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In der Rubrik "Person of Interest" widmet NHL.com/de jeden Dienstag einem Spieler oder einer anderen Persönlichkeit aus der NHL-Familie eine Story abseits des aktuellen Tagesgeschehens.
In dieser Ausgabe: Michael Raffl (Philadelphia Flyers)

Als ein besonders ausgeprägter Charakterzug der Kärntner gilt gemeinhin ihre Gelassenheit. Womöglich trägt genau dieses Wesensmerkmal dazu bei, dass der Villacher Michael Raffl mit Höhen und Tiefen so unaufgeregt umgeht, zumindest nach außen hin. Beides hat der 30 Jahre alte Stürmer in den vergangenen fünf Jahren bei den Philadelphia Flyers mehrfach durchlebt. Sinnbildlich für das Auf und Ab in seiner NHL-Laufbahn steht der Verlauf der Saison 2018/19. Nach einem guten Start zog sich Raffl eine Fußverletzung zu und fiel wochenlang aus. Inzwischen hat er sein Comeback gefeiert und gibt alles, um mit seiner Mannschaft auf die Tabellenplätze vorzustoßen, die zur Teilnahme an den Stanley Cup Playoffs berechtigen.
Gleich im Auftaktmatch am 4. Oktober bei den Vegas Golden Knights hatte Raffl seine Qualitäten als Vorbereiter unter Beweis gestellt. Beim 5:2-Auswärtssieg steuerte er einen Assist zum Treffer durch Scott Laughton bei. Hinter dem gegnerischen Gehäuse stehend passte er auf dem am rechten Bullykreis postierten Radko Gudas, dessen Schlagschuss Laughton ins Tor abfälschte. Sechs Tage danach wiederholte der österreichische Nationalspieler das Prozedere mit einem anderen Abnehmer. Beim Duell gegen die Ottawa Senators bediente er Robert Hagg mit einem Zuspiel von der Grundlinie, der ohne Mühe aus kurzer Distanz vollendete. 7:4 setzten sich die Flyers am Ende bei den Kanadiern durch.

PHI@VGK: Laughton fälscht Schuss an Fleury vorbei ab

Gerade als Raffl und sein Team nach einigen wechselhaften Auftritten wieder Oberwasser bekommen hatten, passierte es: Im Mitteldrittel der Partie gegen die Colorado Avalanche am 22. Oktober krachte er nach einem Rempler in die Bande und schied mit einer Verletzung am Fuß aus. Die Hiobsbotschaft folgte nach eingehenden Untersuchungen durch die medizinische Abteilung. Mindestens sechs Wochen Pause stellten sie dem Patienten in Aussicht.
Doch der Außenstürmer kehrte schon nach knapp fünf Wochen aufs Eis zurück und legte sich bei seinem ersten Einsatz nach der Zwangspause gleich mächtig ins Zeug. Bei der 3:4-Niederlage am 27. November vor eigenem Publikum gegen die Senators blieb er zwar ohne Scorerpunkte, stand jedoch bei zwei Treffern der Flyers auf dem Spielfeld.
"Die Reha ist gut gelaufen. Deswegen konnte ich früher als geplant wieder dabei sein", sagte Raffl im Gespräch mit NHL.com/de. Geholfen hätten ihm dabei die Erfahrungen aus der Vergangenheit. "Es war ja nicht das erste Mal in meiner Karriere, dass ich mich verletzt hatte. Von daher wusste ich, was in so einer Situation zu tun ist", betonte er. Mit seiner Leistung gegen Ottawa zeigte er sich zufrieden. "Es ist besser gelaufen, als ich erwartet hatte", lautete sein Fazit.
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Raffls Rückkehr fiel in eine schwierige Phase. Im Klub herrschte große Unruhe, weil die erhofften Erfolge ausgeblieben waren. Vor allem zu Hause im Wells Fargo Center tat sich das Team schwer. Acht von 13 Heimspielen nach dem Saisonstart gingen verloren. Statt auf einem der erhofften vorderen Plätze fanden sich die Flyers Ende November im Tabellenkeller der Metropolitan Division wieder. Das Präsidium reagierte auf die Misere mit einem ungewöhnlichen Schritt und trennte sich von General Manager Ron Hextall. Der ebenfalls in die Kritik geratene Trainer Dave Hakstol durfte dagegen weitermachen.
Für Raffl kam die Nachricht von Hextalls Entlassung überraschend. "Ich habe noch nie miterlebt, dass ein General Manager gefeuert wurde. Als Spieler versucht man solche Dinge zwar weitestgehend auszublenden, aber natürlich geht das nicht spurlos an uns vorbei", sagte er zur Amtsenthebung.
Trotz des mäßigen Verlaufs der ersten beiden Monate glaubt Raffl fest daran, dass die Mannschaft rechtzeitig die Kurve bekommen und bei der Vergabe der Playoff-Plätze ein ernstes Wörtchen mitreden wird. "Seit ich bei den Flyers bin, waren wir schon öfter in dieser Lage. Wichtig ist, dass wir schnell unser Selbstvertrauen zurückbekommen. Dafür braucht es oft nur ein gutes Spiel. Ich kann mich erinnern, dass wir voriges Jahr nach einem ähnlichen Durchhänger sogar zehn Spiele in Folge gewonnen haben. Es besteht daher überhaupt kein Grund zur Panik.", hob Raffl hervor.

Er selbst will sein Scherflein dazu beitragen, dass es bei den Flyers in den nächsten Wochen aufwärts geht und sie im Frühjahr zum zweiten Mal in Folge in die Playoffs einziehen. "Ich tue, was benötigt wird und was ich kann", bekräftigte er. Ein persönliches Ziel, etwa im Hinblick auf seine Scorerbilanz, verfolgt er nach eigener Aussage nicht. "Was zählt, sind die Siege der Mannschaft. Wenn man zusammen gewinnt, macht Eishockey am meisten Spaß. Auf alles andere schaue ich wirklich nicht."
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Raffl steht seit der Saison 2013/14 in Diensten der Flyers. Er wechselte als ungedrafteter Spieler vom schwedischen Zweitligameister Leksands IF nach Philadelphia. In der NHL bestritt er 356 Hauptrundenspiele und erzielte 116 Scorerpunkte (64 Tore, 52 Assists). In den Playoffs kamen 19 Einsätze hinzu. Dabei schoss er ein Tor und bereitete zwei Treffer vor. Vor seinem zweijährigen Gastspiel in Schweden absolvierte er sechs Spielzeiten in der ersten österreichischen Liga für den EC Villacher SV. Dort sammelte er 146 Punkte (75 Tore, 71 Vorlagen) aus 260 Begegnungen.