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Luca Sbisa musste seine aktive NHL-Karriere im Oktober 2021 bereits im Alter von 31 Jahren beenden. Der Schweizer Verteidiger aber fasste sofort in einer neuen Funktion Fuß und arbeitet derzeit als Development Coach für die San Jose Sharks. Mit NHL.com/de sprach der heute 32-Jährige über sein plötzliches Karriereende, seinen neuen Job und seine neue Heimat in Nashville/Tennessee.

Firstrounder für Philadelphia, Stanley Cup Finale mit Vegas, Karriereende in Nashville
Hinter Sbisa liegt eine große NHL-Karriere: Der Verteidiger wurde im Jahr 2008 in der 1. Runde an 19. Stelle von den Philadelphia Flyers gedraftet und startete direkt in der Saison 2008/09 in der besten Eishockey-Liga der Welt durch. Nach einem Jahr in Philadelphia wechselte er zu den Anaheim Ducks (2009-2014) und schnürte die Schlittschuhe in den folgenden drei Spielzeiten für die Vancouver Canucks (2014-2017), wo er auch seine Frau kennenlernte, mit der er jetzt zwei Kinder hat.

STL 3, ANA 1

Es folgte ein Karriere-Höhepunkt, als er im Expansion Draft von den Vegas Golden Knights ausgewählt wurde und als Assistenz-Kapitän direkt ins Stanley Cup Finale vordrang (1:4 gegen die Washington Capitals). "Das war etwas ganz besonderes oder?", blickt Sbisa zurück. "Mit einer Expansion-Mannschaft ins Finale zu kommen und fast das Ding zu gewinnen, das war fast zu perfekt. Es war ein Riesenhighlight in meiner Karriere, wenn ich daran denke, tut es schon noch ein bisschen weh, weil wir so nah dran waren. Gleichzeitig macht es mich auch extrem stolz, was wir erreicht haben."
In den folgenden vier Jahren streifte der Schweizer vier weitere NHL-Trikots über: Das der New York Islanders (2018/19), der Winnipeg Jets (2019/20) und Nashville Predators (2020/21). "Viele wissen gar nicht, dass ich noch ein Jahr in Nashville war, weil ich nur ein Spiel gemacht habe. Dieses erste Spiel war auch gleich mein letztes, denn ich habe eine Gehirnerschütterung erlitten, die meine Karriere beendet hat", erzählt Sbisa vom 25. Januar 2021. Neun Monate später musste er die Schlittschuhe an den Nagel hängen. Der 1,91 Meter große und 93 Kilogramm schwere Linksschütze absolvierte 549 Spiele in der NHL (20-93-113).
Development Coach bei den San Jose Sharks
Doch schon zur Saison 2021/22 übernahm Sbisa eine neue Aufgabe: Er wurde Development Coach bei den Anaheim Ducks. "Dieser Job wurde mir angeboten. Ich kannte fast jede Person bei den Ducks, immerhin war ich fast fünf Jahre dort und habe mit meiner Familie auch im nahegelegenen Newport Beach gewohnt", so Sbisa. Im Sommer 2022 heuerte er in derselben Funktion bei den San Jose Sharks an. "Ich bin von den Ducks gleich zu einem Rivalen", lacht Sbisa. "Todd Marchant, der in Anaheim der Director of Player Development war, wurde von den Sharks engagiert. Er hat mich angerufen und gefragt, ob ich in San Jose das gleiche machen möchte. Mir hat die Idee gefallen, von Anfang an bei einem Rebuild dabei zu sein. Diese Entwicklung zu sehen, war für mich sehr reizvoll."

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Doch was genau ist eigentlich der Beruf eines "Entwicklungs-Trainers"? "Mein Ziel ist es, den bereits gedrafteten Spielern und Talenten zu helfen, in die NHL zu kommen und als Mentor sie zu entwickeln", erklärt Sbisa. "Nach dem Draft gehen sie meistens zurück in ihre Junioren- oder College-Teams, es ist also schwer, die Übersicht zu behalten, da sie alle unter verschiedenen Trainern spielen. Ich bin für alle unsere Nachwuchs-Verteidiger in Nordamerika zuständig. Ich gehe sie besuchen und schaue, was sie auf und neben dem Eis machen, wie sie auch im Kopf mit schwierigen Situationen umgehen. Ich schaue mir ihre Spiele sowohl live als auch im TV und Video an und bin wie ein Extra-Coach für sie. Ich sage immer: Ich gehe mit meinen Spielern um, als ob sie meine eigenen Kinder wären. Jetzt helfe ich also den jungen Spielern, den Stanley Cup zu gewinnen."
Sbisa ist dadurch oft unterwegs, besucht Spiele in den kanadischen Juniorenligen WHL, OHL und QMJHL genauso wie Partien in den US-Programmen USHL und NCAA. "Das Fliegen macht mir nichts aus, das bin ich ja noch gewohnt aus meiner Zeit als Spieler. Ich nutze die Zeit im Flugzeug meistens, um Berichte zu schreiben oder zu lesen." Wann er wo ist, kann sich der Schweizer übrigens selbst einteilen. "Das ist das Schöne an meinem Job. Marchant sagt uns schon, wie oft wir bestimmte Spieler sehen sollten, aber dann liegt es an uns, wann und wo wir sie sehen. Ich kann also wohnen, wo ich möchte. Wir sind jetzt recht zentral in Nashville, das ist echt gut für meinen Job, denn ich bin innerhalb von vier Stunden überall in Nordamerika."
Wurzeln schlagen: Schweizer Netzwerk in Nashville
Der in Ozieri auf Sizilien (Italien) geborene Sbisa wurde in der Schweiz ausgebildet und hat danach auch in Nordamerika in vielen verschiedenen Städten gelebt. Nun will er in Music City Wurzeln schlagen. "Hier hat es uns einfach gefallen", berichtet er. "Wir haben uns ein großes Stück Land gekauft und fangen jetzt an, ein Haus zu bauen. Ich kenne schon viele Leute hier, wir haben ein gutes Netzwerk aus Freunden und Bekannten."

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Zu diesem Freundeskreis zählen übrigens auch Roman Josi und Nino Niederreiter, die beide für die Nashville Predators spielen. "Erst letzte Woche waren wir zusammen Mittagessen. Wenn wir drei zusammen sind, wird immer viel gelacht."
Mit Timo Meier spielt ein weiterer Landsmann für die Sharks. "Timo kannte ich davor noch nicht so gut, aber es war schön, ihn kennenzulernen, als ich im Development Camp vor Ort in San Jose war", sagt Sbisa. "Er ist einer der Anführer und Zugpferde bei uns. Er gibt den Ton an. Wenn er geht, dann gehen alle. Er ist ein sehr wichtiger Spieler für uns."
Auch vom Deutschen Nico Sturm ist Sbisa sehr angetan: "Er ist so wichtig für die jungen Spieler, denn er macht einen riesigen Eindruck, so wie er sich verhält. Er gibt immer Vollgas, das färbt auch auf die jungen Spieler ab, wenn sie das sehen. Er hat einen guten Start hingelegt und sogar viele Tore geschossen. Hoffentlich kann er dieses Tempo weitergehen."
Sbisa brennt für seinen neuen Beruf, was in jedem Satz den er spricht herauszuhören ist. "Ich sehe alles positiv", sagt er. "Als Spieler hatte ich 13 wunderschöne Jahre mit coolen Leuten. Jetzt habe ich wieder einen geilen Job und gleichzeitig auch Zeit für meine Familie. Das Leben ist schön!"