mcdavid2-041317

Die Edmonton Oilers hätten gewarnt sein können. Gegen die San Jose Sharks sollte man sich selbst bei einem scheinbar komfortablen Vorsprung nie in Sicherheit wiegen. Schon gar nicht in den Playoffs. Wie aus Akten des Elias Sports Bureaus unzweideutig hervorging, hatten die Kalifornier dort vor dem Mittwochsspiel siebenmal Rückstände von mehr als einem Tor aufgeholt und noch gewonnen. Ob die Oilers bei der Vorbereitung auf das erste Duell der Serie hinreichend auf diesen Fakt aufmerksam gemacht wurden, scheint fraglich. Jedenfalls schalteten sie nach ihrer Zwei-Tore-Führung in den Verwaltungsmodus um und ermöglichten den Sharks dadurch Erfolgsfall Nummer acht nach multiplem Rückstand.

Zu Beginn war Edmontons Kundschaft im Rogers Place ins Schwärmen geraten. Beim ersten Playoff-Auftritt nach elf Jahren Abstinenz führten die Gastgeber durch Treffer von Oscar Klefbom und Milan Lucic mit 2:0. Doch mit dem Fortgang der Begegnung schlichen sich Defizite in das zuvor beschwingte Spiel der Gastgeber ein. Die abgezockten Routiniers der Sharks nutzten die Schwächen in Person von Joel Ward und Paul Martin völlig humorlos aus und stellten den Score auf 2:2. In der Verlängerung veredelte Melker Karlsson eine Zuarbeit von Joe Pavelski zum Gästesiegtor.
Nach dem enttäuschenden Ausgang seiner Playoff-Premiere rang Oilers-Kapitän Connor McDavid nach einer plausiblen Erklärung. "Ich weiß nicht so recht, ob sie angezogen haben oder wir abgefallen sind. Schwer zu sagen. Vielleich haben wir es uns ein wenig zu bequem gemacht, was eigentlich nicht passieren darf", sagte er. Darüber hinaus bekundete der Kapitän sein Missfallen über den immensen Puckbesitz, den man den Sharks gestattete. "Sie spielten gefühlt den ganzen Abend in unserer Zone. Wenn du die Scheibe nicht hast, machst du auch keine Tore", ärgerte sich der Top-Scorer der Liga. McDavid selbst verbuchte zumindest eine Vorlage für sich.

Oilers-Coach Todd McLellan wird den Hinweis des Mannschaftsführers in seine Mängelliste mit aufnehmen. Einen Kritikpunkt hatte er zuvor schon eingetragen. "Wir haben vier Strafzeiten hintereinander in der Angriffszone bekommen. Das nutzt ein so cleveres Team wie die Sharks. Sie haben ein Powerplay-Tor gemacht und das Match an sich gerissen", stellte er ernüchtert fest.
Der Trainer bestätigte überdies die Auffassung seines Kapitäns, wonach das Team sich nicht gut aus der eigenen Zone befreit hat. "Uns hat die Schnelligkeit gefehlt. Sicher war das auch der körperbetonten Gangart der Sharks geschuldet. Aber in den Playoffs geht es eben ein wenig härter zur Sache."
Was McLellan im Hinblick auf das zweite Duell am Freitag außerdem verbessern will, sind die Wechsel. "Der Gegner war uns dabei immer fünf Sekunden voraus. Die frischen Sharks-Spieler haben dann sofort Druck gemacht. Oft mussten wir die Scheibe einfach nach vorne schlagen, um selbst wechseln zu können. Das Resultat war, dass sie danach gleich wieder auf uns anliefen. Das hat unsere Jungs auf Dauer müde gemacht", erläuterte der Coach.
McLellan führt diesen Umstand auf die mangelnde Playoff-Erfahrung seiner Schützlinge zurück. In der Tat war der Unterschied in dieser Beziehung enorm. Der Kader der Sharks vom Mittwoch wies insgesamt 1169 Playoff-Einsätze aus. Die Belegschaft der Oilers kam lediglich auf 342.

In den Stellungnahmen der Sharks zum wichtigen Auswärtserfolg in Spiel eins spiegelt sich die ganze Abgebrühtheit wider, mit der sie ihrem Beruf an diesem Abend nachgingen. Panik habe zu keinem Zeitpunkt bestanden, versicherte San Joses Kapitän Pavelski. "Wir verspürten von Anfang an eine unglaubliche Energie und hatten den Eindruck, dass selbst das erste Drittel nicht schlecht war für einen Start in die Playoffs."
Angreifer Tomas Hertl führte den Erfolg in Edmonton auf die ausgewiesenen Comeback-Qualitäten der Sharks zurück. "Wir haben Qualität und Tiefe im Kader, um Spiele im zweiten und dritten Abschnitt zu drehen. Wir machen immer weiter. Deswegen sind wir im vergangenen Jahr in den Playoffs so weit gekommen.", sagte er. Vor dem zweiten Aufeinandertreffen mit den Oilers ist ihm wegen dieser besonderen Gabe nicht bange. "Wenn wir wieder so spielen wie heute, gewinnen wir auch das nächste Mal", meinte der Offensivmann selbstbewusst.