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Marco Sturm ist einer der erfolgreichsten deutschen Spieler in der NHL und hat mehr Spiele absolviert und Punkte geholt als je ein Deutscher vor ihm. Von 1997 bis 2012 war er in der NHL für sechs Mannschaften aktiv und hat 938 Spiele in der regulären Saison und 68 Playoff Spiele gespielt. Der heutige deutsche Bundestrainer wird in einer regelmäßigen Kolumne exklusiv für NHL.com/de seine Ansichten zu Teams, Spielern und brennenden Fragen teilen.

Hier die neueste Ausgabe:
Während die Vorbereitung auf die Eishockey-Weltmeisterschaft für mich und mein Team und die anderen Mannschaften auf Hochtouren läuft, geht die NHL in die zweite Runde der Stanley Cup Playoffs.
In der KO-Runde wird ein ganz anderes Eishockey gespielt, als es noch in der regulären Saison der Fall war. In der Regel geben sich die Runden von der Intensität nicht so viel, denn bereits von Beginn an, wissen die Spieler, um was es geht. Jeder kleiner Fehler kann dazu führen, dass nicht nur Spiele, sondern ganze Serien verloren gehen.
Von den Fans ist es ebenfalls deutlich zu spüren, dass es das ultimative Ziel erreichbar scheint. Denn obwohl die Zuschauer in Amerika eher ruhiger sind, nimmt die Stimmung in den Hallen deutlich zu und ist überragend. Das macht dann vor allem auch den Spielern einen Riesenspaß.
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Der Gedanke, dass der Gewinn des Stanley Cups sehr nahe ist, ist allerdings bereits von Beginn der Playoffs da. Die berühmten 16 Siege (16 Wins) sind dazu nötig. Doch je weniger Siege Runde für Runde bis zum Ende nötig sind, desto interessanter wird es zweifelsohne. Das erträumte Ziel ist so nahe und die Akteure tun fast alles, um es letztendlich zu erreichen.
Die Spieler merken natürlich den Druck, der durch diesen Wunsch innerlich ausgelöst wird. Es ist für mich, der zentrale Punkt, dass es sich dabei um einen wichtigen Lernprozess handelt. Jemand Erfahrenes kann viel besser damit umgehen. Ich habe das selbst oft genug in Mannschaften erlebt, diesen Lernprozess zu durchschreiten. Bei jedem Sieg, bei jeder Niederlage und bei jeder Serie lernt man dazu. Dabei geht es nicht nur um den mentalen Prozess, sondern auch das höhere Niveau und die Intensität in den Playoffs zu verarbeiten.
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Natürlich gibt es auch in diesem Bereich Ausnahmespieler, die so etwas schneller verarbeiten oder die richtigen Lehren aus gewissen Dingen ziehen oder andere, die es nur schwer oder nie lernen, aber es zeigt meiner Meinung nach, die Vielseitigkeit der Belastung, die in einem Sport wie Eishockey zu dieser Zeit vorherrscht.
Daran liegt es weitgehend auch, ob Mannschaften in den Playoffs Erfolg haben oder nicht. Wer diesen Lernprozess als Spieler oder Team effektiv und bewusst durchschritten hat, der hat häufig in den entscheidenden Momenten die Nase vorne, wenn Kleinigkeiten den Ausschlag geben.
Immer wieder eine interessante Frage ist diejenige, ob es besser ist, wie für die Boston Bruins, wenn man erst nach sieben Spielen weiterkam und im Rhythmus bleibt oder wie für die Vegas Golden Knights und die San Jose Sharks, die einen Sweep machten und rund eine Woche Erholungspause haben?

Ich habe mir ehrlich schon oft gesagt, "ach jetzt hat die Mannschaft schon zwei oder drei Mal Spiel 7 gehabt, die sind jetzt am Ende und kommen nicht weiter" und gerade sie gewinnen am Ende den Stanley Cup. Ich war also meist der Meinung, wer mehr Pausen bekommt, der hat mehr Chancen auf den Titel, aber so ist es nicht und das habe ich mittlerweile über die Jahre revidiert.
In den Playoffs ist einfach alles möglich und wer weiterkommt, egal wie, beginnt in seiner neuen Serie bei Null und hat von daher alle Chancen.