washington habe ich wegen den Corona-Änderungen in den Spielplänen gefühlt seit drei Jahren nicht mehr gesehen und es ist so, dass ich mittlerweile nicht mehr allzu viele Spieler aus dem Kader kenne. Es hat natürlich seinen Reiz, aber man darf das Ganze auch nicht überbewerten."
Der Sieg gegen die ehemaligen Kollegen aus Washington tat jedoch trotzdem sichtlich gut. "Wir haben das gebraucht", sagt ein erleichterter Grubauer danach noch im Interview in der Arena. In der Pressekonferenz führte er weiter aus: "Nach dem ersten Gegentor ging es nur darum, Save für Save zu machen und so reinzukommen", erzählt er.
"Das ist mir heute gut gelungen. Vor allem war es das erste Spiel, in dem wir leidenschaftlich auch Schüsse geblockt haben und bei den Abprallern präsent waren. Das war heute neben dem Scheibenglück das Wichtigste."
Am Samstag gab es ein Krisengespräch in der Kabine, das anscheinend seine Wirkung nicht verfehlte. "Jeder hat es heute gewollt, jeder hat für den Sieg hart gearbeitet", zeigt sich Grubauer begeistert. "Wir haben meistens hart gearbeitet, aber nicht intelligent genug. Das war heute anders. Die Fans unterstützen uns einfach großartig und dann ist es unsere Verpflichtung, ihnen auch Siege zu schenken."
Begeistert ist Grubauer an seiner neuen Wirkungsstätte über zwei Dinge.
Da wäre zunächst die größere Verantwortung. "In Colorado ist man halt nur einer der Führungsspieler hinter Nathan MacKinnon, Gabriel Landeskog, Mikko Rantanen oder Cale Makar", schildert er. "Hier habe ich schon größeren Einfluss in der Kabine. Das macht durchaus Spaß."
Besonders ist für Grubauer außerdem die Unterstützung durch die Zuschauer für ihn, mit den aus Denver bekannten GRRRUUUU-Rufen nach einem gehaltenen Schuss, aber auch das Team an sich. "Unglaublich, es freut mich jedes Mal, wenn die Fans das rufen", ist er überwältigt. "Gegen Colorado waren wir 0:7 hinten und haben erst dann das erste Tor geschossen. Die Halle ist trotzdem explodiert. Das habe ich noch nie erlebt. Normalerweise fliegen da eherdie Bierbecher auf das Eis (lacht). Wir haben mit den Fans hier großes Glück."
Jetzt müssen nur noch mehr Spiele gewonnen werden und nicht wieder Rückwärtsschritte folgen, damit der Tabellenkeller bald Geschichte ist.
Grubauer wird alles dafür geben, seinen Teil dazu zu leisten. Weiter geht es für die Kraken am Mittwoch (10 p.m. ET; NHL.tv; Do. 4 Uhr MEZ) zu Hause gegen die Carolina Hurricanes.