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In der Rubrik "Person of Interest" widmet NHL.com/de jeden Dienstag einem Spieler oder einer anderen Persönlichkeit aus der NHL-Familie eine Story abseits des aktuellen Tagesgeschehens.
In dieser Ausgabe: Philipp Grubauer (Colorado Avalanche)

Am Abend des 8. Juni 2018 stemmte Philipp Grubauer als vierter Deutscher in der Geschichte den Stanley Cup in die Höhe. 15 Tage später, am 23. Juni 2018, wurde der Rosenheimer von den Washington Capitals zu den Colorado Avalanche transferiert. Für den 26-Jährigen bedeutet es einen Wechsel in eine neue Stadt, eine neue Conference und in ein neues Team. Grubauer erwartet ein harter Konkurrenzkampf in einem familiären Umfeld. Sein Ziel: Die Nummer 1 werden!
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Alkoholfreies Bier im Stanley Cup
Es war ein ereignisreicher Sommer für Grubauer. Mit Washington gewann er als vierter Deutscher nach Uwe Krupp (1996, 2002), Dennis Seidenberg (2011) und Tom Kühnhackl (2016, 2017) den Stanley Cup. Das ultimative Ziel war im Alter von 26 Jahren erreicht.
"Mittlerweile ist es eingesunken", berichtet Grubauer, der sofort den Entschluss gefasst hatte, die Trophäe nach Deutschland zu bringen. "Es war mir wichtig, weil ich etwas zurückgeben wollte. An meine Stadt, meinen Verein, wo ich ausgebildet wurde, an alte Trainer, Freunde und Familie. Nicht jeder hat die Chance, nach Amerika zu kommen, also wollte ich, dass sie alle Anteil am Erfolg haben können."
Den 20 Kilogramm schweren silbernen Pokal präsentierte Grubauer auf einer öffentlichen Veranstaltung in seiner Heimatstadt Rosenheim. "Danach haben wir eine private Party gemacht und mit dem Cup gefeiert. Wir sind auf die Hochreis gefahren, haben gefrühstückt und den Tag dort oben verbracht." Beim Ausflug auf den 1570 Meter hohen Berg in die Chiemgauer Alpen ging Grubauer sorgsam mit dem "heiligen Gral" um. "Ich habe alkoholfreies Bier daraus getrunken, das war es auch schon. Ich respektiere die Tradition und den über 100-jährigen Cup, da musst du ihn hegen und pflegen, wenn du ihn hast."

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Grubauer: "Colorado war einer meiner Favoriten"
Schon damals wusste der Torwart, dass er nicht nach Washington zurückkehren wird. Die Capitals transferierten ihn zu den Colorado Avalanche. "Als ich es erfahren habe, war ich noch in D.C. und habe die ersten Sachen gepackt", erinnert sich Grubauer. "Wir hatten Kontakt mit mehreren Mannschaften, aber als Spieler hast du darauf keinen Einfluss, die Teammanager hatten alles in der Hand. Kurz vor dem Trade habe ich Bescheid bekommen, dass es Colorado sein könnte. Ich habe mich gefreut, denn die Avalanche waren einer meiner Favoriten."
Statt dem Hauptstadt-Flair mit seinen vielen bekannten Sehenswürdigkeiten, startet nun ein Abenteuer in Denver, am Fuße der Rocky Mountains. Definitiv kein Kultur-Schock für den gebürtigen Oberbayern - eher im Gegenteil: "Es fühlt sich an, wie daheim, nur dass es hier schon mehr Schnee gibt. Ich bin jeden Tag mit dem Hund draußen und in den Bergen unterwegs. Das ist ein sehr guter Ausgleich."
Wie in einer Familie
Doch nicht nur die äußeren Umstände, sondern auch die Verantwortlichen, Trainer und Spieler haben Grubauer den Einstieg erleichtert. "Es ist eine super Organisation. Sie nehmen dich auf, wie in eine Familie. Alle haben dafür gesorgt, dass wir uns wohl und wie zu Hause fühlen. Das haben sie geschafft."
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Schon jetzt berichtet der Goalie von einem guten Teamgeist innerhalb der Truppe. "Wir sind alle eng beieinander, gehen oft essen, da lernt man sich besser kennen", plaudert Grubauer aus dem Nähkästchen. "Am meisten bin ich mit Ghetto (Sven Andrighetto, d. Red.) und Bourque (Gabriel Bourque, d. Red.) unterwegs." Mit dem Schweizer hat Grubauer nun auch wieder die Möglichkeit, ein paar deutsche Worte zu wechseln. "Es ist natürlich schön, in der Kabine mal Deutsch sprechen zu können. Das macht es etwas leichter. Allerdings sprechen wir die meiste Zeit nur Englisch."
Der starke Zusammenhalt zahlte sich auch auf dem Eis aus: Colorado startete mit sieben Siege aus den ersten zwölf Spielen in die Saison (7-3-2). "Es ist eine sehr junge und schnelle Mannschaft, die mich an das Team in meinen ersten Jahren in Washington erinnert: mental stark, immer bereit zu kämpfen", beschreibt Grubauer die Avalanche und traut den Avs viel zu: "Wir haben es selbst in der Hand, müssen in jedem Spiel 100 Prozent geben und voll bei der Sache sein. Die Playoffs sind das Ziel."
Stand jetzt wäre dieses Ziel erreicht. Die Avalanche sind zweiter in der so starken Central Division. "Unsere Division ist mit Nashville, Winnipeg und Minnesota eine der stärksten in der NHL. Im Moment ist alles sehr eng zusammen: Wenn du einmal gewinnst, stehst du über dem Strich, wenn du verlierst stehst du darunter", warnt Grubauer.

