VGK@MTL, Sp6: Lehkonen trifft zum sieg in der OT

Am Ende kannte der Jubel bei den Montreal Canadiens keine Grenzen mehr. Die Spieler zelebrierten den 3:2-Sieg nach Verlängerung in Spiel sechs des Stanley Cup Halbfinale gegen den Favoriten Vegas Golden Knights ausgiebig. Während die Spieler des Teams aus Nevada die Golfschläger rausholen können, geht das Märchen für die Canadiens weiter. Mit der schlechtesten Punkteausbeute aller Playoff-Mannschaften gerade noch so in die K.o.-Runde gerutscht, erwies sich der Außenseiter als wahrer Favoritenschreck. Nach den Toronto Maple Leafs und den Winnipeg Jets mussten nun die Golden Knights dran glauben.

Entsprechend gut gelaunt waren Phillip Danault und Cole Caufield bei der Pressekonferenz nach der Partie. Das Grinsen ging bei beiden von einem Ohr zum anderen. Jeder hatte ein Stück Pizza in der Hand. Und natürlich waren beide schon mit den entsprechenden T-Shirts und Kappen ausgestattet, die auf den gerade errungenen Erfolg und die nächste Station auf dieser Reise hinwiesen. "Es bedeutet einfach alles. Diese Möglichkeit bietet sich einem nicht sehr oft. Jetzt müssen wir schauen, dass wir das Beste daraus machen", meinte Caufield.
Danault hob hervor, warum die Canadiens in diesen Playoffs so erfolgreich sind: "Es ist die Leistung des gesamten Teams, schon in der gesamten Serie." Er sei sehr froh darüber, dass er als Spieler, der aus der Provinz Quebec stammt, mit den Canadiens das Finale spielen dürfe. "Das ist schon etwas Besonderes."
Passend zum Teamgedanken, der alles andere bei den Canadiens verdrängt, sorgte ausgerechnet die Sturmreihe für das entscheidende Tor, die eigentlich die Aufgabe hat, die die Wirkungskreise der besten gegnerischen Angreifer einzuschränken. Danault leitete den Angriff in der Verlängerung ein. Brendan Gallagher passte blind nach links zu Artturi Lehkonen, und der Finne ließ sich die Chance nicht entgehen und sorgte für die eingangs erwähnten Jubelszenen.
"Ja, es ist eigentlich ein Abbild unserer Serie", bestätigte Danault. "Wir haben die Lücke gesehen, und Gallagher hat wirklich einen super Pass gespielt." Gallagher reagierte auch gedankenschnell und sicherte dem Finnen den Puck, mit dem er das Tor geschossen hatte.
Die Arbeit, die das Trio leistet, kommt auch bei den Teamkollegen gut an. "Sie bekommen nicht genügend Lob für das, was sie leisten", sagte Shea Weber. Ihre Hauptaufgabe sei es, dafür zu sorgen, dass die Gegner nicht zur Entfaltung kämen. Daher freue er sich umso mehr, dass sie nun für das entscheidende Tor gesorgt haben. "Es passt für unser Team, dass diese Reihe das entscheidende Tor gemacht hat", meinte auch Co-Trainer Luke Richardson.
Teil des Erfolgs ist auch, dass Montreal wie kein anderes Team in diesen Playoffs mit Verlängerungen umgehen kann. Schon in der ersten Runde gegen die Toronto Maple Leafs egalisierten sie mit zwei entsprechenden Erfolgen die Serie. Gegen die Winnipeg Jets in Runde zwei machten sie den entscheidenden Sieg zum Weiterkommen in der Overtime klar. Und selbst gegen Vegas hatten sie Spiel drei nach zweimaligem Rückstand noch gedreht. Nur in Spiel vier der Serie gegen die Golden Knights verließ das Team nach der Verlängerung als Verlierer das Eis. Doch das hatte unterm Strich keine negativen Auswirkungen. "Es geht einfach darum, nicht nachzulassen, weiter hart zu arbeiten und die Chance zu nutzen, die sich einem bietet", umriss Carey Price die Erfolgsformel für die Overtime.
Der Schlüssel zum Erfolg ist aber, dass die Canadiens als Mannschaft funktionieren. Natürlich haben sie einen überragenden Keeper, der sie bislang getragen hat. Davor ist dann ein guter Mix aus erfahrenen Akteuren wie Eric Staal oder Corey Perry und jungen, hungrigen Burschen wie zum Beispiel Caufield oder Jesperi Kotkaniemi am Werk. Staal hat den Stanley Cup 2006 mit den Carolina Hurricanes gewonnen, Perry die Saison darauf mit den Anaheim Ducks. Diese Erfahrung geben sie perfekt an die Jungen weiter.
Während Danault und Caufield die Freude über das Erreichte anzusehen war, machten Kapitän Weber und Torwart Price, der mit 37 Saves erneut überragend hielt, schon eher einen zurückhaltenden Eindruck. Natürlich sei er stolz darauf, was die Mannschaft bislang erreicht habe, betonte Weber. "Aber es kommt noch eine weitere Serie auf uns zu. Wir haben noch Arbeit vor uns." Es sei eine aufregende Zeit und er sei glücklich darüber, dass das Team noch im Wettbewerb sei, führte der Verteidiger weiter aus, der mit dem 1:0 sein erstes Tor in diesen Playoffs geschossen hatte.
An der Bande hatte erneut Richardson das Kommando. Er vertrat Coach Dominique Ducharme, der nach einem positiven Corona-Test weiterhin in Quarantäne ist. "Es macht richtig Spaß, die Jungs beim Feiern in der Umkleide zu sehen. Wir haben hart dafür gearbeitet. Das ist eine außergewöhnliche Gruppe, eine gute Mischung. Und wir sind noch nicht fertig", betonte er. Er habe sich mit Ducharme am Bildschirm abgeklatscht, verriet der ehemalige NHL-Verteidiger.
Belohnt wurden die Canadiens mit der Clarence Campbell Trophy. Angefasst hat den Pokal aber keiner der Spieler. Da sind Eishockeycracks sehr abergläubisch. "Es gibt einen größeren Pokal, hinter dem wir her sind", sagte Caufield. Klar, er meint den Stanley Cup. Richardson freute sich, die Spieler auf dem Eis mit der Trophäe zu sehen. "Ich hoffe, ich sehe sie auch mit der nächsten."
Unmöglich ist das nicht. Die Canadiens haben sich bisher als Einheit mit einem herausragenden Torwart und sehr guten Nerven präsentiert. Es ist nicht davon auszugehen, dass ihnen das im Finale nicht mehr gelingen wird, egal, wie der Gegner heißt.
"Wir haben uns weiterentwickelt", befand Richardson. In der Serie gegen Toronto habe das Team ein unglaubliches Selbstvertrauen aufgebaut. "Die Jungs glauben an sich." Es sei schwierig, dahin zu kommen, wo die Canadiens jetzt seien. "Wir wollen die Chance nutzen."
Ein kleiner Vorteil: Montreal kann sich in aller Ruhe Spiel sieben zwischen den New York Islanders und den Tampa Bay Lightning am Freitag anschauen. "Hoffentlich gehen sie in die dritte Verlängerung und sind dann müde", meinte Richardson mit einem zaghaften Lächeln. Am Ende komme es aber darauf an, dass sein Team weiter diszipliniert spiele und harte Checks austeile. "Wir wollen uns auf uns konzentrieren und noch besser werden." Die Kampfansage wird beim Gegner ankommen.