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Ein roter Rauschebart könnte der kommende Modetrend in der Music City Nashville werden. Es muss jedoch noch einiges an Wasser den Cumberland River hinunterlaufen, bis den eingefleischtesten Fans der Nashville Predators ein solches Prachtstück, wie es Ryan Ellis trägt, gewachsen ist. Und dann wäre da auch noch das Problem mit den Melaninen. Wer verfügt schon über das richtige Pigmentverhältnis, damit er von Natur aus dem Überflieger der Predators in den Stanley Cup Playoffs 2017 täuschend ähnlich sehen kann? Ihm auf dem Eis nachzueifern, dürfte definitiv keinem gelingen.

In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch lieferten sich die Predators und die St. Louis Blues in Spiel 4 der Western Conference Zweitrundenserie einen weiteren emotionalen Schlagabtausch, der das Herz eines jeden Eishockeyfans höher schlagen ließ - hierzu bedurfte es nicht einmal viele Tore. 2-1 endete die Partie für die Pedators, die nun in der Serie mit 3-1 Siegen vorne liegen. Einer von Nashvilles Torschützen war wieder einmal, oder genauer gesagt im dritten Spiel in Folge, der 26-jährige Verteidiger mit dem eindrucksvollen Gesichtsschmuck. Ellis konnte in den vergangenen sieben Partien jeweils punkten und ist, laut den Statistikern von Elias, der erste Blueliner, dem ein solches Kunststück in den Playoffs gelang seit Chris Pronger (STL) und Jason Woolley (BUF) im Jahre 1998.
Mit vier Toren und fünf Assists führt Ellis mittlerweile die teaminterne Scorerwertung der Predators an. Sehenswert war sein 1-0 Führungstreffer eine knappe Viertelstunde vor Spielende. Nashville stand mit einem Mann mehr auf den Eis und machte Druck auf den Kasten von Jake Allen. Ellis sah dem Szenario, das sich vor dem Tor der Blues abspielte, aus der Distanz zu und suchte genau im richtigen Moment den Freiraum auf, wo auch die Scheibe landen sollte. Kniend schoss er sie flach unten links rein und brachte die Arena zum Toben.

Es ist schier unglaublich wieviel Torgefahr Nashvilles Erstrundenpick (Nr. 11) vom NHL Draft 2009 in diesem Jahr ausstrahlt. In 23 Playoffpartien zuvor war ihm kein einziges Tor gelungen und nun hat er schon vier auf seinem Konto.
Ellis setzt aber nicht nur in der Offensive Akzente, sondern räumt auch hinten kräftig ab und bringt damit den einen oder anderen Stürmer der Blues zur Verzweiflung, wie Jaden Schwartz und Vladimir Tarasenko, die im Mitteldrittel bei nummerischer Überlegenheit Nashvilles Schlussmann Pekka Rinne in Bedrängnis brachten und die Scheibe an ihm vorbeistocherten. Kurz bevor sie die Torlinie überquerte, hechtete sich Ellis in den Torraum, entschärfte die Situation und rettete sein Team mit einem torlosen Unentschieden in die zweite Pause.
"Ich kam schon etwas überstürzt an, doch ich glaube nicht, dass er dachte, dass ich auf ihn springe", beschrieb Ellis gegenüber PredsTV die Szene aus seiner Sicht.
Es war nicht das erste Mal in den diesjährigen Playoffs, dass der 1,79m große Verteidiger seinen Körper einsetzt, um gefährliche Schüsse des Gegners abzuwehren. Von den Abwehrspielern, der acht in den Stanley Cup Playoffs verbliebenen Teams weist nur Ian Cole (3,5) von den Pittsburgh Penguins einen noch besseren Schnitt aus als Ellis, der im Durchschnitt 3,4 Schüsse pro Spiel blocken konnte - in der gestrigen Partie waren es deren vier.
"Das war das härteste Spiel in dieser Serie", sagte Nashvilles Überflieger und lobte auch den Gegner. "Ich glaube sie haben gut gespielt und wir eben auch. Die meiste Zeit stand es torlos Unentschieden und wir hatten nur ein paar Abpraller."
Nashvilles Trainer Peter Laviolette legt Wert darauf, dass alle Spieler, ob Stürmer oder Verteidiger, hinten aushelfen, aber auch in der Lage sind vorne zu punkten. Es kommt nicht von ungefähr, dass die Predators, allen voran mit Ellis (4 Tore, 5 Assists), P.K. Subban (1 Tor, 5 Assists) und dem Schweizer Roman Josi (3 Tore, 2 Assists) über die offensivstärkste Defensivabteilung aller Playoffteams verfügen.
Josi dürfte es verschmerzen können, dass ihm sein Teamkollege Ellis die Franchisebestmarken bei den geschossenen Toren eines Verteidigers in einem Playoffjahr weggeschnappt hat. Zum einen stehen noch einige Partien aus und zum anderen könnte der Berner demnächst in den nationalen Geschichtsbüchern des Sports mit einem Vermerk auftauchen, der für die Ewigkeit Bestand hätte.
Den seit mittlerweile acht Playoffpartien zuhause ungeschlagenen Predators fehlt nur noch ein Sieg, um zum ersten Mal in ihrer Franchisehistorie in ein Conference Finale einzuziehen, und Josi wäre dann der erste Feldspieler aus der Schweiz, der daran aktiv teilnehmen würde.

Die Predators haben ihren ersten von drei Matchbällen am kommenden Freitag im Scottrade Center von St. Louis (8:00 p.m. ET).
"Natürlich denkt man ans Weiterkommen. Es wäre für diese Organisation, für uns Spieler und für die Stadt im Allgemeinen das Größte. Schau dir die Fans an, wie begeisterungsfähig sie sind und wie sehr sie sich nach den Einzug in die nächste Runde sehnen, genauso wie wir. Doch wir müssen auch immer wieder sagen, dass das nächste Spiel das schwerste sein wird", sprach Rinne im Namen seiner Teamkameraden das aus, was alle denken.