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Konkurrenzkampf mit Varlamov
Derweil tobt zwischen den Pfosten der Konkurrenzkampf. Semyon Varlamov erhielt bislang acht Starts (vier Siege, 1,62 Gegentore/Spiel, 95,0 Prozent Fangquote), Grubauer deren vier (drei Siege, 2,76 Gegentore/Spiel, 91,6 Prozent Fangquote). Einen Bonus als Stanley-Cup-Sieger scheint es für den Rosenheimer nicht zu geben.
"Die Karten werden neu gemischt, ich muss auch hier erstmal meine Leistung bringen. Nur weil ich den Stanley Cup gewonnen habe, bin ich nicht gleich die Nummer eins. Du musst wieder produzieren, Spiele gewinnen, dann wirst du deine Chance bekommen", glaubt Grubauer und geizt nicht mit Lob für seinen russischen Konkurrenten: "Varli hat seit vielen Jahren gut gespielt, ist einer der besten Torhüter in der Liga. Ich kenne ihn noch aus gemeinsamen Zeiten in Washington. Er ist ein sehr netter Junge, wir haben ein gutes Verhältnis und neben dem Eis auch viel Spaß. Auf dem Eis ist dann aber jeder bei seiner Arbeit, auf sich fokussiert und will sich verbessern. Mein Ziel ist, die Nummer 1 zu werden."
Mit seinem persönlichen Start beim neuen Arbeitgeber ist "Grubi" durchaus zufrieden: "Bis jetzt hat es gepasst", meint der 26-Jährige. Auch das Trainerteam hat sich noch nicht auf eine klare Torwart-Hierarchie festgelegt. "Der Trainer sagt uns einen oder zwei Tage im Voraus, wer im Tor steht. Im Endeffekt kommt es auf die Spiele an, ob einer gut spielt oder nicht."
Wiedersehen mit den Caps
In der Western Conference trifft der deutsche Goalie nun vermehrt auf Gegner und spielt in Stadion, die er mit den Capitals nur zwei- oder einmal pro Saison zu sehen bekam.
"Persönlich habe ich noch nicht viel mitbekommen, weil wir bislang fast nur Spiele im Osten hatten", verweist Grubauer auf den Roadtrip im Osten und lacht: "Bislang waren es also nur Heimspiele für mich. Erst jetzt geht es dann auswärts in den Westen." In der Nacht auf Freitag (2 Uhr, MEZ) sind die Avalanche zu Gast bei den Calgary Flames, tags darauf (3 Uhr, MEZ) geht es zu den Vancouver Canucks.
Ein ganz besonderes Spiel steht für Grubauer dann am 17. November an, wenn Colorado seinen Ex-Klub Washington empfängt. Eine Begegnung mit "gemischten Gefühlen", wie Grubauer verrät: "Auf der einen Seite ist es komisch, gegen deine alten Kameraden zu spielen, gehört andererseits aber zum Geschäft dazu. Du musst dich einfach auf das Spiel und die Scheibe konzentrieren. Wir können Washington schlagen!"
Der Kontakt zu den alten Capitals-Kollegen ist freilich noch nicht abgerissen: "Natürlich haben wir noch einen Gruppenchat und man steht mit dem einen oder anderen Spieler noch in Verbindung", so Grubauer. "Über die Jahre sind wir nicht nur Freunde, sondern auch eine Familie geworden."