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Für die Philadelphia Flyers sind die Stanley Cup Playoffs 2018 zu Ende. In einem verrückten Spiel 6 zog Philly gegen den amtierenden Champion, die Pittsburgh Penguins, mit 5:8 den Kürzeren und kann sich dennoch erhobenen Hauptes in die Sommerpause verabschieden. Einige Spieler bissen trotz schweren Verletzungen auf die Zähne und wussten dabei sogar zu glänzen. Das Potenzial im Kader der Flyers spricht zudem für eine rosige Zukunft.

Es hätte die Cinderella-Story der laufenden Playoffs werden können: Sean Couturier gelingt trotz erheblicher Verletzungsprobleme ein Dreierpack und schießt Philadelphia zum 3:3-Serienausgleich. Doch am Ende kam trotz des Couturier-Hattricks (3., 21., 58.) alles anders: Die Flyers verspielten eine 1:0- und 4:2-Führung. Zum großen Helden des Abends wurde schlussendlich nicht Couturier, sondern Jake Guentzel, der die Penguins mit vier Toren am Stück (!) zum Sieg ballerte. Die Serie ging mit 4:2 an die Pens - für Philly ist die Saison vorbei.
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Ursachenforschung: Puck-Management, Effizienz und Powerplay
"Es sah so aus, als hätten wir das Spiel unter Kontrolle. Ich bin mir nicht sicher, was genau passiert ist", zeigte sich Flyers-Kapitän Claude Giroux erstaunt. "Früher in dieser Serie haben wir nicht unser bestes Eishockey gespielt. Heute haben wir einen Zwei-Tore-Vorsprung hergegeben. Das sollte in den Playoffs nicht passierten", analysierte Couturier.
Die Gründe für das Ausscheiden lagen nicht nur in diesem Spiel 6, sondern schon in der gesamten Serie an zu vielen Puckverlusten, durch die sich Philadelphia das Leben selbst schwer machte. In Sachen Scheiben-Management fehlte den Flyers schlichtweg die Erfahrung. Insgesamt 53 Giveaways bedeuten den drittschlechtesten Wert aller Playoff-Teams. Zwar kommt Pittsburgh auf dieselbe Anzahl, doch zeigten sich die Penguins deutlich abgebrühter (15,2 Prozent Effektivität) im Vergleich zum deutlich weniger erfahrenen Philly (10,1 Prozent). Nicht zuletzt deshalb konnte Philadelphia in der gesamten Serie zu wenige Führungen behaupten - die Pens hatten immer wieder eine schnelle Antwort parat.

Auch das Powerplay ist noch stark ausbaufähig: 9,5 Prozent Erfolgsquote bedeutet das drittschlechteste Überzahlspiel in der Endrunde. Die Flyers erzielten in 21 Möglichkeiten nur zwei Tore - beide im siegreichen Spiel 2. In den anderen fünf Begegnungen gelang hingegen kein einziger Powerplay-Treffer.
"Krieger" Couturier spielt trotz Innenbandriss
Hervorzuheben ist vor allem Philadelphias Einsatz, Moral und Mentalität. Couturier spielte trotz eines Innenbandrisses im rechten Knie, den er sich im Training vor Spiel 4 bei einem Zusammenstoß mit Radko Gudas zugezogen hatte. Normalerweise bedeutet das eine rund vierwöchige Pause, doch der Stürmer ließ sich sein Handicap nicht anmerken und besorgte stattdessen seinen zweiten Playoff-Hattrick überhaupt. "Es war meine Entscheidung. Ich hatte die Unterstützung vom Team, der Organisation und der medizinischen Abteilung. Sie haben mir viel geholfen. Wir hatten viele Behandlungen. Es ist definitiv besser geworden in den letzten Tagen, aber die Situation war nicht ideal", berichtete Couturier über seinen Zustand. "Ich habe da draußen versucht, alles zu geben, was ich habe."

Für genau diese heldenhafte Einstellung wurde der 25-jährige US-Amerikaner, der nur in Spiel 4 aussetzen musste, von seinen Teamkollegen geadelt. "Er ist ein Krieger. Wie er damit umgegangen ist, dass er ein Spiel verpasst hat, dann zurückkommt und jetzt der beste Spieler auf dem Eis ist, das war unglaublich für uns", lobte Sturmkollege Wayne Simmonds.
"Großer Respekt für Couturier für was und wie er in den Playoffs gespielt hat. Ich weiß gar nicht, was ich noch über den Jungen sagen soll. Er ist einer unserer Anführer. Das hat er in jedem Spiel gezeigt. Man kann nicht genug über diesen Jungen sagen", verschlug es Angreifer Scott Laughton fast die Sprache.
Doch nicht nur Couturier biss auf die Zähne, auch Verteidiger Ivan Provorov, der sich seine linke Schulter in Spiel 5 verletzt hatte, stand in Spiel 6 wieder auf dem Eis. "So lange der Arm noch dran ist, kann ich spielen", erklärte der 21-jährige Russe. Auch er erhielt im Mannschaftskreis jede Menge Anerkennung. "Das war unglaublich", staunte sein Verteidiger-Partner Andrew MacDonald. "Wenn ihr wüsstet, in welchem Zustand die Jungs waren. Ich respektiere sie dermaßen - es ist beeindruckend, dass sie trotzdem auf dem Eis waren. Das hat uns definitiv einen Schub gegeben." Dem schloss sich auch Coach Dave Hakstol an: "Diese zwei Jungs sind herausgestochen und haben ihren Charakter gezeigt. Ich glaube sie hatten nicht den Hauch von Zweifel in ihrem Kopf, dass sie nicht spielen würden, wenn sie nur irgendwie könnten."
Rosige Zukunft?
Trotz des zweifelsohne schmerzhaften Ausscheidens in den Playoffs 2018 steht Philadelphia vor einer vielversprechenden Zukunft. Couturier ist nach einer eindrucksvollen Saison mit 76 Scoerpunkten in der Hauptrunde (31 Tore, 45 Assists) sowie deren neun (fünf Tore, vier Assists) als Top-Punktesammler der Flyers in der Endrunde in den Kreis der Elite-Spieler aufgestiegen. Zusammen mit Claude Giroux und Jakub Voracek verfügt Philly über eines der besten Top-Sturmtrios der Liga. Dahinter machten auch die jungen Wilden Nolan Patrick (19), Oscar Lindblom (21), Travis Konecny (21) und Laughton (23) einen großen Schritt nach vorne. Der Umbruch im Sommer scheint schon früh Früchte zu tragen - in der Vorsaison hatten die Flyers die Playoffs noch um satte sieben Punkte verpasst.
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Hinzu kommt eine talentierte Defensive, die in den diesjährigen Playoffs unbezahlbare Erfahrung sammeln durfte: Die sieben in der Endrunde eingesetzten Verteidiger Provorov (21), Travis Sanheim (22), Robert Hagg (23), Shayne Gostisbehere (25), Radko Gudas (27), Brandon Manning (27) und MacDonald (31) kommen auf einen Altersschnitt von 25,1 Jahren. Da das beste Verteidiger-Alter erst mit Ende 20 als erreicht gilt, haben die Flyers hier sogar noch jede Menge Entwicklungspotenzial. Abwehrspieler wie Provorov und Gostisbehere zählen schon jetzt zu den besten in der Liga.
Diese Aussichten dürften Philadelphia die zwangsläufige Sommerpause ein wenig versüßen. "Wir werden daraus lernen und nächstes Jahr stärker zurückkommen", verspricht Couturier.